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SAM the Van: Woke in die Wildnis

29.10.2024 07:18 Uhr | Lesezeit: 8 min
Sam The Van
Er will ein Reisemobil sein für Abenteurer mit Geschmack, gutem Gewissen und einem Faible für grobes Gelände. Wie weit man damit kommt, hat "SAM the Van" auf einer ganz speziellen Testfahrt bewiesen.
© Foto: Craig Pusey

SAM the Van, ein umgebauter Mercedes Sprinter der gleichnamigen Camper-Manufaktur, hat seine Offroad-Fähigkeiten bei einer Testfahrt auf 3.317 Metern unter Beweis gestellt. Mit einer Bauzeit von bis zu 16 Wochen und einem Preis von 265.000 bis 295.000 Euro ist SAM the Van ein sehr exklusives Angebot.

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Lucio traut seinen Augen kaum. Denn erstens schneit bei ihm außerhalb der Skisaison ohnehin nur selten ein Gast herein. Und zweitens kommen die Gäste wenn überhaupt zu Fuß ins in Rifugio Teodulo. Schließlich ist die Straße, die früher die höchste für ein Auto befahrbare Europas war, seit den 1980er offiziell gesperrt und mittlerweile eigentlich nur noch eine Skipiste. Und zwar eine tiefschwarze.

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Dass also mal jemand auf Achse kommt, passiert nur alle paar Wochen, und dann sind es meist Kollegen vom Zivilschutz, Nachbarn oder Freunde, die hier auf 3.317 Metern Meereshöhe in der Kniekehle des Matterhorns einen Plausch bei sensationellem Cappuccino und einer Torta della Nonna halten und nach dem Rechten sehen wollen im Rifugio. Doch einen Mercedes Sprinter hat der Hüttenwirt hier oben noch nie gesehen, und erst recht kein Wohnmobil.

Aber genau deshalb ist der schmutziggraue Kastenwagen mit dem martialischen Lichtbalken auf dem Dach, den wuchtigen Stoßfängern und den groben Reifen ja hier – um zu beweisen, dass SAM seinen Namen zurecht trägt. Denn SAM steht für Sustainable Adventure Mobility, sagt Maria Bauer, die das Wohnmobil zusammen mit ihrem Mann Ingo Scheinhütte in den Jahren seit der Pandemie zur Serienreife entwickelt und in diesem Sommer den Verkauf gestartet hat. Und zumindest die Sache mit dem Adventure hat der Kastenwagen heute mit Bravour gemeistert.

Allrad kommt von Michael Iglhaut

Möglich macht das ein Umbau des Allradspezialisten Michael Iglhaut aus Marktbreit, der sich seit mittlerweile 40 Jahren des Sprinters annimmt. Sein erster Kunde war ein Hotelier in den bayerischen Bergen, der seine Gäste auch im Winter shutteln wollte. Heute sind es vor allem Energieversorger und Bauunternehmen, Stadtwerke oder Landschaftsbauer, die bei ihm bestellen, und immer mehr Kunden sehnen sich auch im privaten Bereich nach Abenteuer und Allrad. „Je voller es auf den Campingplatzen wird, desto mehr schätzen es die Menschen offenbar, dass sie weiter weg könnten, wenn sie nur wollten,“ hat der Firmenchef beobachtet – und lebt davon nicht schlecht. Denn seine 15 Mitarbeiter sind mit über 100 Umbauten im Jahr mehr als gut gebucht und wer heute bestellt, muss mindestens zwei Jahre warten.  

Weil es ab Werk für den Sprinter lange gar nichts und heute noch nichts wirklich Gutes gibt fürs grobe Terrain, rüstet er den Transporter mit einem zusätzlichen Antrieb an der Vorderachse aus, baut eine Untersetzung ein und bis zu drei Differentialsperren, verkleidet den Unterboden und bockt die Fuhre auf Wunsch auch ein paar Zentimeter auf. „Solange noch ein Rad Traktion hat, kommt man mit einem Iglhaut-Sprinter deshalb überall hin“, sagt der selbstbewusste Bayer und SAMS Gipfelsturm gibt ihm recht.  

