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Klimaservice: Gemischte Alternativen

23.03.2025 08:11 Uhr | Lesezeit: 6 min
Aufgrund der in der EU vorgeschriebenen Verknapppung des Kältemittels R134a könnte es bald zu noch höheren Preisen kommen.
Aufgrund der in der EU vorgeschriebenen Verknapppung des Kältemittels R134a könnte es bald zu noch höheren Preisen kommen.
© Foto: AdobeStock/JU.STOCKER

Die Verfügbarkeit des Kältemittels R134a wird auch in den kommenden Jahren weiterhin künstlich reduziert. Gleichzeitig steigt die Haltedauer älterer Fahrzeuge, die ein Kältemittel benötigen. Mit den Kältemitteln R456A und R513a gibt es Alternativen.

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Der Klimaservice wird in Zukunft ein immer wichtigerer Bestandteil in der Kfz-Werkstatt. Zum einen stellen Fahrzeuge mit einem Thermomanagementsystem den Fahrbetrieb ein, sobald die Klimaanlage leer ist und dementsprechend auf entsprechende Arbeiten in der Werkstatt angewiesen sind. Schließlich wird für jedes auf dem Markt gängige Kältemittel (R134a, R1234yf und R744) ein gesondertes Klimaservicesystem vorausgesetzt. Die Wartung der Klimaanlage bzw. des Thermomanagementsystems entwickelt sich vom saisonalen zum ganzjährigen Geschäfts- und Servicefeld für die Werkstätten. Daher ist das Angebot eines zuverlässigen Klimaservice maßgeblich für den Werkstatterfolg. Zudem setzten immer mehr Hersteller auf CO2 -Wärmepumpen. Somit werden Wartung und Reparatur an diesen Fahrzeugen bald zum Werkstattalltag gehören. Der Markt wird sich auch weiterhin verstärkt in Richtung Klimaneutralität entwickeln. Nicht zuletzt durch die zunehmende Bedeutung der E-Mobilität werden immer mehr Fahrzeuge mit dem Kältemittel R744 befüllt. Zudem wird verstärkt an umweltverträglichen und klimaneutralen Kältemitteln geforscht, die im Vergleich zu herkömmlichen Kältemitteln anders und einfacher zu handhaben sind.

Seit 1. Januar 2017 dürfen Neufahrzeuge der Typklassen M1 und N1 nur noch mit dem umweltfreundlichen Kältemittel R1234yf befüllt werden. Allerdings ist der Bestand an Fahrzeugen, die noch mit dem klimaschädlichen Kältemittel R134a kühlen, immer noch hoch. "R134a wird immer weiter verknappt, aber die Fahrzeuge sind noch am Markt. Das Durchschnittsalter des Fahrzeugbestandes ist in den letzten Jahren wieder deutlich angestiegen. Diese Fahrzeuge müssen aber weiterhin serviciert werden", so Ulf Kotzerke, Klimaspezialist bei WOW.

Drop-in-Kältemittel

Dafür bietet die Industrie alternative Kältemittel, sogenannte "Drop-in" Kältemittel an. Als Ersatz für R134a dient zum Beispiel R456A, dessen GWP-Wert nur halb so hoch ist wie der von R134a. Der GWP-Wert (GWP, Global Warming Potential) ist ein Maß für das Treibhauspotenzial eines Kältemittels.

R456A ist ein nicht brennbares Gemisch aus den Kältemitteln R134a (44-46 Prozent), R1234ze (E) (48-50 Prozent) und R32 (5-7 Prozent). Der GWP-Wert von R456A ist aufgrund seiner Zusammensetzung mehr als 50 Prozent geringer als der von R134a. Die Klimaservicegeräte, die bislang mit R134a befüllt wurden, können in den meisten Fällen auch mit R456A betrieben werden und sind teilweise sogar dafür von den Geräte-Herstellern zertifiziert. Es sind jedoch einige Punkte zu beachten, wie uns Ulf Kotzerke erklärt: "Unsere Geräte der WOW! Coolius-Serie (A10, A30, A50) können auch mit R456A verwendet werden. Dafür darf die Maschine jedoch nur für einen Typ eines zugelassenen Kältemittels aktiviert werden. Eine Verunreinigung zwischen verschiedenen Kältemitteln ist unbedingt zu vermeiden. Maschinen, die zuvor etwa mit R134a betrieben wurden, müssen vollständig entleert und evakuiert werden, ebenso muss der Trocknerfilter getauscht werden. Danach muss das Gerät mit mindestens sechs Kilo des neuen Kältemittels befüllt werden, um Verunreinigungen zu minimieren. Außerdem sollte das Gerät mit einem Aufkleber gekennzeichnet sein, mit welchem Kältemittel es im Einsatz ist."

