Hebebühnen für Fahrwerksvermessung
An die Präzision einer Hebebühne für die Fahrwerksvermessung werden die höchsten Anforderungen gestellt, welche nur mit enormem technischen Aufwand in einer Werkstatt erfüllt werden können.
Hebebühnen werden schon seit den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Autowerkstätten eingesetzt. Von Anfang an bis heute geht es darum ein Fahrzeug sicher aufzunehmen und in eine für die Durchführung von Arbeiten ideale Arbeitsposition zu heben und diese Position leicht verändern zu können. Ganz anders ist dies bei Hebebühnen für die Fahrwerksvermessung. Auch in diesem Fall soll ein Auto sicher angehoben werden, doch es kommt zusätzlich die Forderung nach Präzision ins Spiel.
Hohe Anforderungen
Um den derzeit höchsten Anforderungen zu genügen, darf eine Bühne über die Länge der Fahrbahn lediglich eine Höhenabweichung von einem Millimeter haben. Und quer von Fahrbahn zu Fahrbahn wird nur eine Höhendifferenz von einem hal-ben Millimeter toleriert. Aufgestellt werden solche Anforderungen von den Automobilherstellern, welche sichergehen wollen, dass die Fahrwerkseinstellung in der Werkstatt den Möglichkeiten der Werkseinstellung möglichst nahekommt. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass viele Millionen in die Entwicklung leistungsfähiger Fahrwerke investiert werden. Die Eigenschaften dieser Fahrwerke sollen dann über die komplette Lebensdauer eines Fahrzeugs in Kundenhand erhalten bleiben. Es wäre ärgerlich, wenn an einem Premiumautomobil der Geradeauslauf schlechter würde, nur weil bei einer Spureinstellung die Werkstatt diese nicht so präzise einstellen konnte, wie es im Werk möglich ist. Ein ähnlicher Aufwand wird selbstverständlich auch bei den Fahrwerksvermessungssystemen betrieben. Einige Hersteller haben sich spezielle Messroutinen für ihre Fahrzeuge entwickeln lassen, welche von den Standardprogrammen in den Mess-Systemen in vielen Details abweichen.
Auch wenn die Motive für die Forderung nach dieser hohen Präzision für die Fahrwerksvermessung nachvollziehbar sind, so stellen sie die Hebetechnik-Hersteller doch vor beachtliche Herausforderungen. Schließlich muss die geforderte Präzision auch im rauen Werkstattalltag über einen möglichst langen Zeitraum erhalten bleiben. Und das ist nicht einfach, denn heutige Fahrzeuge sind oft sehr schwer. Vor allem in der Oberklasse sind Fahrzeugleergewichte von mehr als zwei Tonnen keine Seltenheit. Hebebühnen, welche diesen hohen Forderungen genügen, sind deshalb eine Spezialität. Und während die Preise für Hebetechnik in den vergangenen Jahren unter Druck geraten sind, so sind Bühnen für die Fahrwerksvermessung ein unverändert hochpreisiges Produkt. Geringe Stückzahlen bei beachtlichem Entwicklungs- und Fertigungsaufwand schlagen sich hier nieder. Der Preis für eine gute Bühne zur Fahrwerksvermessung kann daher den Preis für das elektronische Messsystem durchaus um das Mehrfache übertreffen. Der Aufwand, der für solche Bühnen betrieben wird, zeigt sich in ungewöhnlichen Details. So werden die Aufstandsflächen zum Teil aus massivem Stahl ausgeführt, dessen Oberfläche geschliffen wird. Auch für die Losbrechmomente von Drehtellern und Schiebeplatten gelten strenge Limits.
Soviel Präzision wie nötig
Ausreichend genaue Fahrwerksvermessungen gelingen auch mit den handelsüblichen Bühnen für die Fahrwerksvermessung. Hier hat sich das Angebot heute weitgehend auf Scherenbühnen,Unterflur-bühnen mit Fahrbahnen sowie Viersäulenbühnen konzentriert. Für welchen Bühnentyp sich eine Werkstatt entscheidet, hängt wie immer bei Werkstattausrüstung von den individuellen Gegebenheiten vor Ort ab. Scherenhebebühnen bieten den Vorteil der Überflurmontage, können also auch in gemieteten Räumen ohne bauliche Veränderungen installiert werden. Wobei dieser Bühnentyp auf Wunsch auch bodeneben eingebaut werden kann. Für die Durchführung der Fahrwerksvermessung ist von Vorteil, dass bei der Scherenbühne das Fahrzeug rundum frei zugänglich ist und keine Streben zum Beispiel die Messtechnik behindern können. Auch für den Zugang von unten für das Einstellen des Fahrwerks bleibt genügend Raum. Scherenbühnen arbeiten mit hydraulischem Antrieb. Bei den meisten Modellen wird die Bühne nach dem Heben in Klinken abgesetzt, welche die erforderliche Präzision mit hoher Wiederholgenauigkeit erreichen. Einige Hersteller bhaben sich spezielle Konstruktionen einfallen lassen, welche die Präzision der Scherenbühne verbessern.
Wenn Optik eine Rolle spielt
Unterflurbühnen mit Fahrbahnen empfehlen sich ebenfalls für die Fahrwerksvermessung. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Hydraulik in den Werkstattboden oder in eine Decke einbauen lässt, was sich fast nur in selbst genutzten Immobilien lohnt. Diese Unterflurbühnen lassen sich ebenfalls bodeneben installieren und bieten immer eine elegante Optik. Bei den Bühnen mit nur zwei Stempeln wird für die Vermessung die Fahrbahn an den äußeren Punkten abgestützt. Aufwändiger sind die in den vergangenen Jahren verstärkt auf den Markt gebrachten Vier-Stempelbühnen mit Fahrbahnen. Dieser Hebebühnentyp bietet je nach Ausführung die Möglichkeit alle vier Stempel, elektronisch oder mechanisch einzeln überwacht, in jeder gewünschten Arbeitshöhe für die Fahrwerksvermesung einzusetzen. Auch bei diesen Bühnen ist ein optimaler Zugang zum Fahrzeug und die störungsfreie Nutzung der Messtechnik möglich.
