Kurzfassung
Die Zukunftswerkstatt will ein lebendiges Programm für die Branche bieten. Dafür sorgen Edith Pisching, frisch gebackene Direktorin Zukunftswerkstatt 4.0, und Nico Hofmann, Technischer Leiter Zukunftswerkstatt 4.0.
asp: Sie sind beide noch relativ neu in der jeweiligen Position. Auf welche Arbeitsteilung haben Sie sich verständigt?
Edith Pisching: Im Hinblick auf die strategische Ausrichtung der Zukunftswerkstatt 4.0 zeichnet die Geschäftsführung unter Prof. Stefan Reindl und Prof. Benedikt Maier weiterhin verantwortlich. Meine Aufgaben liegen in der operativen Verantwortung für die Zukunftswerkstatt, vor allem im kaufmännischen Bereich. Die Betreuung und Vernetzung von Partnern und die Umsetzung von Veranstaltungen zusammen mit Partnern der Zukunftswerkstatt 4.0 sowie mit Gästen liegen ebenfalls in meinem Aufgabenbereich. Nico Hofmann hat als Technischer Leiter vor allem die Ausstattung im Blick und sorgt dafür, dass wir immer am Puls der technologischen Entwicklung und am besten einen Schritt voraus sind.
asp: Wie stark spricht das Land Baden-Württemberg mit?
E. Pisching: Das Land BaWÜ hat eine Anschubfinanzierung geleistet, aber die Vorgabe war von Anfang an, dass sich die Zukunftswerkstatt selbst tragen muss - das realisieren wir mit Beiträgen der Partner und dem Veranstaltungsgeschäft. Die Verantwortung dafür liegt alleine bei der Betreibergesellschaft. Ansonsten hat das Land keine inhaltlichen Vorgaben gemacht. Die drei Gesellschafter [Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU), die Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT) und das Institut für Automobilwirtschaft (IfA)] haben sich dazu verpflichtet, eventuelle Überschüsse auch wieder in die Zukunftswerkstatt zu reinvestieren.
asp: Was ist bisher passiert?
E. Pisching: In den ersten drei Monaten meiner Tätigkeit war kein Tag wie der andere! Wir haben sehr viele unterschiedliche Veranstaltungsformate mit unterschiedlichen Gästen - das reicht vom Autohaus, das mit den eigenen Azubis die Zukunftswerkstatt besucht, bis zur Verbandsveranstaltung. Die Partner nutzen die Zukunftswerkstatt ebenfalls gerne für Mitarbeiter-Veranstaltungen oder Produktpräsentationen für Kunden. Die Formate müssen aber immer Bezug zur Branche haben, wir wollen keine beliebige Eventlocation sein. Die Zahl der Partner wächst kontinuierlich und wir konnten schon einige neue Partnerschaften innerhalb des Netzwerks initiieren.
Nico Hofmann: Dazu kommen die Produktschulungen der Partner für die eigenen Vertriebsmitarbeiter. Dafür bietet unsere Werkstatt zusammen mit den Seminarräumen hervorragende Voraussetzungen. Zuerst wird die Theorie in den Seminarräumen vermittelt und anschließend kann das gleich ausprobiert werden. Wir bieten zwei komplett ausgerüstete Reparatur-Arbeitsplätze, einer von beiden ist speziell für Elektrofahrzeuge konzipiert. Zudem dürfen wir im Nachbargebäude die Wasserstoffwerkstatt nutzen.
asp: Wie wichtig ist das Thema Schulung und Wissensvermittlung?
E. Pisching: Ohne die Unterstützung durch Schulungen wird es für Kfz-Betriebe sicherlich schwer werden, die derzeit stattfindenden Transformationsprozesse zu bewältigen. Daher sind wir momentan dabei, ein Schulungsprogramm auf die Beine zu stellen, das Interessierte buchen können. Die Zukunftswerkstatt ist prädestiniert, um als Schulungsort genutzt zu werden. Allerdings wollen wir hier besonders auf zukunftsträchtige Themen abzielen. Wir hoffen darauf, ab Mitte des Jahres ein konkretes Angebot machen zu können.
asp: Wen haben Sie als Zielgruppe im Blick?
N. Hofmann: Wir sprechen mit unseren Angeboten den Markenhandel und den markengebundenen Service an, aber auch die freie Werkstatt. Wir haben neben den Werkstattarbeitsplätzen ja auch eine Menge zum Thema Verkauf und Point of Sales im Autohaus zu bieten. Bei uns kommen die modernsten Technologien zum Einsatz, beispielsweise computergestützte Konfiguration von Fahrzeugen, virtuelle dreidimensionale Darstellung des zuvor konfigurierten Fahrzeugs. Oder denken Sie an die Verfolgung der Laufwege der Kunden im Autohaus, um zu einer optimalen Gestaltung des Verkaufsraumes zu kommen.
asp: Was zeichnet die Zusammenarbeit mit den strategischen Partnern aus?
