Volkswagen muss sich auf einen Rückruf des gerade gestarteten Golf 8 einstellen und hat einen Auslieferungsstopp für das neue Modell verhängt. Grund sind Probleme mit dem elektronischen Notrufassistenten eCall. Nach Angaben aus Konzernkreisen vom Freitag müssen womöglich mindestens 30.000 Exemplare des wichtigsten VW-Produkts in die Werkstatt, Ursache für die ausgefallene Funktion sind Schwierigkeiten mit der Software. Die Golf-Produktion gehe vorerst weiter - aber alle Neuwagen würden erst einmal auf Lager genommen.
VW bestätigte den Lieferstopp am Nachmittag. Man habe "im Rahmen von internen Untersuchungen festgestellt, dass es bei einzelnen Fahrzeugen des Modells Golf 8 zu einer nicht verlässlichen Datenübertragung am Steuergerät kommen kann". Daher lasse sich die Funktion des Notrufassistenten nicht voll gewährleisten. Eine Entscheidung des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) zu einem Rückruf und einer Abhilfemaßnahme per Softwareupdate stehe in den nächsten Tagen an.
Der Golf gilt weiter als das wichtigste Produkt des größten deutschen Industriekonzerns. Daher hatte Betriebsratschef Bernd Osterloh erst vor wenigen Tagen seinen Ärger über nicht abreißende Probleme beim neuen Golf 8 ausgedrückt. Als Hauptgrund nannte die Mitarbeitervertretung dabei Software- und Elektronik-Störungen. Für Osterloh war der Start der 8er Auflage schon damit missraten. Die Zahlen seien ein Trauerspiel. Von den geplanten rund 100.000 Stück seien im Jahr 2019 in Wolfsburg nur rund 8.400 produziert worden.
Nun also noch ein Problem, bei dem es sich nach Angaben eines Konzernsprechers um einen Compliance-Fall handelt. Demnach müssen neue Modelle laut EU-Verordnung seit dem 31. März 2018 über eine entsprechende Notrufeinrichtung verfügen. Entsprechend habe VW am Donnerstag unverzüglich den Stopp erlassen. Nach Osterlohs Einschätzung könnten die Probleme beim Golf neue Risiken für Jobs heraufbeschwören. "Wer so mit dem Golf spielt, spielt auch mit den Arbeitsplätzen der Beschäftigten", hatte er gesagt.
Auch ID.3 macht Probleme
Erschwerend kommt hinzu, dass VW mit dem Golf 8 und dem Ausbau der Elektromobilität zwei riesige Projekte zur selben Zeit stemmen will. Aber auch beim zentralen Projekt des laufenden Jahres, dem Marktstart des E-Autos ID.3, gibt es Verzögerungen. Der Wagen soll - zusammen mit dem neuen Elektro-SUV ID.4 - noch 2020 starten. Beide begründen die elektrische ID-Familie, in die Milliarden-Investitionen fließen.
Offiziell erklärte Volkswagen mehrmals, man sei beim ID.3 im Plan und werde im Sommer so weit sein. Beobachter berichteten allerdings auch von vielen eigentlich fertigen Autos, die zwischengelagert und erst später mit dem kompletten Software-Umfang bespielt werden sollen. VW erklärte dazu, die zuerst installierte Version der Software solle beim ID.3 nachträglich in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden. (dpa)