Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat eine wesentliche Vorschrift zur Beschränkung des Einzelhandels am Mittwoch vorläufig außer Vollzug gesetzt. Dabei geht es um die Pflicht zur vorherigen Terminbuchung und die Beschränkung auf einen Kunden pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche, die bis zu dem Urteil in zahlreichen Geschäften – darunter auch Autohäusern – galt. Die Regel sei eine Ungleichbehandlung gegenüber "privilegierten Geschäftslokalen" wie Buchhandlungen und Blumenläden, in denen laut saarländischer Corona-Verordnung eine Person pro 15 Quadratmeter als "infektionsschutzrechtlich unbedenklich" angesehen werde, teilte das OVG mit. (Az. 2 B 58/21). Für den Einzelhandel im Saarland – und damit auch die Autohäuser – bedeutet das: Die Betriebe dürfen ihre Verkaufsflächen unter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften auch ohne vorherige Terminvereinbarung für Kunden öffnen.
Die Regelung in der saarländischen Corona-Schutzverordnung verletze auch das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit und die Eigentumsgarantie, so der OVG. Zudem bestünden "erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Betriebseinschränkungen" - angesichts der derzeitigen Infektionslage. Denn dem Gesundheitssystem drohe derzeit keine Überlastung, hieß es.
Die saarländische Regierung hat angekündigt, das Urteil zu akzeptieren und keine neuen Regeln zu erlassen. Das liege auch an der Situation in Rheinland-Pfalz, wo der Einzelhandel geöffnet ist. "In der Entwicklung der Inzidenz sind wir derzeit knapp hinter Rheinland-Pfalz, die Öffnung des Einzelhandels wäre bei weiterhin guter Entwicklung der nächste Schritt gewesen. Wir werden daher keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OVG einlegen und stattdessen mit einer breit angelegten Bürgertestung dafür sorgen, dass insbesondere die Beschäftigten im Einzelhandel besser geschützt sind", teilte Ministerpräsident Tobias Hans in einem Statement mit.
Die Betreiberin eines Computerladens hatte gegen Privilegien für Blumenläden und Buchhandlungen geklagt
In einem Eilverfahren hatte die Betreiberin eines Computerladens gegen die entsprechenden Vorschriften in der Corona-Verordnung des Saarlandes geklagt. Sie durfte nur im sogenannten Termin-Shopping einen Kunden und eine weitere Person aus dessen Hausstand pro 40 Quadratmeter bedienen. Blumenläden und Buchhandlungen durften dagegen seit Montag einen Kunden pro 15 Quadratmeter bedienen.
Es gebe keine Rechtfertigung dafür, warum manche der Geschäfte, die nicht immer zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung unbedingt erforderlich seien, "deutlich strenger" behandelt würden als andere, teilte das OVG mit. Die Einhaltung der Hygieneregeln liege "im ureigenen Interesse der Geschäftsbetreibenden".
Bei vielen kleineren Einzelhandelsgeschäften drohe aufgrund der bisherigen Schließung und bei Fortdauer der Öffnungsbeschränkung existenzbedrohender Schaden, hieß es weiter. Es stehe dahin, ob die Wiedereröffnung dieser Geschäfte mit strengen Hygienevorgaben nicht sogar eher zu einer Entspannung des Einkaufsgeschehens und weniger Kundenansammlungen in großen Märkten und Vollsortimentern beitrage.