Von Peter Maahn/SP-X
Der große Siebener von BMW ist seit einem Jahr auf der Straße, die S-Klasse von Mercedes bekommt im Sommer ein gründliches Update. Höchste Zeit also für einen komplett neuen großen Audi. Die serienreifen Prototypen spulen gut getarnt die letzten Testkilometer überall auf der Welt ab und in der Fabrik in Neckarsulm simulieren 500 Roboter und genauso viele Menschen den Ernstfall. Genau dort erlaubte Audi jetzt erstmals eine Begegnung mit dem A8.
Aufgebockt im Kreise ihrer Ahnen steht es da, das Gerippe des Luxusliners. Die Rohkarosse des A8 ohne Außenhaut verrät noch nichts sein künftiges Kleid und ist dennoch der ganze Stolz der Techniker. Audi treibt den Leichtbau auf die Spitze, verwendet erstmals gleich vier Materialien. Natürlich Aluminium wie beim allerersten A8, der 1994 als erstes Auto den sogenannten "Space Frame" verwenden durfte, der gut halb so viel Gewicht auf die Waage brachte wie normale Stahl- und Blechkonstruktionen. Und trotzdem stabiler und steifer war.
Aufgereiht stehen sie heute um den Neuling herum: Der erste A8, der inzwischen legendäre A2, der TT und natürlich der Supersportwagen R8. Alle mit Leichtbau a la Audi. Und jetzt also der nächste Schritt. Der Anteil des Aluminiums geht auf 58 Prozent zurück. Hinzu kommt hochfester Stahl an den Stellen, wo es bei einem Unfall weh tut. Zum Beispiel an den Seitenschwellern oder der so wichtigen Mittelsäule. Die Rückwand inklusive hintere Ablage besteht aus Kohlefaser und ist zu gut einem Drittel für noch mehr Stabilität der ganzen Karosse zuständig. Neu ist die Verwendung eines massiven, aber extrem leichten Trägers aus Magnesium im Motorraum vor der Windschutzscheibe. Er soll das Verwinden des Fünf-Meter-Schiffs auf ein Minimum reduzieren.
Ausgeklügelte Feinarbeit
Spätere Insassen des neuen A8 werden all dies nicht sehen, sich aber über das Resultat der ausgeklügelten Feinarbeit freuen. Die sogenannte Torsionssteifigkeit, entscheidend für präzises Handling und leises, komfortables Fahren, wurde um 24 Prozent verbessert. Dabei war schon der jetzt in Rente gehende A8 ein Musterbeispiel an Komfort und Fahreigenschaften. "Die Herausforderung besteht darin, die verschiedenen Materialien miteinander zu verbinden und dabei auf die jeweiligen Eigenschaften der unterschiedlichen Werkstoffe Rücksicht zu nehmen", erläutern Ingenieur Tim Hämmerle. Dafür entwickelten die Techniker neue Schweißverfahren, programmierten die Roboter auf einen millimetergenauen Einsatz, nutzen Laser und andere Hightech-Verfahren.
Bei alledem wurde die Struktur des Audi trotzdem um 51 Kilogramm schwerer als beim Vorgänger, bringt jetzt 282 anstatt bisher 231 Kilogramm auf die Waage. "Das liegt an den gestiegenen Ansprüchen an die Crashsicherheit und an dem künftigen Einsatz des A8 als Hybrid. Obwohl Audi noch nichts verraten will, steht schon fest, dass es das Flaggschiff auch mit einem Plug-In-Hybrid (an der Steckdose aufladbare starke Batterie für rund 50 Kilometer rein elektrisches Fahren) geben wird. Die Öffnung für den Stecker hinten links war an der Rohkarosse schon zu sehen. Außerdem wird der A8 ein elektrisches Bordnetz mit 48 Volt haben. Denn der Neuling soll fit sein für das teilautonome Fahren, bei dem ähnlich wie bei den Rivalen 7er-BMW und Mercedes S-Klasse der Fahrer von vielen Aufgaben entlastet werden soll, aber immer noch am Lenkrad sitzen wird.
Die Spannung steigt
Die höhere Stromspannung wird wegen des Einsatzes der zahlreichen Assistenzsysteme nötig. Weit nach vorne schauendes Radar, 12 Ultraschallsensoren, Laserscanner und hochauflösende Kameras brauchen Energie. Hungrig nach Strom sind auch LED-Matrixscheinwerfer, ein noch hochwertiges Audio-System und die ständige Online-Präsenz.
Was verrät der "nackte" A8 noch über das künftige Topmodell? Der Fußraum im Fond, heute schon üppig, wächst um fast drei Zentimeter, die Kopffreiheit um 1,4 Zentimeter. Durch ein neues Verfahren kann das Einpassen der Türen und deren Scharniere so verbessert werden, dass der Fahrer eine bessere Sicht schräg nach vorne und zur Seite hat. Und da ist noch der seitliche Falz zu erspähen, der laut Audi-Ingenieuren schärfer ausgeformt ist als bei allen Rivalen und wohl die optische Anmutung der Flanke des Ingolstädter Riesen beherrschen wird.