Am Thema Fahrerassistenzsysteme kommt heute keine Werkstatt mehr vorbei - ob Markenbetrieb oder freie Werkstatt. Schließlich sind die Systeme heute schon in der Kompaktklasse verbaut und kommen so früher oder später in jedem Betrieb an. Viele Werkstätten müssen aber etwa bei einem Frontscheibenaustausch das Fahrzeug an eine Partnerwerkstatt weitergeben. Wer hingegen die Kompetenz und das notwendige Equipment im eigenen Haus hat, kann sich als Qualitätsbetrieb positionieren und den Kunden an sich binden. Dennoch ist eine solche Investition nicht unerheblich ( siehe Tabelle auf Seite 16) und gerade für freie und kleinere Betriebe genauestens abzuwägen. Entscheidend ist dabei natürlich, welche Fahrzeuge in der Regel auf den Hof kommen und ob die Werkstatt in das Schadenmanagement einer Versicherung eingebunden ist. "Die Anschaffung ist ein Invest in die Zukunft und das Serviceangebot muss proaktiv vermarktet werden.
Dann geht die Amortisationsrechnung auf", ist etwa Reiner Leikert, ADAS Product Manager Bosch Automotive Service Solutions, überzeugt. Mit seinem Angebot an modular aufgebauten Kalibrier-Systemen besitzt das Unternehmen eigenen Angaben nach derzeit die größte Markenund Sensortypen-Abdeckungsvielfalt im Markt. Denn je nach Fahrzeughersteller und Sensortyp ist eine dynamische Kalibrierung (selbstkalibrierende Systeme mit Kalibrierfahrt) oder eine statische Kalibrierung vorgegeben. In der Regel deckt die Software der Diagnosegerätehersteller wie Bosch oder Hella Gutmann Solutions die gängigsten Modelle für die dynamische Kalibrierung ab. Bei der statischen Kalibrierung sind je nach Fahrzeughersteller und Fahrerassistenzsystem Tools wie eine Justagevorrichtung und Kalibriertargets notwendig. Das Bosch DAS 1000 etwa besteht aus der Justagevorrichtung VAS 6430, entsprechenden Messtafeln und der Software für das Fahrwerksvermessungssystem. Denn für die Kalibrierung der Frontradarsensoren ist bei Herstellern wie VW, Audi, Skoda oder Seat die Ausrichtung auf die geometrische Fahrachse notwendig.
Besonders bei Werkstätten, die Karosseriearbeiten und Unfallinstandsetzung durchführen, sei das Interesse an den Kalibriersystemen derzeit sehr hoch, so Reiner Leikert von Bosch.
Für Pkw und Lkw
Auch bei Texa kommt das "Kit zur Kalibrierung der Fahrzeugkameras" im Bereich Pkw sehr gut an. Die Nachfrage nach dem Lkw-System zur Kalibrierung von Kamera- und Radarsystemen, das Texa in Kooperation mit Haweka anbietet, ist ebenso hoch. "Beide Systeme müssen zur Kalibrierung korrekt positioniert werden", so Werner Arpogaus, Geschäftsführer von Texa Deutschland. Dabei führe die Texa Software für Lkw bzw. Pkw den Anwender Schritt für Schritt durch den Prozess. "Hier kann eigentlich nichts falsch gemacht werden, wenn der Anwender die Anweisungen korrekt befolgt", erklärt er. Was hingegen zu Fehlern führen kann, sind schlechte Lichtverhältnisse wie Gegenlicht. Dann erkennt die Kamera die Targets nicht ausreichend. "Der Kalibrierschritt scheitert oft auch an geänderten Aufstellabständen, die sich auf den Stoßfänger beziehen", erklärt Reiner Leikert von Bosch auf mögliche Fehlerquellen angesprochen. Denn ein Fahrzeugfacelift mit neuem Stoßfänger erfordere auch geänderte Aufstellabstände. "Unsachgemäße und ungenaue Handhabung des Anwenders zählen zu den häufigsten Fehlerquellen", bestätigt auch Dirk Warkotsch, Geschäftsführer von Haweka. Das Unternehmen bietet im Bereich Lkw zwei Systeme zur ACC Einstellung und zur Kamerakalibrierung an.
Präzises Arbeiten ist also das A und O, sind sich die befragten Hersteller einig, auch wenn die Kalibriersysteme teilweise unterschiedlich funktionieren. So setzt etwa Snap-on Equipment auf eine spezielle Kontrollkamera, die in Verbindung mit einem Hofmann oder John Bean Achsmessgerät, den entsprechenden Kalibriertafeln und Diagnosetester die Kalibrierung der FAS der VAG-Gruppe ermöglicht. Dabei sorgt die Kontrollkamera für den Bezug zur Kalibriervorrichtung. "Die Kamera wird in die Querstange eingehängt. So ist die Achsvermessungssoftware in der Lage die Bilder zu verarbeiten und die geometrische Fahrachse zu bestimmen", erklärt Reiner Herrmann, Achsmess-Spezialist für OEM-Geräte von Snap-on Equipment.
Dokumentation als Nachweis
Anschließend fragt das Achsmessgerät die einzelnen Parameter Abstand zum Fahrzeug, seitlicher Versatz und die Drehung um die Hochachse ab, die der Anwender Schritt für Schritt einstellt. "Das ist der Aufwand, die eigentliche Kalibrierung über das Diagnosegerät dauert nicht lange", weiß der Experte. Im Anschluss lässt sich über die Fahrwerkvermessungssoftware eine Dokumentation für die erfolgreiche Kalibrierung ausdrucken - ein wichtiger Nachweis bei sicherheitsrelevanten Fahrerassistenzsystemen.
Beim CSC-Tool von Hella Gutmann Solutions wird die Kalibriertafel mittels der Radaufnehmer HD Easy Touch im fahrzeugspezifisch vorgegebenen Abstand zur Fahrachse (Hinterachse) des Fahrzeugs ausgerichtet ( mehr dazu ab Seite 17). Das modulare CSC-Tool ist in Verbindung mit der Mega Macs Software besonders bei Glasspezialisten sehr gefragt, so das Unternehmen.
Welches System auch verwendet wird, im Anschluss an die statische Kalibrierung sollten Werkstätten immer eine Probefahrt durchführen, so die Empfehlung der befragten Hersteller. Denn nur korrekt eingestellte Fahrerassistenzsysteme können die ihnen zugedachte Aufgabe, den Fahrzeugführer im Fahrbetrieb zu unterstützen, auch gewissenhaft ausführen.
Kurzfassung
Die Anzahl der Fahrerassistenzsysteme steigt stetig - für Werkstätten eine Herausforderung. Denn für die Kalibrierung der Sensoren sind je nach Fahrzeughersteller und Sensortyp verschiedene Tools notwendig.
- Ausgabe 05/2017 Seite 14 (537.2 KB, PDF)