Reifen Hinghaus steckt in Schwierigkeiten. Der Runderneuerungsspezialist für Pkw- und Transporter-Reifen ("King-Meiler") hat beim Amtsgericht Osnabrück Antrag auf Insolvenz gestellt. Laut einer Mitteilung des Branchennetzwerks "Allianz Zukunft Reifen" (AZuR) wurde Rechtsanwalt Peter Jacob Ende April zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Geschäftsführer Mark Hinghaus-Kaul erklärte, dass an einem Sanierungskonzept gearbeitet werde. Man strebe "ein Verfahren in Eigenverwaltung an, was uns in die Lage versetzen soll, Investoren zu finden und die Fortführung nach Umstrukturierung mit wenigstens teilweiser Übernahme des Teams zu ermöglichen".
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Das vor über 70 Jahren gegründete Traditionsunternehmen hat den Angaben zufolge sein Portfolio wiederholt marktgerecht angepasst und die Prozessabläufe modernisiert. Beispielsweise stattet der Chemiekonzern BASF alle Dienstfahrzeuge des Standorts Ludwigshafen sukzessive mit runderneuerten Qualitätsreifen der Marke "King-Meiler" aus. Zudem hat Reifen Hinghaus in Forschung und Entwicklung sowie in neue Materialen für die Runderneuerung investiert. Unter anderem wurden Compounds optimiert und eigene Laufflächenmischungen entwickelt.
Das sind die Gründe für die Insolvenz
Hinghaus-Kaul machte für die Schieflage die wirtschaftliche Lage in Deutschland, den Preisdruck im Energiesektor und billige Importreifen verantwortlich. "Zudem haben uns die Versäumnisse in der Politik zu diesem Schritt geführt", sagte er. Trotz eines wachsenden Umweltbewusstseins in der Bevölkerung und eines steigenden Zuspruchs für die Runderneuerung sei der Veränderungsprozess aus seiner Sicht "zu behäbig". Es sei nicht abzusehen, ob und wann "Maßnahmen wie die Erhebung von angemessenen Zöllen auf Billigreifen zum Schutz hiesiger Produkte greifen können und kommunale Fuhrparks endlich konsequent mit runderneuerten Reifen ausgestattet werden".
Dass mit Reifen Hinghaus der letzte deutsche Runderneuerer von Pkw- und Transporter-Reifen in die Insolvenz gerutscht ist, ist für Christina Guth, Netzwerk-Koordinatorin bei AZuR, keine Überraschung: "Gegen die steigende Marktüberflutung aus Fernost, die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, hohe Energiepreise und mangelnde Unterstützung der Politik hat die Reifen Hinghaus GmbH bei allem Engagement einen schlechten Stand." Gemeinsam habe man seit Gründung von AZuR engagiert und vertrauensvoll zusammengearbeitet, um mit der Runderneuerung auch die gesamte Reifen-Kreislaufwirtschaft voranzubringen.
Die Brancheninitiative AZuR setzt sich seit 2020 mit rund 70 Partnern aus Industrie, Handel, Politik und Wissenschaft für eine nachhaltige Reifen-Kreislaufwirtschaft in Deutschland und Europa ein.