Die Zukunft gehört dem autonomen Fahren. Allerdings wird in den nächsten zehn Jahren erst einmal das Segment der Assistenzsysteme beträchtlich wachsen. Der Einsatz selbstfahrender Autos bleibt vorerst auf Pilotprojekte beschränkt. Sie sind technisch noch nicht ausgereift und zu teuer für den Massenmarkt, heißt es in der aktuellen Studie "An Autonomous Car Roadmap for Suppliers" der internationalen Managementberatung Bain & Company.
Autozulieferer müssten eine duale Strategie fahren: zum einen die heutigen Assistenzsysteme leistungsfähiger machen, zum anderen ihre Kompetenzen in der Entwicklung des autonomen Fahrzeugs ausbauen. Das vollständig selbstfahrende Auto bleibt zunächst einzelnen Anwendungsbereichen und -orten vorbehalten. Denn die rechtlichen Rahmenbedingungen schränken das autonome Fahren noch auf eng begrenzte Testgebiete ein. Interessant werden selbstfahrende Autos in den nächsten Jahren vor allem für Taxiunternehmen und Mobilitätsanbieter, die die hohen Kosten für vollautonome Fahrzeuge etwa durch Personaleinsparungen wettmachen können.
Der Massenmarkt werde zunächst weiter von traditionell fahrergesteuerten Autos bestimmt. Doch immer umfangreichere und leistungsfähigere Assistenzsysteme ermöglichen ein mehr und mehr teilautonomes Fahren, heißt es in der Studie. Das weltweite Marktvolumen für Zulieferer steigt laut Bain-Analysen bis 2025 auf 22 bis 26 Milliarden US-Dollar, was einem jährlichen Wachstum von 12 bis 14 Prozent entspricht.
Skepsis bleibt hinsichtlich Verlässlichkeit
Die Kunden versprechen sich von Assistenzsystemen mehr Sicherheit und Komfort. Gleichwohl haben sie Bedenken hinsichtlich der Verlässlichkeit der Technologie. Die Mehrzahl der Kunden ist jedoch nicht bereit, für verbesserte Assistenzsysteme, beispielsweise autonomes Autobahnfahren, deutlich mehr zu zahlen als für einen heute gängigen adaptiven Tempomaten. Noch haben viele der neuen Technologien Kostensenkungspotenzial, wenn sie in Großserie gehen.
Hochautonome Systeme werden 2025 laut Bain-Studie selbst im optimistischsten Szenario nur in etwa zehn Prozent der Neuwagen eingebaut sein. Und dabei sind auch diejenigen Systeme berücksichtigt, die es dem Fahrer nur in bestimmten Situationen erlauben, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, statt sich auf den Verkehr zu konzentrieren.
„Die großen Automobilzulieferer müssen in beiden Märkten präsent zu sein“, betont Christoph Schlegel, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. "Das Segment der Assistenzsysteme garantiert die Umsatzvolumina der nächsten Jahre, während das autonome Fahren das zukünftige Geschäft sichert."
Weitere Datenquellen nötig
Die heutigen Assistenzsysteme benötigen nur relativ einfache Objekterkennungs- und Reaktionsmuster. Teil- oder vollautonomes Fahren hingegen erfordert die Zusammenführung aller verfügbaren Daten, um ein ausreichend exaktes Modell der Umwelt zu erstellen. Zusätzlich zu den schon heute in vielen Autos eingebauten Kameras und Radaren werden weitere Datenquellen notwendig, wie Laserradare (LiDAR), hochauflösende Straßenkarten und aktuelle Crowdsourcing-Informationen.
Automobilzulieferer kämen vor diesem Hintergrund nicht umhin, ihre Kompetenzen zu erweitern, insbesondere in der Softwareentwicklung. Darüber hinaus müssten sie attraktiver für Top-Talente werden. Dies erfordere vielerorts einen Kulturwandel in Richtung Technologieunternehmen und das Aufbrechen von Hierarchien. Auch die Konkurrenz verändere sich, Quereinsteiger aus der Technologiebranche würden ebenso auf den Plan treten wie neue Zulieferer aus Schwellenländern wie China. Um dem begegnen zu können, werden Akquisitionen und Partnerschaften immer wichtiger, um an Know-how, Technologie und Mitarbeiter zu gelangen.
"Zulieferer müssen eine Szenarioplanung einführen, mit deren Hilfe sie mögliche Entwicklungen identifizieren und Anpassungen rechtzeitig durchführen können", so Bain-Partner Heider. "Für die Unternehmen bedeutet das, sich technologisch und organisatorisch ständig weiterzuentwickeln." (asp)
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