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Interview mit Mann+Hummel-Experten: Auch E-Autos brauchen Filter

16.10.2023 08:19 Uhr | Lesezeit: 4 min
Michael Harenbrock
© Foto: Mann+Hummel

Wozu brauchen Elektroautos im Antrieb und in der Batterie Filter? Wir haben mit Michael Harenbrock vom Filterspezialisten Mann+Hummel darüber gesprochen, was sie in den Stromern bewirken und welche Entwicklungen hier zu erwarten sind.

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Kurzfassung: Auch in E-Autos gibt es im Antriebsstrang und für die Batterie-Kühlung spezielle Filter. Michael Harenbrock von Mann+Hummel hat uns die Funktionsweise erklärt und neueste Entwicklungen in diesem Bereich vorgestellt.

asp: Herr Harenbrock, wofür braucht man Filter im Antriebsstrang und in der Batterie eines E-Autos?

M. Harenbrock: Für Filter in Elektroautos gibt es zwei große Anwendungsfelder. Das eine Anwendungsfeld ist das Thermomanagement von Batterien, das andere die Kühlung der elektrischen Antriebseinheit. Dies umfasst den Elektromotor, aber auch die Leistungselektronik und das Getriebe, das die hohe Drehzahl des E-Motors auf die Straße bringt. Für beide Bereiche kommen sowohl Öle als auch Wasser-Glykol-Mischungen zum Einsatz. Beim Getriebe kommt man jedoch nicht um Öl herum. Die Zahnräder im Getriebe müssen geschmiert werden, das Öl hat hier also ähnliche Aufgaben wie das Getriebeöl eines Verbrenners. Für alle Komponenten der Antriebseinheit kann ein Filter verwendet werden, der den Abrieb und Partikel herausfiltern kann.

asp: Ist im Antriebsstrang des E-Autos oder der Batterie überhaupt mit Abrieb zu rechnen?

M. Harenbrock: Es stimmt, dass von außen keine Kontamination durch Abrieb oder Partikel stattfindet. Die Antriebskomponenten eines E-Autos werden in der Regel jedoch nicht unter Reinraumbedingungen hergestellt. Es können auf Bauteilen noch Verunreinigungen aus dem Produktionsprozess haften und so Partikel ins System gelangen. Unsere Filter sind also im Wesentlichen dazu da, die initiale Kontamination, die im System sein kann, abzutrennen.

asp: Aus welchen Materialien bestehen die Filter und welchen Abscheidegrad erfüllen sie?

M. Harenbrock: Die Filter im Antriebsstrang bestehen aus synthetischen Materialien wie Kunstfasern, manchmal müssen auch Glasfasern beigemischt werden. Diese Materialien müssen über die Lebensdauer des Fahrzeugs funktionieren. Ein normales Filtermedium hat üblicherweise einen Abscheidegrad von 99,5 Prozent aller Partikel im Bereich von 50 bis 180 Mikrometer. Bei Elektroautos mit Mehrgang-Getrieben, die auch eine extra Hydraulik dafür integriert haben, müssen die Filtermaterialien schon Partikel ab zehn Mikrometer Größe abfangen. Wichtig ist: Es sollte nur so fein wie nötig filtriert werden. Denn je feiner das Filtermedium filtriert, desto mehr Energie benötigen die Pumpen, was wiederum der Traktionsbatterie mehr Energie entzieht und somit die elektrische Reichweite reduziert.

asp: Wie lange halten die Filter? Rechnen Sie mit einem Ersatzgeschäft?

M. Harenbrock: Die Filter sind auf die Lebensdauer eines Fahrzeugs ausgelegt. Man kann heute aber noch nicht sagen, wie lange die Lebensdauer ist, da kein OEM über die notwendige Erfahrung in diesem Bereich über alle Einsatzfälle hinweg verfügt. Die Filter lassen sich jedoch im Regelfall wechseln. Dennoch sehe ich das im Bereich der elektrischen Fahrzeuge eher nicht. Denn die Entwicklung bei E-Autos schreitet stetig voran und Kunden werden wahrscheinlich eher ein neues Auto kaufen, als ein altes mit einer neuen Batterie oder Antriebseinheit auszustatten und damit auch den Filter zu wechseln.

asp: Was sind die Vorteile von Ölen im Vergleich zu Wasser-Glykol-Lösungen, die in vielen E-Autos zur Kühlung verwendet werden?

M. Harenbrock: Traditionell werden E-Motoren durch einen Kühlmantel gekühlt, durch den Wasser oder eine Wasser-Glykol-Mischung läuft. Das muss aber weit weg vom Motor gehalten werden, denn dort befinden sich leitende Bauteile. Damit ist die Kühlflüssigkeit nicht direkt in Kontakt mit besonders warmen Stellen, sodass die Kühlleistung fallbezogen nicht ausreicht. Wir sehen aber einen Trend zu ölgekühlten E-Motoren. Ein Öl ist nicht elek­trisch leitend, kann also näher an die Wärmequelle gebracht werden. Öl kann zwar generell schlechter Wärme abführen als eine Wasser-Glykol-Mischung, es lässt sich aber genau dort einsetzen, wo die Wärme entsteht. Deswegen wird das Konzept immer mehr nachgefragt. Bei der Batteriekühlung von E-Autos kommen im Regelfall aber noch Wasser-Glykol-Lösungen zum Einsatz. Oft werden hier Kühlplatten verwendet, auf denen die Batteriezellen stehen und durch die die Kühlflüssigkeit geführt wird. Eine besonders leistungsfähige Lösung verwendet durchströmte Kühlleitungen, die sich durch das System hindurchschlängeln, da diese auch die Wärme von den Zellwänden abführen können.

asp: Was für Filter gibt es im Bereich der Batteriekühlung?

