Kurzfassung
Die Analyse des Digitalisierungsgrads im Autohaus zeigt, dass im Aftersales meist der größte Aufholbedarf besteht. Die NTT-DATA-Studie beleuchtet das Potenzial unterschiedlicher digitaler Touchpoints für den Service.
Weil in der Corona-Pandemie der persönliche Kontakt zeitweise stark eingeschränkt war, fiel der Blick der Verbraucher zwangsläufig noch stärker auf die digitalen Kommunikationskanäle. Das galt für nahezu alle Branchen. Unternehmen, die hier bereits gut aufgestellt waren, hatten einen erheblichen Vorteil in den zurückliegenden Monaten. Die Bedeutung digitaler Touchpoints für die Kundenansprache hat damit noch einmal einen besonderen Stellenwert erhalten.
Diese Erfahrung haben nicht zuletzt die Unternehmen im Automobilhandel und im Aftersales gemacht. Aber wie gut sind die Akteure heute schon aufgestellt und wo schlummert noch Potenzial? Die Aufgabenstellung für die Händler lautet, im Aftersales komplett digitale Prozesse einzurichten, die ein positives Kundenerlebnis erzeugen: angefangen bei der Informationsbeschaffung über transparente, verbindliche Preisaussagen und eine Online-Terminbuchung bis hin zur Verfolgung des Werkstattprozesses in Echtzeit.
Die aktuelle Studie von NTT DATA "Ungenutzte Potenziale im Automotive Aftersales" beleuchtet die vier wichtigsten Touchpoints - Website, App, Connected Car und Social Media. Nach Bewertung des Ist-Zustands zeigt die Studie darüber hinaus die möglichen Potenziale der untersuchten Touchpoints im Aftersales auf. Dabei wird jeder Touchpoint nach demselben Schema abgefragt. Jeder Kanal wird daraufhin überprüft, wie er in den Themenbereichen "Informationsgewinnung", "verbindliche Preisauskunft", "Terminbuchung" und "Kauf von digitalen Diensten, Teilen und Zubehör" anwendbar ist.
Website ist Standard
Gute Ansätze zeigen Autohäuser bei der Frage, auf welchen Kanälen sie Aftersales-Leistungen anbieten. 85 Prozent setzen die eigene Website ein und 66 Prozent gehen den Weg über die Website des Herstellers. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten transportiert diese Information über Social Media. Die im Alltag allgegenwärtige E-Mail-Kommunikation bleibt hier mit 44 Prozent erstaunlich weit zurück. Eher zu erwarten war die Tatsache, dass Connected-Dienste und Apps nur in geringem Maße genutzt werden. Immerhin 15 Prozent setzen schon auf den Touchpoint "Connected Car". Neun Prozent der Befragten arbeiten hier mit dem Touchpoint "App", wobei sich die Apps des Herstellers und eigene Apps die Waage halten. Nur sechs Prozent geben an, gar keinen digitalen Kanal zu nutzen.
Zurückhaltung bei Preisinformation
Deutlich geringer wird die Nutzung digitaler Kanäle, wenn verbindliche Preisinformationen genannt werden sollen. Nur zwei Drittel der Befragten kommunizieren diese Information digital, auf der Hersteller-Website sind es nur 41 Prozent, und nur jeder Vierte nutzt Social Media für die Preisangabe. Am wenigsten fällt im Vergleich der Touchpoint "Connected Car" ab, er erreicht hier 13 Prozent. Auf den letzten Plätzen folgen die eigene App mit sechs Prozent und die App des Herstellers mit vier Prozent.
Abgefragt wurden in diesem Zusammenhang auch die Gründe für die Ablehnung von Preisangaben. An erster Stelle nennen 56 Prozent der Befragten die "Übernahme des Risikos bei komplexen Reparaturen." Für 46 Prozent ist der Pflegeaufwand für die Darstellung der Angebote zu hoch. 40 Prozent sehen einen zu hohen administrativen Aufwand in der Abwicklung. Bei einem Viertel der Befragten steht die technische Ausstattung der Preisangabe entgegen: "Die Infrastruktur der Systeme lässt eine automatisierte Preisauskunft nicht zu." Das Bewusstsein für die Erwartungshaltung der Kunden ist dabei durchaus vorhanden, denn nur drei Prozent glauben, dass die Kunden kein Interesse an der verbindlichen Preisangabe hätten. Das deckt sich mit dem Ergebnis, dass 71 Prozent der Privatwagennutzer sich eine verbindliche Preisangabe wünschen.
Bedeutung von Apps
Das Potenzial von Apps wird im Servicebereich immer wieder kontrovers diskutiert. Denn eine weite Verbreitung bedeutet nicht auch automatisch eine häufige Nutzung. Mittlerweile bieten alle Fahrzeughersteller ihren Kunden Apps (für iOS und Android) passend zu ihrem Fahrzeug an. Tatsächlich sieht es aber so aus, dass nur acht Prozent der Privatkunden die zu ihrem Fahrzeug angebotene App häufig bis sehr häufig nutzen. Drei Viertel der Privatwagenfahrer und zwei Drittel der Geschäftswagenfahrer geben an, dass sie die App noch nie genutzt haben. Als Hauptgrund nennen 77 Prozent der Kunden, welche die Apps nicht nutzen, den fehlenden Mehrwert. So bietet derzeit noch kaum eine App die Möglichkeit einer Online-Terminbuchung beim Händler. Oft wirken umständliche Bedienung, fehlende Preistransparenz und die nicht automatisierte Datenübernahme aus dem Fahrzeug als Hemmnisse, Termine über die App zu buchen.
Dabei wäre das Potenzial von Apps durchaus vorhanden. Fragt man die Kunden, ob sie in Zukunft eine App für Aftersales-Zwecke nutzen möchten, bejahen dies 60 Prozent der Privatwagenfahrer und knapp 80 Prozent der Geschäftswagenfahrer. Das Potenzial für die Nutzung sehen die meisten Kunden vor allem in der Informationsgewinnung (Statusübersicht zum Fahrzeugzustand, Einsehen des Reparaturstatus oder Push-Meldungen, zum Beispiel über Kontrollleuchten) und der direkten Terminbuchung mit Datenübernahme.
- Ausgabe 04/2021 S.18 (126.1 KB, PDF)