Die Ansiedlung des US-Elektroautobauers Tesla in Grünheide (Oder-Spree) ist nach Angaben der Brandenburger Staatskanzlei einen weiteren Schritt näher gerückt. Der Vorstand des Unternehmens hat am Samstag dem Kaufvertrag mit dem Land Brandenburg zum Erwerb des rund 300 Hektar großen Grundstücks zugestimmt, wie Regierungssprecher Florian Engels mitteilte. Auf dem Gelände will Tesla seine Fabrik bauen. Der Finanzausschuss des Brandenburger Landtags hatte den Kaufvertrag bereits gebilligt.
In Grünheide bei Berlin sollen von Sommer 2021 an jährlich zunächst 150.000 Elektroautos der Typen Model 3 und Y gebaut werden, nach einem Ausbau bis zu 500.000 Fahrzeuge im Jahr. Der Kaufpreis für das Waldgelände bei Grünheide (Kreis Oder-Spree) war vom Landesbetrieb Forst auf knapp 41 Millionen Euro taxiert worden, ein weiteres unabhängiges Gutachten steht aber noch aus. Der endgültige Kaufpreis soll dem Ergebnis dieses zweiten Gutachtens angepasst werden, sofern es zu einem abweichenden Grundstückswert kommt.
Das als Industriefläche ausgewiesene Areal wird derzeit auf Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht. Nach Angaben der Staatskanzlei befinden sich dort höchstwahrscheinlich US-Blindgänger. Deshalb untersagte die Gemeinde Grünheide, das Gelände zu betreten.
Demonstration gegen Großfabrik
Die Ansiedlung Teslas in Grünheide wird von Bürgern kontrovers diskutiert. Am Samstag demonstrierten nach Polizeiangaben rund 200 Menschen in der Gemeinde gegen die Ansiedlung des US-Unternehmens - mehr Teilnehmer als erwartet. Laut Polizei war eine Demonstration gegen die geplante Fabrik mit bis zu 100 Teilnehmern angemeldet worden. "Keine Großfabrik im Wald" und "Geheim verhandelt - Umwelt verschandelt" stand auf Plakaten. Die Bürger protestierten damit unter anderem gegen die Rodung des Waldes für das große Gelände, auf dem die Fabrik gebaut werden soll. Auch am Sonntag demonstrierten nach einem Bericht der 'Märkischen Oderzeitung' etwa 80 Menschen mit einem Waldspaziergang gegen die Ansiedlung des Autobauers.
An einer weiteren Demo für die Tesla-Ansiedlung nahmen am Samstag in der Gemeinde etwa 30 Menschen teil, wie die Polizei auf Nachfrage mitteilte. Nach Angaben der Veranstalter waren es jedoch rund 50 Teilnehmer, darunter zahlreiche Familien mit Kindern. Auf Transparenten stand "Elon, ich möchte ein Auto von Dir" oder "Gestalten statt verhindern." Einige Bewohner aus der Region waren mit ihren Tesla-Fahrzeugen gekommen.
Unter den Befürwortern einer Tesla-Ansiedlung war auch Anke Kranhold, deren Familie seit vier Generationen in Grünheide lebt. «Ich selber habe Söhne und zwei Schwiegertöchter, die Ingenieure sind, vielleicht haben die ja künftig die Chance, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, statt nach Berlin zu pendeln», sagte die 46-Jährige am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.
"Holterdiepolter"
"Warum muss das alles so holterdiepolter gehen", sagte ein Tesla-Gegner einem dpa-Reporter in Grünheide. Das gehe alles viel zu schnell. Ein anderer Demonstrant ergänzte: "Da kommt ein Milliardär aus den USA und wedelt mit den Geldscheinen und auf einmal ist in Brandenburg alles möglich". Die Gegner des Baus der Tesla-Fabrik befürchten unter anderem auch, dass die Trinkwasserversorgung gefährdet sein könnte. Das Gelände der geplanten Fabrik liegt in einer Trinkwasserschutzzone.
Als ein Zug von Tesla-Gegnern an den Befürwortern vorbeilief, kam es kurzzeitig zu verbalen Auseinandersetzungen. Beide Seiten beschimpften sich gegenseitig. Die Polizei war mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort. Die Lage beruhigte sich anschließend wieder.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) äußerte in der 'Märkischen Oderzeitung' (Samstag) Unverständnis für die Tesla-Skeptiker. Die Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen, sei nicht überall gegeben, sagte er dem Blatt. "Wir haben eine große Beharrungsmentalität". Die Leute wollten, dass ihre Kinder nicht mehr für gute Jobs wegziehen müssen. Es solle zu Hause gute Jobs geben - aber nicht in Form einer Fabrik, nicht vor der eigenen Haustür, so Steinbach. Die Reaktionen der Bevölkerung in Grünheide habe er bislang ganz überwiegend als sehr konstruktiv empfunden, so der Minister. (dpa)