Ruhestrommessung
Leert sich eine Autobatterie unerklärlich, hilft noch immer die Messung des Ruhestroms weiter. Ruhestromstärke und -eintrittszeitpunkt sind heute jedoch andere als beispielsweise in den 1980er Jahren. Ein Überblick.
Erhöhte Batterieentladung bei sonst intakter Spannungsversorgung ist ein Anzeichen für einen ungewollt aktiven elektrischen Verbraucher. Mög-liche Ursachen: ein defekter Schalter, ein nicht abschaltendes Steuergerät oder ein Elektronikmodul, das einen Verbraucher sporadisch einschaltet. Ebenso kann ein Datenbussystem durch äußeren oder in- neren Einfluss „aus dem Schlaf gerissen“ werden. Leider lässt sich der Fehler auch von einer Werkstatt nicht immer schnell diagnostizieren, insbesondere dann, wenn ein Datenbussystem äußerlich beeinflusst wurde. Funkwellen aller Art in der Nähe des Fahrzeugs oder spielende Kinder, die an den Türgriffen ziehen, können Datenbussysteme auch mehrfach aktivieren, was erhöhten Verbrauch zur Folge hat. Um derartige Effekte zu vermeiden, integrieren Automobilhersteller in ihre Steuerungs-Software ein so genanntes Ruhestrom-Management, welches den Stromfluss im Bordnetz überwacht. Nach Abstellen des Fahrzeugs werden die Steuergeräte in einen „Schlafmodus“ versetzt, bis sich der Stromfluss stufenweise auf ca. 15 bis 40 Milliampere reduziert hat.
Datenaufzeichnung ab Werk
Auch können diese Daten über einen längeren Zeitraum gespeichert werden. Je nach Hersteller lassen sich auf diese Weise bis zu fünf Batterien überwachen, wobei sich die Datenaufzeichnung auf mindes-tens eine Batterielebensdauer erstreckt.
Arbeiten sämtliche Elektrik-/Elektronikkomponenten ordnungsgemäß, stellt sich geraume Zeit nach dem Abstellen des Fahrzeugs der so genannte Ruhestrom ein. Je nach Batteriekapazität liegt sein Idealwert bei den genannten 15 bis 40 Milli-ampere. Unter diesen Bedingungen muss sich ein Fahrzeug im Regelfall auch nach fünf- bis sechswöchiger Standzeit noch ohne Probleme starten lassen.
Um den Ruhestrom zu messen, muss bekannt sein, wann sich dieser einstellt. Heutige Fahrzeuggenerationen benötigen hierfür zwischen zehn und 30 Minuten, in Einzelfällen auch länger. Zudem ist bei der Messung auf die Rahmenbedingungen zu achten, zum Beispiel müssen Türen und Hauben verschlossen und verriegelt sein. Die Messung selbst kann, abhängig von der Ausrüstung von Werkstatt oder Autohaus, auf verschiedene Weise erfolgen.
Ruhestrom oder Spannungsabfall
So lässt sich entweder der Ruhestrom an der Batterie oder der Spannungsabfall an den Sicherungen prüfen. Die Schmelzdrähte der Sicherungen besitzen unterschiedliche Widerstandswerte, die im Milliohmbereich liegen und der Tabelle auf Seite 12 entnommen werden können. Fließt Strom über die Widerstandsdrähte einer Sicherung, fällt dort die Spannung ab, und zwar im Bereich von einigen Hundert Mikrovolt bis einigen Millivolt, je nach Stärke der Sicherung und Höhe des Stroms. Exakte Ströme lassen sich hieraus jedoch nicht errechnen, weil im Regelfall der genaue Widerstand der Si- cherung unbekannt ist. Hinzu kommen Messtoleranz und Digitfehler (bei Digitalmultimetern nötige Rundung der letzten Ziffer des Anzeigewerts), so dass bei kleinen Strömen Fehler bis zu 30 Prozent möglich sind. Dennoch lässt sich bei der Messung per Voltmeter ein Stromfluss feststellen und dessen Höhe abschätzen. Einige Automobilhersteller besitzen Listen zu Widerstandsverlauf und Spannungsabfall der Sicherungen. Die Messung erfolgt meist im Millivoltbereich, so dass genaue Voltmeter benötigt werden, aber auch Konzentration und Können Voraussetzung sind. Immerhin muss bei diesem Messverfahren keine Sicherung gezogen werden.
