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Werkstatttests: Gute Tage - schlechte Tage

01.06.2018 11:00 Uhr
Werkstatttest
Mystery-Shopping in der Werkstatt: Auch der Umgang mit Kunden wird geprüft.
© Foto: AdobeStock/YakobchukOlena

Der Wert von Werkstatttests als Instrument zur Qualitätssicherung ist umstritten. Die Systemzentralen der großen Werkstattkonzepte verfolgen ganz unterschiedliche Strategien.

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Wenn der ADAC einen neuen Werkstatttest veröffentlicht, geht das große Zittern um. Denn so manche Werkstattmarke hat sich dabei schon öffentlichkeitswirksam blamiert. Für den letzten Werkstatttest 2016 wurden Werkstätten der zehn zulassungsstärksten Fahrzeughersteller besucht sowie 25 Filialen der freien Konzepte 1a Autoservice, Autofit, Bosch Car Service, Meisterhaft sowie die Kette ATU. Der ADAC bemängelte vor allem bei den freien Betrieben Probleme bei Strukturen und internen Prozessen. Der Hauptvorwurf: Inspektionslisten des Herstellers wurden teilweise nicht gewissenhaft abgearbeitet.

Klar zu trennen von solchen Endkundentests sind verdeckte Werkstatttests, die die Fahrzeughersteller und Konzeptgeber im freien Markt in ihren eigenen Netzen durchführen. Hier geht es zwar nicht um Schlagzeilen - beliebt sind die Maßnahmen aber nicht bei den Betrieben. Wir haben die Systemzentralen der Werkstattkonzepte befragt, wie sie Werkstatttests handhaben. Antworten haben wir von ATR, Bosch Car Service, Motoo und Coparts bekommen. So hat uns beispielsweise interessiert, wie oft die Systemgeber Tests durchführen. Bei der Teilekooperation ATR werden die Systempartner alle zwei Jahre getestet. Insgesamt hat ATR laut eigenen Angaben seit 2014 bereits 2.300 Tests durchführen lassen, die mit Hilfe der Prüforganisation TÜV SÜD realisiert wurden. Bei Bosch Car Service findet der verdeckte Werkstatttest alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit einer Prüforganisation statt. Beim Werkstattsystemgeber Motoo werden hingegen einmal pro Jahr versteckte Werkstatttests durchgeführt. Dabei werden pro Jahr nach einem rollierenden Prinzip rund zehn Prozent der Werkstattpartner getestet. Auch Motoo arbeitet mit einer Prüforganisation zusammen. Bei PV Automotive werden Werkstatttests rund alle zwei Jahre rollierend bei den Systempartnern durchgeführt. Bei Coparts finden aktuell keine Werkstatttests statt, es sollen jedoch in Abstimmung mit den Coparts-Gesellschaftern praxisgerechte Maßnahmen durchgeführt werden. Michael Klüglich, Marketing- und Systemleiter bei der Coparts Autoteile GmbH, verweist auf das umfangreiche Schulungsprogramm der Gruppe.

Typische oder atypische Fehler

Axel Birngruber, Leiter Werkstattsysteme bei WM SE, verweist auf die Unabhängigkeit der Betriebe: "Unsere Werkstatt-Partner sind freie und unabhängige Unternehmer, die sich ungerne einen Werkstatttest von einer Zentrale vorschreiben lassen", erklärt Birngruber. "Wir empfehlen unseren Partnern, selbst Mystery-Tests in den Betrieben durchzuführen." WM gibt den Unternehmern Formulare an die Hand, wie ein Werkstatttest ablaufen könnte.

