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Schulung für Autoglaser: Glasklare Zukunft

18.05.2017 11:00 Uhr
Scheibenaustausch
Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen ist beim Scheibenaustausch immer mehr Fachwissen gefragt.
© Foto: Marcel Schoch

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Anfang der 1990er Jahre gingen die Fahrzeughersteller allmählich dazu über, Windschutzscheiben zu kleben. Heute ist die Hartverklebung Standard. "Ohne die Technik der Verklebung, wäre der Leichtbau von Fahrzeugen kaum möglich", sagt Martin Klein, Geschäftführer und Inhaber sieben freier Autoglas-Reparaturbetriebe in Bayern. "Als mittragendes Element setzt der Wechsel geklebter Scheiben bereits sehr viel Know-how beim Autoglaser voraus. Hinzugekommen sind jetzt auch tiefgehende Kenntnisse im Bereich Fahrzeugdiagnose, um bei einem Wechsel der Scheibe die verbauten Fahrerassistenzsysteme (FAS) neu kalibrieren zu können.

Höherer Schulungsbedarf

"Bisher waren freie Autoglaser reine Autodidakten und haben sich das nötige Wissen für ihre Arbeit selbst beigebracht", sagt Andreas Müller, ebenfalls Geschäftsführer und Inhaber von drei Autoglasbetrieben im Allgäu. Andreas Müller und Martin Klein, deren Betriebe zu Junited Autoglas, dem größten Netzwerk unabhängiger Fachbetriebe für Autoglas in ganz Deutschland gehören und Mitglieder beim Bundesverband Autoglaser e.V. sind, erkannten 2014 bei einer Vereinssitzung des BVA verstärkten Schulungsbedarf. "Die Schulungsangebote für Autoglaser waren bis dahin eher dünn gesät in Deutschland", so Kfz-Unternehmer Klein. "Andreas Müller und ich haben daher damals den Entschluss gefasst, ein eigenes Schulungszentrum zu gründen." Die Idee wurde sofort in die Tat umgesetzt und beide konnten bereits im März 2015 in Neu-Ulm die Türen des Autoglas Schulungs Center (ASC) öffnen. Das ASC ist ein eigenständiges Unternehmen, das für alle Teilnehmer der Branche offensteht. Drei Trainingsmodule werden derzeit angeboten. Ein viertes ist in Vorbereitung ( siehe Kasten).

Zur Diagnose kommt bei den Schulungen das Mega Macs 42 SE von Hella Gutmann zum Einsatz. "Es ist eines von ganz wenigen Geräten auf dem Markt, das genau auf die Bedürfnisse der Autoglaser zugeschnitten ist und Hard- und Software aus einer Hand bietet", sagt Glasfachmann Klein. Mit ihm können Autoglaser Fehlercodes aller FAS-Funktionen auslesen, zurücksetzen und neu kalibrieren. Ein Zugriff auf die Motorsteuerung ist jedoch nicht möglich, so dass hier versehentliche Eingriffe, die auch Haftungsfragen nach sich ziehen würden, ausgeschlossen sind. Daneben bieten die Ausrüster Texa und Wabcowürth ebenfalls Diagnosegeräte an, die speziell für Autoglaser zugeschnitten sind - Letzteres sogar speziell für Lkw.

Diagnosegerät ist unverzichtbar

Wie wichtig der Umgang mit den Diagnosegeräten für die Arbeit der Autoglaser ist, erklärt Co-Schulungsleiter Andreas Müller: "Muss zum Beispiel bei einem Windschutzscheibenwechsel der Regensensor abgeklemmt werden, kann es nach dem Anklemmen immer wieder zu weitreichenden Fehlermeldungen kommen." Grund ist die Vernetzung der Sensorik im Fahrzeug. So gibt der Regensensor Informationen an über 20 Systeme im Fahrzeug weiter, unter anderem beispielsweise an das ABS, das ESP, die Scheibenwischer, die Fahrtlichtsteuerung, den adaptiven Fernlicht-Assistenten und sogar an das Einparksystem. "Kunden, die nach einem Windschutzscheibenwechsel wegen Fehlermeldungen dieser oder anderer Systeme dann in ihre Kfz-Werkstatt gefahren sind, wurden dort oft gefragt, ob die Windschutzscheibe gewechselt wurde", erzählt Martin Klein. Die Autoglaser- Betrieb wurden dann schnell als Schuldige für die Fehlermeldungen ausgemacht, was viele Kunden schnell an der Kompetenz des jeweiligen Autoglaserbetriebes zweifeln ließ. Das von Martin Klein zitierte Beispiel zeigt damit auch, dass Autoglaser heute ohne Diagnose-Kenntnisse kaum mehr ihre Arbeit durchführen können. Das Thema Schulungen sehen beide daher als eines der wichtigsten Anliegen der Branche an.