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Für Fahrzeuge, bei denen das Kältemittel nicht Bestandteil der Typzulassung ist, wird das Mischkältemittel R513a empfohlen. Dies betrifft hauptsächlich Busse, Baumaschinen und stationäre Anlagen. Es ist offiziell nicht für Pkw und Lkw der Typklassen M1 und N1 zugelassen, sondern nur für die Typklassen M2 und M3, auch wenn es technisch durchaus geeignet ist. Bei R513a handelt es sich um eine Mischung aus R134a und R1234yf mit nahezu identischen technischen Eigenschaften. Es ist nicht brennbar und in die gleiche Sicherheitsstufe der Klasse A1 wie R134a eingeordnet.


"Eine Verunreinigung zwischen verschiedenen Kältemitteln ist unbedingt zu vermeiden."

Ulf Kotzerke, WOW


Austausch der Kältemittel

Normalerweise ist also der Tausch des Kältemittels R134a gegen das Drop-in R456A kein Problem. Die Anbieter von Klimaservicegeräten geben dennoch einige wichtige Hinweise und schützen sich insbesondere vor möglichen Regressforderungen. Auf der Webseite eines Anbieters lesen wir: "Eine bereits aktivierte Station, die mit R134a arbeitet, kann umgeru?stet werden. Dazu muss das Gerät zunächst entleert werden (Empfehlung: Vakuum mindestens 20 Minuten). Zudem ist der Austausch des Filters und Kennzeichnung an gut sichtbarer Stelle erforderlich." Und weiter heißt es, eine mit R456A befu?llte Klimaanlage muss durch ein gut sichtbares Etikett erkennbar sein. Weiterhin gilt: HFO kompatible Öle und Kontrastmittel sind auch mit R456A kompatibel. Die Betriebstemperaturen und -dru?cke von R456A sind denen von R134a ähnlich. Auch die bei einer Wartung zuru?ck­gewonnenen Ölmengen sind denen von R134a ähnlich.

ZDK ist skeptisch

Der Zentralverband Deutsches Kaftfahrzeuggewerbe (ZDK) ist mit seiner Empfehlung eher vorsichtig und rät Werkstätten, die Verwendung sorgfältig abzuwägen. Wörtlich heißt es (siehe Kasten unten): "Aufgrund der aufgeführten Aspekte empfiehlt das Kfz-Gewerbe, R456A nur dann als ,Drop-in'- Ersatz für R134a in entsprechenden Kraftfahrzeug-Klimaanlagen einzusetzen, sofern die aufgeführten gesetzlichen Vorschriften erfüllt sind und die ausdrücklichen Freigaben des jeweiligen Fahrzeugherstellers/-importeurs schriftlich vorliegen, damit haftungsrechtliche Konsequenzen weitestgehend vermieden werden können." Der Verband sagt es ganz explizit: Ohne ausdrückliche Freigabe des Fahrzeugherstellers/-importeurs übernimmt die Kfz-Werkstatt, die ein "Drop-in" durchführt, die volle Haftungsverantwortung und ist somit für deren Sicherheit und Konformität der Kraftfahrzeug-Klimaanlage verantwortlich. Das Befüllen von Kraftfahrzeug-Klimaanlagen mit einem anderen als dem werkseitig verfüllten Kältemittel könne gegebenenfalls zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und/oder zum Erlöschen von Garantien führen.

Auf der anderen Seite ist eines sicher: Die Verwendung der geprüften Drop-in-Mischungen wie R456A ist immer noch besser als jene Lösungen, die auf Ebay unter dem Stichwort Drop-in angeboten werden. Die dort erhältlichen Servicesets enthalten unter Umständen reines Propangas. Dieses ist extrem entzündlich und kann beim nächsten Klimaservice in der Werkstatt zu fatalen Unfällen führen.