Das Prozedere bei Werkstatttests sieht häufig so aus: Ein Fahrzeug wird mit Mängeln versehen und anonym in die Test-Werkstatt gebracht, die die Mängel erkennen und beheben muss. Auch die Servicequalität wird dabei bewertet. Im Rahmen der Tests werden verschiedene Kriterien geprüft. Bei ATR orientieren sich die Tests an bei Fahrzeugherstellern bekannten Kriterien. Im Servicebereich werden beispielsweise die Terminvereinbarung, Fahrzeugabgabe, Auftragserstellung, Auftragserweiterung, Fahrzeugabholung und Abrechnung bewertet. Im technischen Bereich wird eine Inspektion nach Herstellervorgaben mit fünf präparierten Fehlern geprüft. Zusätzlich werden der korrekte Ölstand und die korrekte Verwendung und Abarbeitung der Wartungspläne kontrolliert. Dabei fließen die Servicearbeiten zu 40 Prozent und die Technikarbeiten zu 60 Prozent in die Gewichtung ein.

Auch bei Bosch gliedert sich der Test in einen Service- und einen Techniktest. "Im Vordergrund unserer Werkstatttests steht die technische Fehlerfindung und der Werkstattkernprozess. Zudem werden auch so genannte weiche Faktoren erfasst, die Kundenzufriedenheit und Servicequalität beeinflussen", sagt Dan-Hendrik Bronkal, Leitung Bosch-Werkstattkonzepte Europa Mitte. Die Gewichtung der technischen Tests und der Servicethemen hält sich dabei die Waage.

Motoo prüft im Servicebereich unter anderem die telefonische Terminierung, das Erscheinungsbild des Betriebes, die Serviceannahme, die Auftragserteilung und die Rechnung. Im technischen Bereich kommen die Überprüfung der Werkstattabläufe, die Mängelerkennung bei der Inspektion sowie die Fahrzeugrückgabe hinzu. Auch bei Motoo wird die Reparatur- und Servicequalität zu je 50 Prozent gleich hoch gewichtet.

Service- und Techniktests

Bei PV Automotive sind Werkstatttests "nur" ein Bestandteil der Zertifizierung. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Audits, bei denen sämtliche Service- und Reparaturprozesse durchleuchtet, Dokumente überprüft und die Servicestrategie des Systempartners sowie die Ergebnisse von Kundenbefragungen besprochen werden. Im Rahmen der Zertifizierung werden Service- und Reparaturqualität gleich gewichtet. Der Systempartner muss dabei mindestens 85 Prozent der Punkte zur Bewertung der Reparaturqualität erzielen. Die digitale Ausstattung der Werkstatt oder digitale Performance im Internet spielen bei fast allen befragten Anbietern in der Bewertung bislang keine Rolle. Lediglich bei PV Automotive wird auch die digitale Performance im Rahmen der Auditierung überprüft.

Werkstatttests müssen sich oft den Vorwurf gefallen lassen, dass sie unfair sind, da sich bestimmte Fehler nur mit großem Aufwand von den Werkstätten herausfinden lassen. Wir wollten wissen, ob bei den Werkstatttests der Systemgeber typische oder atypische Fehler in die Fahrzeuge eingebaut werden. Bei ATR hält man sich hier strikt an inspektionsrelevante Vorgaben: Wird korrekt nach Herstellervorgaben gearbeitet, müssen alle Fehler gefunden werden. Auch bei Bosch Car Service sind die Tester angewiesen, "wirklichkeitsnahe" Fehler am Testfahrzeug zu verbauen, die sich nach dem verwendeten Fahrzeugtyp richten. "Die Betriebssicherheit darf zu keinem Zeitpunkt gefährdet werden und es darf kein dauerhafter Schaden am Fahrzeug verursacht werden", erklärt Dan-Hendrik Bronkal das Vorgehen. Dennoch wird bei Bosch auch versucht, anspruchsvollere Fehler einzubauen. Auch bei Motoo werden sowohl typische als auch atypische Fehler eingebaut. "Mit den Werkstatttests verfolgen wir das Ziel, unsere Partner bei der Optimierung ihrer Prozesse zu unterstützen. Dies bedeutet natürlich, dass wir auch schwierige Fälle in die Tests einbauen", erklärt Motoo-Systemleiter Thomas Michalzik.

