Montage von UHP- und Runflat-Reifen
Sie haben die 15-Grad-Celsius-Regel für die Montage von UHP- und Runflat-Reifen bereits verinnerlicht? Es gibt eine Präzisierung: Die ideale Temperatur liegt zwischen 24 und 27 Grad Celsius, wie weitere Untersuchungen ergaben.
Gründet eine Filiale in Griechenland und montiert dort eure UHP- und Runflat-Reifen“, lautete der nicht wirklich ernst gemeinte Vorschlag eines Teilnehmers des 2008er Round-Table Reifentechnik bei Tip Top in Poing bei München. Der Zwischenruf offenbart den Grad der Frustration in der Branche.
BMW stellte, beginnend mit dem Z4 in 2002, nahezu alle Baureihen auf Runflat-Reifen um; inzwischen spricht man von sage und schreibe 19 Runflat-Reifen-Generationen. Einige andere Autobauer folgten halbherzig, entwickelten zum Teil eigene Lösungen (Mercedes MO Extended). Dass bereits bei der Montage dieser Reifen im Werk Schäden an Innerliner und Wulst auftraten, bemerkte BMW scheinbar nicht, denn die Erkenntnisse des Reifensachverständigen Michael Immler wurden zunächst heftig dementiert. Erst der 2006er Round-Table Reifentechnik und die Berichterstattung in asp/Räder&Reifen brachten den Stein ins Rollen. Dann ging alles schnell, zumindest schneller als in der Kfz-Branche gewohnt: Gründung eines Arbeitskreises beim WDK, Erstellung von Montage- und Demontageanleitungen für UHP- und Runflat-Reifen sowie Fixierung von Weiterbildungsmaßnahmen und Ver-fassen einer Prüfleitlinie für Montiermaschinen innerhalb von 18 Monaten.
So weit, so gut. Alles in Butter, könnte man meinen, wäre da nicht der Teilrückzug von BMW. Seit Produktion März 2009 werden BMW 1er und 3er sowie der Mini in deren Grundausstattungen wieder mit konventionellen Reifen bestückt. Runflat-Reifen gibt es nur noch auf optionalen Rädern. Ob sich so mancher Branchenteilnehmer nach dieser Nachricht auf den Arm genommen fühlt? Vermutlich.
Hinzu kommt, dass es Alternativen zu Runflat-Reifen gibt und diese auch zum Einsatz kommen: Bridgestone Sicherheitsring (BSR) beim Toyota RAV4 D-Cat mit Executive-Ausstattung, Conti-Seal-Reifen beim VW Passat CC, Kleber-Protectis-Reifen im Ersatzteilmarkt (zurückgezogen). Rechtfertigt das alles den riesigen Aufwand bezüglich Runflat-Reifen?
Warm geht es schneller
Mit dem bisher bekannten Aufwand ist es nach jüngsten Erkenntnissen noch nicht getan. Die im Rahmen der genannten Montage- und Demontageanleitung de-finierte 15-Grad-Celsius-Regel stellt le-diglich den Einstieg in die schadenfreie Problemreifen(de)montage dar.
Während des 15. Round-Table Reifentechnik, der im April bei Tip Top in Poing stattfand, wurden 24 bis 27 Grad Celsius Wulstkerntemperatur als ideal für Mon-tage und Demontage genannt. Das ist ein Ergebnis einer weiteren Untersuchung des Reifensachverständigen Michael Immler, unterstützt von Alexander Bockenheimer (staatliche Materialprüfungsanstalt Darmstadt) und Franz Nowakowski (Dekra). Allerdings: „Ab 32 Grad Celsius tritt ein gegenteiliger Effekt ein, der Kraftaufwand vergrößert sich wieder“, so der Sachverständige, der angesichts der erhöhten Temperaturen die Nachbehandlung mit Gleitmittel oder den Einsatz eines temperaturbeständigen Spezialmittels empfiehlt: „Bei diesen Temperaturen verkürzt sich die Trocknungszeit des Gleitmittels gra-vierend.“ Michael Immler weiter: „Es ist vorteilhaft, nicht nur die Wulste, sondern die gesamten Seitenwände gleichmäßig zu erwärmen, damit der Reifen weicher und flexibler auf die auftretenden Kräfte re-agiert. Es kann heute ohne jeden Zweifel bewiesen werden, dass neben den besseren Kraftmesswerten die Zeitersparnis einen wesentlichen Faktor darstellt.“ Die für die Erwärmung der Reifen nötige Zeitspanne dürfte allerdings deutlich größer sein als die Zeitersparnis, die bei Montage 24 Grad Celsius warmer Reifen eintritt. P. Diehl
Zusammenfassung
Schadenverhütung
zur beschädigungsfreien Montage und Demontage von UHP- und Runflat-Reifen muss deren so genannte Wulstkerntemperatur mindestens 15 Grad Celsius betragen, ideal sind 24 bis 27 Grad Celsius
ab 32 Grad Celsius tritt ein gegenteiliger Effekt ein
bei den genannten Temperaturen verkürzt sich die Trocknungszeit des Gleitmittels gravierend, deshalb muss nachbehandelt oder ein temperaturbeständiges Spezialgleitmittel verwendet werden
werden nicht nur die Wulste, sondern die kompletten Seitenwände gleichmäßig erwärmt, sind Reifen noch besser montierbar
Weiterbildung
Stiftungs-Rat
Das Weiterbildungszentrum Stahlgruber-Stiftung hat Mitte 2009 das Schulungsprogramm überarbeitet und ergänzt, wobei es vor allem um diese Kurse ging:
Lkw-Reifen Technik & Praxis
Lkw-Reifen-Reklamationen kundenorientiert bearbeiten
Funkentstörung im Kfz
Smart Repair
Sachkunde Klimaanlagen
Der letztgenannte Kurs wurde den Anforderungen der seit einem Jahr EU-weit gültigen Chemikalien-Klimaschutzverordnung V angeglichen. Die Stiftung erhielt Ende April 2009 – als eine der ersten bayerischen Weiterbildungseinrichtungen, wie man in München betont – die im Rahmen der Verordnung nötige Anerkennung durch das Landesamt für Umwelt.
Anmeldung:
Tel. 0 89/71 00 21 03, Fax 71 00 21 06
sekretariat@stahlgruber-stiftung.de
www.stahlgruber-stiftung.de
- Ausgabe 8/2009 Seite 10 (416.9 KB, PDF)