Doch auch über den Pkw-Bereich hinausgehende Probleme sehen die beiden Glasexperten. "Wir bieten bei Bedarf auch Trainingsmodule für die Sensorik von Lkw an", berichtet Andreas Müller. "Hier können die Autoglaser mittlerweile auf bezahlbare und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Diagnosegeräte von Texa, Wabcowürth und Hardware von Josam zurückgreifen, die markenübergreifend fast alle Lkw abdecken. "Wer hier als freie Werkstatt kompetent auftreten will, braucht sich deshalb nicht mehr von jedem Lkw-Hersteller die Hard- und Software kaufen", erklärt Andreas Müller. "Bei Preisen von durchschnittlich 7.500 Euro pro Marke, hat das so manchen Betrieb in der Vergangenheit vor erhebliche finanzielle Probleme gestellt."

Um solche oder ähnliche Probleme zu lösen, sucht die eigens gegründete Fachgruppe FAS/Diagnose im BVA, der auch Andreas Müller und Martin Klein angehören, immer nach Branchen-Kontakten in alle Richtungen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

So erwartet man bereits jetzt, wenn Audi demnächst mit seinem neuen Z/FAS-Steuergerät (zentrales FAS-Steuergerät) auf dem Markt kommen wird, dass sich die Fehlerhäufigkeit nach einem Windschutzscheibenwechsel deutlich erhöht. "Da dann nur noch ein Steuergerät alle Daten verwalten wird, und nicht drei oder mehr, wie vorher, führt das auch zu einer Konzentration der Fehler in der Software", erklärt Müller. Doch die beiden Kfz-Profis und ihr Niederlassungsleiter Andreas Pszczolinski, der in Neu-Ulm das Autoglas Schulungszentrum verwaltet, werden auch hierfür Lösungen in ihren Schulungen anbieten.

Eines steht fest: Autoglaser ist kein Randberuf der Kfz-Branche mehr. Die Arbeit überschneidet heute viele Bereiche der Autobranche. Wie wichtig Fortbildung für die Autoglaser-Branche ist, formuliert Martin Klein daher so: "Geh mit der Zeit oder Du gehst mit der Zeit." Will heißen: Seit Gründung des ASC haben freie Autoglas-Werkstätten - aber auch alle anderen Automobil-Fachleute - jetzt die Möglichkeit, sich das nötige Knowhow für die Zukunft zuzulegen.

Kurzfassung

Kaum ein Teilbereich in der Kfz-Werkstatt hat sich in den letzten Jahren so drastisch verändert wie die Autoglaserei. Dieser Wandel hat vor allem seine Ursache bei den Fahrerassistenzsystemen, deren Sensoren oftmals in der Windschutzscheibe verbaut sind. Muss heute eine Windschutzscheibe gewechselt werden, müssen auch die Sensoren neu kalibriert oder justiert werden. Autoglaser benötigen daher tiefgreifende Kenntnisse der Fahrzeugdiagnose. Wissen, das sie im Autoglas Schulungs Center in Neu-Ulm erhalten können.

Das Autoglas Schulungs Center Neu-Ulm

Das Autoglas Schulungs Center ist ein eigenständiges Unternehmen, das für alle Teilnehmer der Branche offensteht. Schulungsleiter sind Andreas Müller und Martin Klein. Drei Trainingsmodule bieten sie derzeit an. Ein viertes ist in Vorbereitung.Modul 1: Vertiefte Grundkenntnisse aller relevanten Sensoren und Fahrerassistenzsysteme und deren Funktionsweise, Diagnose und Kalibrierung.Modul 2: Im Zentrum des zweiten Moduls steht die geometrische Fahrachse und deren Bedeutung für die Kalibrierung der verschiedenen Kamerasysteme. Hierzu werden auch die wesentlichen Komponenten des CSC-Tools und markenspezifische Unterschiede erläutert sowie dessen Anwendung geübt.Modul 3: Das dritte Modul setzt sich wesentlich mit der Justierung von Radarsensoren auseinander.Ab Herbst 2017 wird es dann noch ein viertes Modul geben, das sich mit der Einstellung der Around View-Cam und der Matrix-Scheinwerfer-Technologie beschäftigen wird. Alle Module dauern ein bzw. zwei Tage und sind idealerweise auf zehn Teilnehmer beschränkt. Die Preise sind von der Teilnehmerzahl abhängig. Sie beinhalten die Tagesverpflegung und alle Schulungsunterlagen. Aber auch so genannte In-Haus-Schulungen können gebucht werden. Hier sind die Preise ebenfalls von der Teilnehmerzahl abhängig. Als Schulungsfahrzeuge stehen ein Audi Q 7 und eine Mercedes C-Klasse mit allen Fahrerassistenzsystemen bereit.

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