Rückmeldung der Werkstätten

Nach Beendigung der Tests erhalten die Werkstätten eine Rückmeldung zu ihrem Ergebnis. Bei ATR bespricht der Prüfer nach der Fahrzeugabholung durch den Autofahrer das Testprotokoll in allen Punkten mit dem Werkstattinhaber und weist auch auf Verbesserungspotenzial hin, falls dies erforderlich ist. Besteht die Werkstatt den Test nicht, wird ein Gespräch mit dem Inhaber geführt und die notwendigen Maßnahmen besprochen. "Die Erfahrung zeigt, dass, falls ein Test nicht bestanden wurde, häufig der nächste Test positiv abgeschlossen wird. Systemausschlüsse gab es nur in einigen wenigen Fällen", erklärt Thomas Sülzle, Leiter Marketing Services bei der ATR Service GmbH. Verbesserungspotenzial gibt es hingegen häufig bei den Werkstattabläufen und Prozessen. Um das Niveau der Serviceleistung hoch zu halten, nimmt jeder ATR-Werkstattpartner deshalb alle zwei Jahre an speziellen Schulungen teil, die gezielt auf Prozesse, Service- sowie Reparaturqualität und Arbeiten nach Herstellervorgaben ausgerichtet sind.

Bei Bosch Car Service läuft das Verfahren ähnlich ab: Die getesteten Werkstätten werden direkt nach dem verdeckten Test darüber informiert und es wird ein Gespräch mit dem Tester geführt. Nach der Auswertung erfolgen gegebenenfalls weitere Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Partners. Besteht der Partner den Werkstatttest nicht, bekommt er beispielsweise ein Training durch einen qualifizierten Berater und im Anschluss einen Wiederholungstest. "Ist eine Weiterentwicklung nicht möglich, beenden wir allerdings die Partnerschaft. Das war bislang nur in wenigen einzelnen Fällen notwendig", erklärt Dan-Hendrik Bronkal.

Verbesserung der Servicequalität

Alle Werkstattsystemgeber bestätigen, dass durch die Werkstatttests die Servicequalität nachhaltig verbessert werden konnte. Bei ATR ist man überzeugt, dass die Maßnahmen greifen. Auch bei Bosch Car Service haben die Tests dafür gesorgt, ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau zu halten. "Verdeckte Werkstatttests unterstützen unsere Partner dabei, das von uns geforderte hohe Qualitätsniveau zu halten bzw. sich bei Bedarf weiterzuentwickeln", so Dan-Hendrik Bronkal. Auch bei Motoo ist man von der Wirksamkeit verdeckter Werkstatttests überzeugt. "Wir machen seit sieben Jahren Werkstatttests und können über diese Zeitspanne hinweg eindeutig feststellen, dass sich das Qualitätsniveau verbessert hat, resümiert Thomas Michalzik. Bei PV Automotive konnte durch häufige Audits und Tests ebenfalls die Qualität gesteigert werden.

Kurzfassung

Momentaufnahme ohne Aussagekraft, sagen die einen. Andere sehen in Werkstatttests ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung. Konzeptgeber von Werkstattsystemen gehen ganz unterschiedlich mit den versteckten Tests um.

"Die Kundensicht ist hilfreich"

Michael Zülch führt selbst im Kundenauftrag Werkstatttests durch und erklärt, warum sie als Instrument zur Verbesserung der Qualität durchaus Sinn machen - vorausgesetzt es gibt anschließend eine vernünftige Rückmeldung.

asp: Wie laufen Werkstatttests ab, die Sie im Kundenauftrag machen?
M. Zülch: Wir machen sehr viele Werkstatttests, beispielsweise im Auftrag von Werkstattkonzept-Gebern. Wir arbeiten dabei ausschließlich mit echten Endverbrauchern aus der jeweiligen Region, die nach einem ausführlichen Briefing in die Werkstatt gehen. Anschließend füllen die Tester einen detaillierten Fragebogen aus, in dem das Erlebnis vor Ort erfasst wird. Neben dem Mystery-Shopping im Betrieb machen wir auch teilweise Mystery-Calling und Mystery-Mailing, also Testanrufe in den Betrieben und Kontaktaufnahme per E-Mail.