Empfehlungen des ZDK zum "Drop-in" Kältemittel R456A

Technisch ist R456A grundsätzlich als Ersatz für R134a in bestehenden Pkw-Klimaanlagen geeignet. Die Betriebstemperaturen und -drücke von R456A in Kraftfahrzeug-Klimaanlagen sind in etwa vergleichbar mit denen von R134a. Es erfordert keine Ölwechsel der PAG-Öle oder andere Änderungen bei der Umrüstung. Die Kälteleistung bei älteren Kraftfahrzeugen kann mittels "Drop-in" um etwa zehn Prozent erhöht werden. Trotz der technischen Eignung sind vor einem "Drop-in" für R134a mit R456A die nachfolgenden Aspekte zwingend zu berücksichtigen:

▪ Konformität bezüglich der gesetzlichen Vorschriften

Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2006/40/EG schreibt vor, dass Kältemittel mit einem GWP (Global Warnung Potential) > 150 in Klimaanlagen von neu typgenehmigten Fahrzeugen ab dem 01.01.2011 und in allen neuen Fahrzeugen ab dem 01.01.2017 nicht mehr verwendet werden dürfen. Kraftfahrzeuge, die vor diesen Stichtagen typgenehmigt oder erstmals zugelassen wurden, dürfen weiterhin mit dem Kältemittel R134a oder gegebenenfalls einem geeigneten Ersatz-Kältemitteln wie R456A betrieben werden. Das Nachfüllen von Kältemittel in Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen, die vor dem 01.01.2017 zugelassen wurden, ist unter Beachtung des Vermischungsverbots von Kältemittel weiterhin erlaubt.

▪ Vorgaben der Fahrzeughersteller/-importeure

Eine Befüllung von Kraftfahrzeug-Klimaanlagen mit einem anderen Kältemittel als mit dem werkseitig verfüllten Kältemittel sollte nur erfolgen, wenn eine ausdrückliche Freigabe des Fahrzeugherstellers/-importeurs vorliegt. Daher ist es für Kfz-Werkstätten wichtig, stets die Vorgaben der Fahrzeughersteller/-importeure bezüglich der Freigaben für Kältemittel zu beachten. Das Befüllen von Kraftfahrzeug-Klimaanlagen mit einem anderen als dem werkseitig verfüllten Kältemittel kann gegebenenfalls zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und/oder zum Erlöschen von Garantien führen.

▪ Haftungsrechtliche Konsequenzen

Sofern R456A als Ersatz-Kältemittel in Kraftfahrzeug-Klimaanlagen mit dem werkseitig verfüllten Kältemittel R134a eingesetzt wird, kann dies zu haftungsrechtlichen Konsequenzen (§§ 474-479 BGB) für die verantwortlichen Personen von Kfz-Werkstätten führen (z. B., wenn Probleme/Defekte oder Unfälle auftreten sollten). Ohne ausdrückliche Freigabe des Fahrzeugherstellers/-importeurs übernimmt die Kfz-Werkstatt, die ein "Drop-in" durchführt, die volle Haftungsverantwortung und ist somit für deren Sicherheit und Konformität der Kraftfahrzeug-Klimaanlage verantwortlich.

Obwohl ein eindeutig und unmissverständlich formulierter Haftungsausschluss für Kfz-Werkstätten grundsätzlich möglich ist, muss beachtet werden, dass ein vollständiger Haftungsausschluss gegenüber Endkunden/Verbrauchern nicht möglich ist, sodass zumindest Restrisiken weiter bestehen werden.

Fazit

Kfz-Werkstätten sollten sorgfältig abwägen, ob ein "Drop-in"- Ersatz für R134a mit R456A angeboten werden kann. Aufgrund der aufgeführten Aspekte empfiehlt das Kfz-Gewerbe, R456A nur dann als "Drop-in"- Ersatz für R134a in entsprechenden Kraftfahrzeug-Klimaanlagen einzusetzen, sofern die aufgeführten gesetzlichen Vorschriften erfüllt sind und die ausdrücklichen Freigaben des jeweiligen Fahrzeugherstellers/-importeurs schriftlich vorliegen, damit haftungsrechtliche Konsequenzen weitestgehend vermieden werden können.




Kurzfassung

Der Klimaservice wird vom Saisongeschäft zur Ganzjahres-Aufgabe in Werkstätten. Die Industrie bastelt an neuen Kältemittelgemischen, um dem Mangel des klimaschädlichen R134a etwas entgegenzusetzen.



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