Bewährter Werkstatt-Klassiker
Für viele Anwender ist die Fahrwerksvermessungs-Hebebühne schlechthin die Viersäulenbühne. Dieser Bühnentyp verfügt in der Regel über einen hydraulischen Antrieb. Nach dem Anheben wird die Fahrbahn an vier Punkten in Klinken abgesetzt. Dieses System verleiht der Bühne Präzision mit hoher Wiederholgenauigkeit. Vorteil der Viersäulenbühne ist ihre relativ anspruchslose Installation, die quasi auf jeder ebenen Fläche erfolgen kann. Allerdings ist dieser Bühnentyp kaum für den Einsatz der Fahrwerksvermessungssysteme mit Kameratechnik an der Stirnseite geeignet. Nur bei seitlich sehr weit auseinanderstehenden Säulen können die Kameras störungsfrei arbeiten. Eine ungewöhnliche Variante der Vier-säulenbühne führt Nussbaum im Programm. Die Kehler bieten mit der 4.50 SL eine Vier-Säulen-Spindel-Bühne an. Vorteil dieser Konstruktion ist eine hohe Präzision in jeder beliebigen Hubhöhe. Dazu wird jede Spindel einzeln angesteuert, um die Fahrbahn immer perfekt auszurichten.
Oberflächlich betrachtet hat sich an der Technik der Hebebühnen in den vergangenen Jahren wenig verändert. Doch wer genauer hinsieht, erkennt, dass moderne Fahrbahnbühnen heute mit einer Vielzahl elektronischer Systeme ausgestattet sind. Elektronisch erfolgt in den meisten Fällen der Höhenabgleich zwischen den beiden Fahrbahnen. So wird erreicht, dass beide Fahrbahnen sich exakt auf der gleichen Höhe befinden. Und es wird verhindert, dass sich die Bühne während der Hubbewegung in eine gefährliche Schieflage bringt, welche zum Absturz eines Fahrzeugs führen könnte. Gleichzeitig wird elektronisch überwacht, ob sich jemand in einem gefährlichen Bereich aufhält, wenn die Hebebühne bewegt wird. Je nach Konstruktion und Güte der Hebebühne kommen sehr unterschiedliche Messsysteme zum Einsatz, um die Bewegungen der beiden Fahrbahnen, der Stempel und Spindeln mit hoher Präzision zu regeln.
Die Steuerung der Bühnen erfolgt grundsätlich über die Auf- und Ab-Schalter, wobei es zum Teil zusätzliche Sicherungs- oder Positionierungsschalter gibt.
Solider Unterbau
Hebebühnen werden aus Stahl gebaut, welcher die Eigenschaft hat, sich unter Krafteinwirkung zu verbiegen. Weil Hebebühnen mit ganz unterschiedlich großen und schweren Fahrzeugen befahren werden, müssen die Fahrbahnen insgesamt allen zu erwartenden Kräften standhalten. Die Hebetechnik-Hersteller verwenden hier sehr unterschiedliche Konstruktionsprinzipien an, um die Fahrbahnen ihrer Hebebühnen möglichst steif und belastbar zu gestalten. Massiver Materialeinsatz, raffinierte Profile oder verstärkte Zonen im Bereich der Radaufstandsflächen sind bei den Bühnen für die Fahrwerksvermessung daher immer anzutreffen.
Ausstattung nach Maß
Die bereits beschriebenen Präzisions-Hebebühnen mit spezieller Ausstattung gemäß den Spezifikationen der Fahrzeughersteller sind in der Regel nur über die Serviceorganisationen des jeweiligen Herstellers zu beziehen und im freien Handel kaum erhältlich. Ansonsten bietet jeder Hebebühnen-Hersteller seine Vermessungs-Bühnen bereits vorgerüstet an. Zu erkennen ist dies an Aussparungen in der Fahrbahn für die Drehteller und die Schiebeplatten. Für den Einsatz eines Kamerasystems ist es erforderlich, dass Drehteller und Schiebeplatten eben eingelassen sind, weil das Fahrzeug während der Vermessung manuell verschoben werden muss. Bei manchen Bühnentypen werden Drehteller und Schiebeplatten einfach auf die Fahrbahn aufgelegt. Bei manchen Hebebühnen sind diese Bauteile in die Bühne integriert und lassen sich auf Knopfdruck verriegeln und lösen. Wer mit einem CCD-Fahrwerksvermessungsgerät arbeitet, verwendet gerne einen Radfreiheber oder einen verfahrbaren Achsheber zum Anheben für die Radschlagkompensation. Wobei zu beachten ist, dass dies bei einigen Automarken nicht erlaubt ist. Für das Einstellen des Fahrwerks ist es praktisch, wenn zwischen den Fahrbahnen eine Beleuchtung installiert ist, welche den Fahrzeugunterboden ausleuchtet. So findet sich für alle Ansprüche die passende Bühne für die Fahrwerksvermessung. In jedem Fall sollte man sich vom Werkstattausrüster individuell beraten lassen, damit Bühne und Vermessungssystem eine perfekte Einheit bilden, auf die individuellen Anforderungen abgestimmt sind, sowie zum Budget passen. Bei einem Vermessungsarbeitsplatz sollte man auch an einen kompetenten Service denken, der das komplette System regelmäßig warten und justieren kann. Bernd Reich
- Ausgabe 11/2010 Seite 30 (962.3 KB, PDF)