Eine schnelle Lösung bietet die Strom-messzange. Sie wird meist am Minuskabel der Batterie nahe der Klemme angeschlossen. Die Ströme betragen, wie erwähnt, im Regelfall ca. 15 bis 40 Milliampere, was bei der Messzange eine Auflösung von etwa ein Milliampere und eine hohe Genauigkeit voraussetzt. Denn bereits eine Ungenauigkeit von plus/minus 15 Milliampere kann einen Werkstattprofi in eine lange, aber sinnlose Fehlersuche treiben.
Trick statt Unterbrechung
Kleinere Ströme lassen sich mit dem Amperemeter eines Multimeters genauer messen. Nachteil: Der Stromkreis muss unterbrochen werden. Doch mit einem Trick lässt sich das vermeiden. Dazu wird ein zusätzliches, zum Minuskabel der Batterie parallel geschaltetes Kabel benötigt. Nach dessen Einbau kann die Minusklemme der Batterie gelöst und vom Pol abgehoben werden, um ein Amperemeter zwischen Minuspol und Minusklemme zu schalten. Messbereich: zehn bis 20 Ampere Gleichstrom. Später kann ggf. auf einen niedrigeren Messbereich umgesteckt wer-den. Wichtig: Zuvor erneut das zusätzliche Kabel einbauen, sonst bewirkt das Um- stecken eine Stromkreisunterbrechung. Jetzt lässt sich der Ruhestrom hinreichend genau und auch über einen gewissen Zeitraum hinweg erfassen. Lässt sich trotz korrekter Ruhestrommessung kein ungewollt aktiver elektrischer Verbraucher feststellen und sind auch Batterie und Generator voll funktionsfähig, sollte eine Langzeitmessung erfolgen – Stichwort Datenbussystem. Zu diesem Zweck eignen sich handelsübliche Multimeter mit so genannter Datenlogger-Funktion.
Besser: Spannungsmessung
Damit können Funktionen und Messbereiche, die das Multimeter zur Verfügung stellt, über einen langen Zeitraum aufgezeichnet werden. Anschließend lassen sich die Daten am Gerät oder über eine USB-Schnittstelle am PC sichtbar machen. Um den ungewollten Verbraucher zu lokali-sieren, werden in der Regel nacheinander Sicherungen gezogen. Nebeneffekt: Datenbus- oder andere elektronische Systeme können dadurch „geweckt“ werden, was nicht zweckdienlich ist. Hier würde sich eine Spannungsmessung an der Sicherung besser eignen. Reinhold Dörfler
Zusammenfassung
Tipps für Profis
häufige Fehlerquellen
defekte Schalter der Handschuh-fach- oder Kofferraumbeleuchtung
hängende Relais
defekte Elektronikmodule
Autotelefon/Freisprecheinrichtung
defekte Radios
falsch angeschlossene Endstufen
nicht vollständig ausgebautesElektrik-/Elektronikzubehör
elektromagnetische Wellen
zwei Messmöglichkeiten
Ruhestrom an der Batterie(vgl. Grafiken auf Seite 12)
Spannungsabfall an den Sicherungen (vgl. Tabelle auf Seite 11)
Werte für den Spannungsabfall
... an Sicherungen können auch auf der Internetseite des Autors abgerufen werden: www.doerfler-elektronik.de
Werte für Kfz-Sicherungen
Nennstromstärke in A
Sicherungs-Kennfarbe
typischer Spannungsabfall in mV
Widerstand (kalt) in mΩ
1,0
■
176
123,00
2,0
■
141
53,50
3,0
■
137
31,10
4,0
■
136
22,80
5,0
■
128
17,85
7,5
■
116
10,91
10,0
■
109
7,70
15,0
■
102
4,80
20,0
■
98
3,38
25,0
■
92
2,52
30,0
■
84
1,97
35,0
■
87
1,61
40,0
■
96
1,44
Ruhestrom-Verlauf (beispielhaft)
Richtwerte für den Ruhestrom*
- Ausgabe 7/2011 Seite 10 (475.5 KB, PDF)