Von Christian Ebner und Isabell Scheuplein, dpa
Autofans werden am Samstag kommender Woche ihre Probleme haben, die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am ersten Publikumstag überhaupt zu erreichen. Rund 20.000 Teilnehmer erwarten die Organisatoren der Klima-Demonstration "#aussteigen", was Verbrennertechnologie und das Auto gleichermaßen meint. Aus ganz Hessen, Rheinland-Pfalz und dem fränkischen Aschaffenburg starten am 14. September Fahrrad-Konvois zum Messegelände, wo sie sich mit Frankfurter Fußgängern treffen wollen.
Die Biker wollen über Autobahnen, Bundesstraßen und innerstädische Hauptverkehrsadern rollen und so allein durch ihre Tour für kräftige Verkehrsbehinderungen sorgen. Aufgerufen zum friedlichen Protest gegen die Autoschau haben unter anderem Greenpeace, der Verkehrsclub VCD und der Fahrradverband ADFC. Andere Gruppen geben sich vor Messebeginn weit radikaler. Polizei und Veranstalter stellen sich auch auf handfeste Randale ein.
Randalierer beschädigen 40 Fahrzeuge
Einen möglichen Vorgeschmack gab es Ende Juli auf dem Gelände eines Autohauses im Frankfurter Nobel-Vorort Kronberg. Etwa zehn maskierte Täter schlugen nachts auf abgestellte Jaguars, Land Rover oder Aston Martin ein, beschädigten rund 40 Fahrzeuge und richteten laut Polizei einen mindestens sechsstelligen Schaden an. In einem Internet-Bekennerschreiben verwies die Gruppe "Steine ins Getriebe" auf die IAA. Es sei Zeit, sichtbare Fakten zu schaffen: "Einfach mal anzufangen diese Dreckschleudern zu entsorgen."
Militanz sei notwendig und legitim, hieß es weiter. "Protzschlitten" und "Dreckschleudern" seien ein Grund für die Klimakrise und soziale Ungleichheit. Es sei höchste Zeit, "der kapitalistischen Profitlogik als Ganzes Steine ins Getriebe zu werfen!". Auf die Autoren hat die zuständige Polizei in Wiesbaden noch keine Hinweise, nimmt den Text aber "ernst", wie ein Sprecher sagt. Die Behörden halten sich bislang bedeckt, ob sie mit größeren Angriffen linksautonomer Gruppen rechnen, die schließlich auch dezentral agieren könnten. Die Polizei werde entsprechend stark vor Ort sein, sagte ein Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte würden reagieren, wenn Aktivisten "sich oder andere in Gefahr bringen".
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) als Veranstalter hat nach den ersten Protestaufrufen versucht, die Kritiker in Diskussionen über Umwelt, Nachhaltigkeit und Mobilität der Zukunft einzubinden. Öffentliche Diskussionsrunden wurden in Berlin und Frankfurt angesetzt, während der Messe spricht Daimler-Chef Ola Källenius mit dem Grünen-Chef Robert Habeck. "Die Organisatoren haben angekündigt, dass ihre Proteste friedlich erfolgen werden", hofft VDA-Sprecher Eckehart Rotter.
Das Gespräch verweigert hat ein Bündnis namens "Sand im Getriebe", das am Sonntag die IAA ausbremsen will. Mehrere hundert Menschen wollen am zweiten Publikumstag (15. September) den Zugang zu der Messe blockieren. Die Gruppe, zu der Globalisierungskritiker, Klimaaktivisten und Parteienorganisationen wie die Grüne Jugend gehören, fordert "einen schnellen Wandel hin zu klima- und menschenfreundlichem Verkehr". Angekündigt sind "kreative Aktionen" zivilen Ungehorsams, die aber friedlich bleiben sollen.
Blockaden an den Eingängen angekündigt
"Wir setzen uns vor die Eingänge und blockieren die Klima- und Umweltzerstörer da, wo sie uns als Statussymbole präsentiert werden sollen", heißt es im Aufruf. Zerstörungen oder Beschädigungen solle es nicht geben. Das Bündnis wird als professionell eingeschätzt, einzelne Gruppen mit effektiven Blockaden im Hambacher Forst oder in der Londoner City in Verbindung gebracht.
Besucher der IAA müssen voraussichtlich auch nach dem Stau Geduld haben: "An den IAA-Eingängen wird es wie in der Vergangenheit Taschen- und Personenkontrollen geben. Wir bitten die Besucher daher, rechtzeitig und nur mit leichtem Gepäck anzureisen", sagt VDA-Mann Rotter. Details zum Personaleinsatz oder gar zu dem für den ersten Fachbesuchertag (12. September) geplanten Besuch der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will er nicht nennen. Nur so viel: "Auf dem IAA-Gelände werden Polizisten und Ordner in Uniformen, aber auch zivile Sicherheitskräfte präsent sein."