E. Pisching: Mit den strategischen Partnern arbeiten wir die strategische Ausrichtung der Zukunftswerkstatt aus. Die Partner sind hier als Impulsgeber gefragt.
N. Hofmann: Und wir wollen uns mit der Branche verändern, wollen gewissermaßen den Puls der Branche spüren. Auch das ist mit den strategischen Partnern in besonderer Weise möglich.
asp: Und im Unterschied dazu besetzen die Systempartner ein technisches Feld?
N. Hofmann: Die Systempartner besetzen bestimmte Themenfelder - ein Werkstattausrüster beispielsweise das Thema Lichteinstellung oder Kalibrierung von Sensoren. Im Handelsbereich kann ein Systempartner beispielsweise das Thema Gebrauchtwagengarantie besetzen. Diese Partner sollen Impulse für ihren Bereich geben, aber sie haben keinen Anspruch auf Exklusivität. Als Innovationspartner - das ist die dritte Form der Partnerschaft - geht es darum, Technologien zur Verfügung zu stellen. Es geht um Ausrüstung für die Werkstatt oder für den POS. Auch hier gibt es keinen Exklusivitätsanspruch. Wir dürfen niemanden ausschließen - das war Anforderung der Anschubfinanzierung.
asp: Wie kriegen Sie die rund 120 Partner der Zukunftswerkstatt 4.0 unter einen Hut?
E. Pisching: Das ist schon eine Herausforderung und auch ein Lernprozess auf beiden Seiten: Wir können nicht immer wissen, was bei jedem Partner gerade läuft. Wir möchten daher die Partner auch dazu ermuntern, aktiv auf uns zuzugehen, wenn es neue Technologien gibt oder ein Update bestehender Systeme.
N. Hofmann: Momentan entstehen mehrere Gremien, um den Austausch ein Stück weit zu institutionalisieren. Unter anderem haben wir einen IAM-Expertenbeirat ins Leben gerufen, in dem Multiplikatoren der Branche Ideen einbringen. Wir sind außerdem dabei, einen Nachhaltigkeitsbeirat aufzusetzen. Hier zahlt sich die Nähe zum IfA und zur Hochschule aus. Vor allem für größere Unternehmen wird das Thema Nachhaltigkeit und das entsprechende Reporting künftig noch wichtiger werden.
asp: Wie wichtig ist das Networking innerhalb der Branche?
E. Pisching: Zu unseren Aufgaben gehört es, das Partnernetzwerk zu pflegen und Verbindungen herzustellen. Das Netzwerk soll nicht nur Richtung Autohäuser und Werkstätten strahlen, es geht auch darum, unter den Partnern Kontakte herzustellen. Deshalb planen wir im Juni ein großes Netzwerk-Event, bei dem sich die Partner untereinander austauschen können. Wir planen unterschiedliche Themeninseln, an denen man sich mit anderen Partnern austauschen kann. Im Ökosystem Automotive sind so viele Unternehmen tätig, von etablierten Branchengrößen bis hin zu Start-ups. Diese können über die neutrale Plattform Zukunftswerkstatt 4.0 Schnittpunkte ausloten.
N. Hofmann: Die Zukunftswerkstatt 4.0 ist als neutrale Plattform genau dafür prädestiniert. Es war den Erfindern bei der Gründung noch nicht bewusst, dass so ein großer Bedarf für den Austausch untereinander besteht.
asp: Hat sich Esslingen als Standort bewährt?
E. Pisching: Der Standort Esslingen liegt in einer Region, in der die Automotive-Industrie zu Hause ist; viele Unternehmen aus dem Automobilsektor sind in nächster Nähe. Wir strahlen aber auch überregional aus, wir haben viele Anfragen von Unternehmen aus anderen Bundesländern. Der Grund dafür ist, dass es so etwas wie die Zukunftswerkstatt 4.0 sonst nirgends gibt!
asp: Welches Zwischenfazit ziehen Sie?
E. Pisching: Wir sind sehr glücklich darüber, dass es so gut läuft und was in nur einem Jahr gelungen ist! Wenn man bedenkt, dass wir aufgrund der Corona-Beschränkungen im Grunde erst seit April 2022 operativ am Start sind, ist der Erfolg erstaunlich. An vier von fünf Tagen haben wir Programm in der Werkstatt. Natürlich müssen wir noch besser in der Branche bekannt werden, speziell im Handel.
N. Hofmann: Mit dem Partnerprogramm für Autohäuser und Werkstätten versuchen wir Anknüpfungspunkte zwischen Branchenbetrieben und der Hochschule, dem IfA und der Zukunftswerkstatt 4.0 zu strukturieren. Wir haben sieben Leistungsfelder definiert, die den Partnern im Partnerprogramm zugutekommen, unter anderem geht es um die vergünstigte Nutzungsmöglichkeit der Räumlichkeiten, um die Teilnahme an Veranstaltungen, aber auch um Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen. Zudem erhalten Partner einen Discount auf berufsbegleitende Studien und auf das Weiterbildungsprogramm.
- Ausgabe 4/2023 Seite 048 (316.7 KB, PDF)