M. Harenbrock: Unser Filter Coolant ­Clean ist in verschiedenen Baugrößen erhältlich und eignet sich für die Filterung von Wasser-Glykol-Lösungen, die zur Kühlung der Batterie eingesetzt werden. Er eignet sich aber auch zur Kühlung von Prozessoren, die zum Beispiel für das ­autonome Fahren eingesetzt werden. Hier werden wir in Zukunft eine sehr große Rechenpower sehen, die auch gekühlt werden muss. Auch zur Kühlung von Brennstoffzellen eignet sich dieser Filter. Coolant Clean ist ein Siebfilter, der große Partikel und Späne herausfiltern kann, die im Zweifelsfall Verschleiß an Pumpen hervorrufen können und dadurch die Pumpenleistung reduzieren. 99 Prozent Abscheidegrade für Partikel, die größer als 500 Mikrometer sind, werden hier normalerweise eingesetzt. Der Druckverlust soll dabei so gering wie möglich sein. Auch dieser Filter lässt sich wechseln.

asp: Im Bereich der Batteriekühlung ist die Immersionskühlung mit Öl ein neuer Trend. Was halten Sie von der Technologie?

M. Harenbrock: Die Immersionskühlung finden wir sehr interessant und wir sind auch mit Kundenprojekten und in der Serie aktiv. Auch hier sind Filter wichtig, da das Öl bei der Immersionskühlung die Batteriezellen umspült und in Kontakt mit den Batteriegehäusen, den Batteriepolen und den Batterieschienen kommt. Sonst können Metallpartikel für einen Kurzschluss in der Batterie sorgen. Hier haben wir uns auch mit dem Thema Wasser in Ölen beschäftigt, denn im Vorratsbehälter für das Öl kann Feuchtigkeit aus der Luft eingetragen werden und Wasser ins Öl gelangen, das wieder abgetrennt werden muss. Hierfür haben wir auch ein Filtrationsmodul entwickelt.

asp: Gibt es auch noch luftgekühlte Systeme für die Batterie und benötigt man dort auch Filter?

M. Harenbrock: Ja, die ersten Systeme in E-Autos waren luftgekühlt, die meisten aktuellen Systeme haben aber eine Flüssigkeitskühlung. Bei luftgekühlten Systemen hat man zwei Möglichkeiten: Entweder entnimmt man die Luft zur Kühlung aus der Umgebung oder aus dem Fahrzeuginnenraum. Letzteres ist ein geschlossenes System, Ersteres ist ein offenes Kühlsystem. In beiden Fällen ist ein Kühlluftfilter sinnvoll. In der Luft von außen sollten keine Partikel sein, damit die Lüfter nicht schnell verschleißen. Die Luft im geschlossenen System sollte aber auch gefiltert werden, denn es können sich Kontaminationen im Fahrzeuginnenraum befinden.

asp: Was gibt es sonst noch für Filter-Entwicklungen im Bereich der E-Mobilität?

M. Harenbrock: Unter Elektromobilität verstehen wir nicht nur das Auto, sondern auch das Ökosystem drumherum. Dazu gehören auch Schnelllader, die viel Wärme erzeugen und mit Luft oder Kühlflüssigkeit - auch hier eine Wasser-Glykol-Lösung - gekühlt werden müssen. Und die benötigen auch Filter. Gerade im Megawatt-Bereich für das Laden von Trucks werden in Zukunft Kühlflüssigkeiten und entsprechende Filter immer wichtiger. Hier haben wir die ersten Projekte im Serieneinsatz. Wenn man gezielt danach schaut, findet man im Bereich E-Mobilität immer neue Einsatzmöglichkeiten.

Diese Filter kommen im E-Auto zum Einsatz
Obwohl ein E-Auto im Gegensatz zum Verbrenner kein Motoröl benötigt, das gefiltert werden müsste, finden sich dennoch im Antrieb und in der Batterie Filter. In folgenden Bereichen kommen sie zum Einsatz:
- Filtration der E-Achse
E-Achsen oder Electric Drive Units können einen gemeinsamen Flüssigkeitskreislauf für die drei Komponenten E-Motor, Leistungselektronik und Getriebe verwenden. Hier ist ein Filter zur Partikelabscheidung notwendig.
- Filtration für Batteriesysteme
Bei luftgekühlten Batterien kommen Kühlluftpartikelfilter zum Einsatz. Flüssiggekühlte Batterien mit einer Wasser-Glykol-Mischung müssen durch Filter vor Partikeln geschützt werden, die beispielsweise von den Oberflächen der verbauten Komponenten oder aus Montageprozessen stammen.
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