asp: Was wird beim Mystery-Shopping getestet?
M. Zülch: Wir schauen uns die Prozesse in der Werkstatt an, aber auch weiche Faktoren wie das Erscheinungsbild oder die Freundlichkeit der Mitarbeiter. Dabei betrachten wir in der Regel die gesamte Kette von der Terminvereinbarung bis zur Rechnungsstellung, wenn der Kunde beispielsweise einen Kostenvoranschlag möchte oder sein Auto zur Inspektion bringt. Um ein konsistentes Bild zu erhalten und auch um uns abzusichern, besuchen wir jeden Betrieb - wenn möglich - grundsätzlich zweimal. Wegen des großen Aufwands und weil das ein ganz anderer Schwerpunkt wäre, arbeiten wir allerdings nicht mit manipulierten Autos, verstecken also keine Fehler in den Fahrzeugen. Sie müssen jedoch bestimmte Kriterien erfüllen, wie etwa ein bestimmtes Alter, Laufleistung o.Ä.

asp: Was passiert mit den ausgefüllten Fragebögen?
M. Zülch: Wir werten die Bögen aus und bereiten die Ergebnisse zusammen mit dem Auftraggeber indexbasiert auf. Je nach Auftraggeber können einzelne Punkte unterschiedlich gewichtet werden. Ganz wichtig: die getesteten Werkstätten werden mit den Ergebnissen der Kundenperspektive anschließend konfrontiert und wir helfen auch dabei Lösungen anzubieten, beispielsweise entsprechende Schulungen. Oft hilft die Sicht des Kunden den Betrieben bestimmte Prozesse zu verbessern oder kundenfreundlicher zu gestalten. Es geht niemals darum, jemanden in die Pfanne zu hauen, das ist auch gar nicht die Zielsetzung der Auftraggeber, die Werkstatttests als wichtiges Instrument zur Qualitätsverbesserung ansehen. Jeder Betrieb sieht bei den Ergebnissen auch immer, wo er im Vergleich zum Durchschnitt steht.

asp: Wo gibt es erfahrungsgemäß den meisten Verbesserungsbedarf?
M. Zülch: Ganz klar beim Umgang mit dem Kunden, oft bei denjenigen, die den direkten Kundenkontakt haben. Dass allzu häufig der Kundenkontakt gar nicht genutzt wird, um auch mal aktiv nachzufragen, wird meist auf den Zeitdruck geschoben oder aber man trifft auf die Haltung "Wenn der Kunde das gewollt hätte, hätte er doch gefragt...". Bedarfsorientierte Angebote werden leider immer noch nicht ausreichend gemacht. Dabei ist das oft nicht schwer. Wenn der Kunde das Auto dalässt und sagt: "Schauen Sie doch mal nach den Bremsen, dann ist das doch ein prima Anknüpfungspunkt für ein weiteres Geschäft. 95 Prozent der Kunden erwarten auch, dass die Werkstatt aktiv auf weiteren Reparaturbedarf am Auto aufmerksam macht. Das wird häufig damit verwechselt, dass Kunden "etwas aufs Auge gedrückt bekommen sollen". Darum kann es natürlich nicht gehen, sondern nur um das Erkennen von weiteren - dem Kunden eventuell nicht bekannten - Problemen oder Handlungsbereichen am Fahrzeug und ein entsprechendes Angebot. Dafür sind sie ja in einer Fachwerkstatt.

asp: Schauen die Konzeptgeber heute stärker auf die Qualität?
M. Zülch: Ja, diesen Eindruck habe ich. Das Augenmerk auf Qualität ist deutlich größer geworden. In den letzten zehn Jahren ging es in vielen Systemen in erster Linie um scjmelles Netzwachstum und das Thema Flächenabdeckung. Heute setzt sich zunehmend die Ansicht durch, dass die zugesicherten Standards und Qualitätsversprechen dem Kunden gegenüber sehr konsequent von den einzelnen Partnern gelebt und umgesetzt werden müssen.

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