Bei Kontrollen der Dieselfahrverbote in vier deutschen Städten sind bislang mehr als 16.000 Verstöße festgestellt worden. Die meisten Autofahrer wurden in Darmstadt ertappt, dort waren es gut 13.000, gefolgt von Stuttgart mit knapp 3.000, wie Anfragen der Deutschen Presse-Agentur bei den zuständigen Behörden ergaben. Stuttgart ist die einzige Stadt in Deutschland, in der für ältere Diesel ein Fahrverbot im gesamten Stadtgebiet gilt. In Darmstadt, Hamburg und Berlin ist die Durchfahrt einzelner Straßen nicht gestattet.
Die Summe der verhängten Bußgelder beläuft sich inklusive Gebühren auf etwa 1,6 Millionen Euro, wobei noch nicht feststeht, wie viele der Bußgeldbescheide am Ende rechtskräftig sein werden. Ziel der Fahrverbote ist es, die Stickoxid-Belastung zu verringern. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) setzt sich mit Klagen vor Gerichten dafür ein, dass die Kommunen mehr für eine bessere Luftqualität tun.
In Stuttgart ist die Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) im vergangenen Jahr deutlich gesunken, überschreitet allerdings immer noch den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Darmstadt ergab eine vorläufige Auswertung, dass an einer von zwei Messstellen, die an einer der beiden mit Fahrverbot belegten Hauptstraßen steht, der Jahresmittelwert von 50 auf 38 Mikrogramm gesunken ist.
Am bundesweit für seine schlechte Luft bekannten Neckartor in Stuttgart ging die NO2-Belastung nach vorläufigen Daten 2019 um 25 Prozent auf 53 Mikrogramm zurück. Neben den Fahrverboten gab es dort aber auch noch eine ganze Reihe anderer Maßnahmen, um die Luft sauberer zu bekommen: Es wurden Filtersäulen aufgestellt, die Straße bekam einen speziellen Belag, zudem wurde eine Busspur eingerichtet. Seit Jahresbeginn dürfen am Neckartor wie auf drei weiteren Hauptein- und -ausfallstrecken auch keine Euro-5-Diesel mehr fahren. In der Bußgeldstatistik sind diese Verbote noch nicht erfasst. Höher lag der NO2-Wert in der Pragstraße, dort waren es 58 Mikrogramm.
Kaum spezielle Diesel-Kontrollen
Dieselfahrer in Stuttgart und Darmstadt müssen in der Regel nur damit rechnen, erwischt zu werden, wenn sie andere Verkehrsregeln missachtet haben. Denn dann wird dort zusätzlich überprüft, ob das jeweilige Auto überhaupt auf dieser Straße fahren durfte. Dass in der kleinsten der vier Städte die meisten Verfehlungen aufgedeckt wurden, könnte an der großen Zahl von Pendlern auf den betroffenen Straßen liegen.
In Darmstadt wurden seit Bestehen des Fahrverbotes für alte Diesel und Benziner Anfang Juni 2019 bis zum 15. Dezember 13.137 Verstöße von Auto- und Lastwagenfahrern gegen die Regelung gezählt. Das Fahrverbot gilt auf zwei Hauptverkehrsadern für Dieselfahrzeuge bis Euronorm 5 und für Benziner bis Euronorm 2. In beiden Zonen gilt zudem Tempo 30 als Limit.
Die Kontrolle des Fahrverbots findet nach Angaben der Stadt fast ausschließlich über die aufgestellten Blitzer oder Rotlichtsünder statt. Werde ein Verstoß festgestellt, gebe es gleichzeitig eine Kontrolle der Schadstoffklasse, hieß es.
Das Stuttgarter Ordnungsamt registrierte im vergangenen Jahr 2.943 Verstöße gegen das Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge. Davon seien etwa 2.860 Bescheide inzwischen auch rechtskräftig, teilte die Stadt mit. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von April bis Ende Dezember 2019. Zum 1. April war das Verbot für Diesel der Abgasnorm Euro 4 und schlechter auch für Einheimische in Kraft getreten. Bis dahin galt es nur für auswärtige Fahrzeuge.
Spezielle Diesel-Kontrollen gibt es in Stuttgart nicht. Wird aber jemand zum Beispiel geblitzt oder beim Falschparken erwischt, wird zusätzlich überprüft, ob ein Verstoß gegen das Fahrverbot vorliegt. Die Polizei verfährt ähnlich.
Bei insgesamt rund 450.000 vom Stuttgarter Ordnungsamt geprüften Fällen im genannten Zeitraum fielen gut 6.700 Fahrzeuge auf, die nicht in die Umweltzone hätten fahren dürfen. Bei mehr als der Hälfte konnten in der folgenden Anhörung aber eine Ausnahmegenehmigung oder sonstige triftige Gründe nachgewiesen werden.
"Bürokratischer Auswuchs nicht zu rechtzufertigen"
Für den Verkehrsexperten der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, zeigen die Zahlen, "dass Fahrverbote ein Irrweg sind. Ein enormer Wertverlust bei Diesel-Pkw sowie unverhältnismäßiger Zeit- und Kostenaufwand stehen circa 15.000 erfassten Verstößen bundesweit gegenüber", kritisierte er. "Dieser bürokratische Auswuchs ist nicht zu rechtfertigen." Statt Stichproben-Kontrollen wie in Stuttgart seien "endlich bundesweit einheitliche Messvorschriften" nötig.
In Stuttgart kostet ein Verstoß 80 Euro plus Gebühren, insgesamt 108,50 Euro. Dasselbe Bußgeld wird in Darmstadt fällig. In Berlin beträgt das Verwarn- oder Bußgeld 20 Euro für Pkw, 25 Euro für Busse und 75 Euro für Lkw. In Hamburg sind 25 Euro für Pkw und 75 Euro für Lkw zu zahlen.
In Hamburg gilt das Durchfahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge auf zwei Hamburger Straßenabschnitten. Vom 1. August bis zum 31. Dezember 2018 wurden 151 Verstöße festgestellt und Bußgelder in Höhe von 3.140 Euro eingenommen, wie die Innenbehörde mitteilte. Im Gesamtjahr 2019 habe die Polizei 246 Verstöße ermittelt und Bußgelder in Höhe von knapp 7.300 Euro eingenommen.
In Berlin gelten Dieselfahrverbote auf mehreren Straßen in den Bezirken Mitte und Neukölln seit Ende November. Seitdem hat die Polizei bis zum 20. Januar 51 Verstöße festgestellt und geahndet. Die Verbote in der Bundeshauptstadt betreffen ältere Diesel-Autos und -Lastwagen bis einschließlich Abgasnorm Euro 5. Die fraglichen Straßenabschnitte umfassen insgesamt 2,9 Kilometer und damit nur einen kleinen Teil des 5.450 Kilometer langen Netzes.