Denn auch wenn der zwei Liter große Diesel mit seinen 170 PS und 400 Nm hier oben ordentlich rödeln muss und von „Sprinter“ bei besserem Schritttempo nicht mehr die Rede sein kann, beweist SAM so viel Vorwärtsdrang wie eine Bergziege. Und genauso stoisch und stur stapft er die Steigung hinauf.

Sam The Van
© Foto: Craig Pusey

Nachhaltigkeit mit Kork und Schafswolle

Während Allradspezialist Iglhaut den Sprinter zum Kraxler macht und ihn je nach Paket und Preis für Expeditionen ertüchtigt, bei denen ihm nur noch die G-Klasse davonfährt, stehen Bauer und Scheinhütte für den geschmackvollen Ausbau. Und die beiden wissen, was sie tun. Schließlich ist sie Architektin und er Designer bei Porsche – und beide sind sie leidenschaftliche Abenteuer-Camper. Weil ihnen ihr Defender allerdings über die Jahre zu klein geworden ist, haben sie irgendwann Ersatz gesucht. "Und weil wir das passende Auto für uns nicht finden konnten, haben wir es eben selber gebaut", erzählt Bauer die immer gleiche Geschichte, die so viele Start-Ups teilen.  

Was sie dabei von vielen Konkurrenten unterscheidet, das ist neben dem hohen Anspruch ans Styling damit verbunden dem stolzen Preis nicht zuletzt der Gedanke der Nachhaltigkeit: Isoliert ist der Van zum Beispiel mit Zöpfen und Platten aus Schafswolle, die kompletten Wände, sowie die Decken und Böden sind von innen mit Sprühkork beschichtet, statt auf Plastik läuft man bei auf Korkparkett, die Schränke sind aus Echtholz gebaut und das Waschbecken aus Kupfer statt aus Kunststoff. "Und all das lassen wir uns nicht von irgendwo auf der Welt schicken, sondern achten auf kurze Transportwege und kaufen soweit möglich bei lokalen Produzenten", sagt Bauer. Das gilt auch für die Produktion, die bei Werkstätten in der Pfalz erfolgt – keine mehr als 15 Minuten vom Firmensitz in Ingelheim entfernt. "Selbst die Lebenshilfe haben wir als Partner an Bord geholt."

Kein Wunder, dass der Bau 12 bis 16 Wochen dauert. Macht nicht, mehr als anfangs fünf und später vielleicht mal zehn Autos pro Jahr wollen Bauer und Scheinhütte gar nicht verkaufen. Und auch die müssen sie bei Preisen von 265.000 bis 295 000 Euro erst einmal loswerden. Aber darüber macht sich Maria erst später Gedanken, genau wie über eine e-Version, die irgendwie natürlich gut zum nachhaltigen Konzept passen würde. Wenn nur die Sache mit der Reichweite nicht wäre.

Dusche und Ausziehtoilette

Fürs erste allerdings drängt erst einmal der Rückweg, denn die Meteorologen malen ein düsteres Bild an den dunklen Himmel. Und hier oben wechselt das Wetter schnell, warnt Lucio. Eine Stunde und ein paar Erinnerungsfotos später macht SAM sich deshalb an den Abstieg. So verlockend die Suppe riecht, die Lucios Helfer da auf dem offenen Feuer in der gemütlichen Gaststube gerade rühren und so urig ein Hüttenabend sein könnte, wären Maria und ihre Mannschaft bei Dunkelheit gerne wieder unten in Tal – und können auf das Bergfest gut verzichten. Erstens, weil der leckere Kuchen aus dem Rifugio bestimmt noch ein paar Stunden vorhält. Und zweitens ist SAM ja nicht nur ein Schlafzimmer auf Rädern mit eingebauter Sanitärzelle samt Dusche und Ausziehtoilette, sondern ein komplett ausgestattetes Abenteuer-Appartement mit eigener Solarenergie- und Wasserversorgung. Und natürlich mit Küche & Co. Und wenn sie die ganze Kraxelei heil überstanden haben, liegen im doppelten Boden sogar ein paar Flaschen Wein, mit denen sie abends im Camp auf ihren Gipfelsturm anstoßen wollen.

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