Der Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg hat am Donnerstag zur Delegiertenversammlung nach Stuttgart geladen. Schwerpunkt der Veranstaltung war nicht nur die boomende E-Mobilität, sondern auch der bevorstehende Wechsel hin zu Agentursystemen im Fahrzeugvertrieb und die Neuausrichtung der Berufsbildung.
Gleich zu Beginn der Versammlung verwies Landesverbandspräsident Michael Ziegler in seinem Bericht auf die aktuellen Herausforderungen der Branche: Ukraine-Krieg, Chipmangel und Lieferkettenprobleme beherrschten derzeit das Tagesgeschäft. Nicht weniger politisch ging es mit der Elektromobilität weiter. Hier seien die Weichen auf Seiten der Politik bereits gestellt worden, so Ziegler. Die Autohäuser müssten sich nun mit den damit einhergehenden deutlich geringeren Vertriebsmargen und weniger Arbeit in der Werkstatt arrangieren.
E-Fuels als ernsthafte Alternative
Neben der Elektromobiliätswelle, die infolge der politischen Fördermaßnahmen über der Branche hereinbrechen wird, warnte der Landesverband davor, den E-Fuels zu wenig Raum einzuräumen. Auch 2030 würden Verbrenner noch den Löwenanteil der Fahrzeuge im Straßenverkehr ausmachen. Ziegler: "Es steht zu befürchten, dass hier viel Potential im Hinblick auf das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 klimaneutral zu sein, verschenkt wird." Die Forderung des Präsidenten lautet deshalb "technologieoffen zu bleiben und sich nicht einseitig zu fixieren".
Ziegler kritisierte erneut das aufkeimende Agenturgeschäft, denn es werde den Händlern die Hoheit über Preis und Menge der Fahrzeuge entzogen. "Das Schlimmste" aber sei, dass die Hersteller gerade dabei seien, sich eine juristische Basis zu schaffen, um Zugang zum Gebrauchtwagenmarkt zu haben, dem Kerngeschäft der Autohändler. Auswege aus der sich abzeichnenden Situation sieht er allerdings kaum. Dem Verband bleibe daher in erster Linie nur, darauf zu achten, dass die Agentursysteme "fair und sauber eingeführt werden". Klar sei aber auch, dass man über Jahrzehnte gewachsene Strukturen nicht von heute auf morgen beiseite wischen könne, betonte der Verbandspräsident.
Berufsbild Kfz-Mechatroniker soll weiterentwickelt werden
Ein weiteres Thema der Delegiertenversammlung war die Neuausrichtung der Berufsbildung. Um mit dem Wandel der Branche Schritt zu halten, muss auch das Berufsbild des Kfz-Mechatronikers geändert werden. Wie das konkret aussehen kann, zeigte der online zugeschaltete ZDK-Experte Joachim Syha auf. Eine Überlegung: eine dreijährige Grundausbildung mit nachfolgender Spezialisierung.
"Die Anforderungen steigen und wir müssen in der Ausbildung die komplette Breite abdecken", unterstrich Ziegler. Und weiter: "E-Fahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge und Verbrenner markieren das Feld der notwendigen Kenntnisse für den Fahrzeugservice der Zukunft." Das Echo auf den bereits laufenden Neugestaltungsprozess war in der Versammlung gespalten: Eine Lösung wird vor allem dafür gesucht, die hohen Anforderungen an die Auszubildenden unter einen Hut zu bringen. Gebraucht würden Schrauber und Elektroniker, hieß es.
Auslöser der aktuellen Diskussion sind die Ergebnisse der Gesellenprüfungen, deren Durchnittswerte besser sein könnten, weil sie zu nahe an 4,0 liegen. Frühestens zum 1. Januar 2025 wäre eine Überarbeitung des Berufsbildes und eine Änderung der Ausbildungsverordnung möglich. Ziegler verwies auch darauf, dass der erfolgreiche Abschluss einer Ausbildung auch davon abhänge, welche Bildung die sich Bewerbenden aus den Schulen mitbringen. "Die bei uns durch die technische Entwicklung ständig wachsenden Anforderungen sind auch eine Herausforderung für die Schulen."