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Bremsen-Instandsetzung: Überholen statt tauschen

22.12.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Bremsscheibe Tiguan
Verrostete Bremsscheiben sind bei Fahrzeugen mit E-Antrieb keine Seltenheit.
© Foto: Kohlmann

E-Autos bremsen im Regelfall per Rekuperation. Diese Art zu bremsen hat aber Folgen für die Betriebsbremse, da sie rostet. Bei der Auto-Schmidt GmbH in Höhenkirchen-Siegertsbrunn können korrodierte Bremsscheiben instand gesetzt werden.

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Kurzfassung

E-Fahrzeuge bremsen meist durch Rekuperation. Nur auf den letzten Metern kommt noch die herkömmliche Bremse zum Einsatz. Die Folgen sind oft verrostete Bremsscheiben, die regelmäßig instand gesetzt werden müssen.

Ortstermin bei der Auto-Schmid GmbH in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, südöstlich von München. Das Unternehmen ist Markenhändler für Suzuki, Kia und Isuzu. In den letzten zehn Jahren hat man sich dort verstärkt der E-Mobilität zugewandt. Rund 30 Prozent der Neuwagen-Kunden fahren heute ein E-Fahrzeug. Meist sind dies Batterie-Elektrofahrzeuge (BEV), Hybrid-Elektrofahrzeuge (HEV) und Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (PHEV) der Marken Kia und Suzuki.

"Unsere Kunden bringen alle ihre E-Fahrzeuge im Rahmen der Garantie und Gewährleistung regelmäßig zu uns in die Werkstatt", sagt Marcus Schäfer, Betriebsleiter bei der Auto-Schmid GmbH. "So bewahren sie unter anderem den Anspruch auf die Kia-Sieben-Jahre-Garantie." Ausgenommen von dieser Garantie sind Serviceteile wie Filter, Betriebsstoffe und Zündkerzen, aber auch Verschleißteile wie Bremsscheiben oder Bremsbeläge. "Bei den ersten Inspektionen beziehungsweise Services von Neufahrzeugen spielt dies für den Kunden kaum eine Rolle, da hier nur in gewöhnlichem Umfang Verschleißteile gewechselt werden müssen", so Schäfer. "Auch das mittlerweile bei E-Auto-Fahrern bekannte Problem von verrosteten Bremsscheiben tritt nur in äußerst seltenen Fällen an jungen Fahrzeugen bei uns auf." So weiß Schäfer hier von einem Kunden zu berichten, der in einem Jahr weniger als 4.000 Kilometer sein Fahrzeug fährt und es daher immer wieder zu vorzeitigem Korrosionsverschleiß an der Bremsanlage kommt.

Einweisung für Kunden

"Da viele unserer Kunden das erste Mal vom Verbrenner auf einen Stromer umsteigen, instruieren wir sie beim Neuwagenkauf über die Eigenheiten von E-Fahrzeugen", erklärt Rahul Sharma, Serviceleiter bei der Auto-Schmid GmbH. "Dazu gehört es bei uns auch, auf das Rostproblem an den Bremsscheiben hinzuweisen, wenn nicht regelmäßig die Betriebsbremse betätigt wird." Deshalb werden den zukünftigen Besitzern Tipps mitgegeben, um das Rostproblem an der Bremsanlage gänzlich zu vermeiden. "So empfehlen wir, bei schnellen Autobahnfahrten beim Abfahren von der Autobahn oder beim Spurwechsel auf eine langsamere Spur in den Betriebsmodus 'N' zu schalten und dann die Bremse immer wieder kurz zu betätigen", so Sharma. "In diesem Betriebsmodus ist die Rekuperation abgeschaltet und die konventionelle Bremse muss voll arbeiten."

Doch auch, wenn die Rekuperation aktiv ist, muss der Fahrer beim Verzögern neben der Rekuperationsbremse noch die gewöhnliche Betriebsbremse betätigen, will er ganz zum Stillstand kommen. Meist müssen hier die letzten 15 Kilometer pro Stunde verzögert werden. "Die geringe Geschwindigkeit reicht jedoch auf Dauer nicht aus, die Bremsscheiben völlig von Flugrost zu befreien", so Sharma. "Auch wenn die Fahrzeughersteller um das Problem wissen, unterscheiden sich die Bremsscheiben und Bremsklötze der E-Fahrzeuge technisch in keiner Weise von denen konventioneller Fahrzeuge." Um die Bremsscheiben betriebsbereit zu halten, müssten E-Auto-Fahrer daher öfters auf die Rekuperation verzichten.

Meistens Neuteile

"Wir müssen Bremsscheiben prinzipiell instand setzen, wenn mehr als 25 Prozent der Reibfläche verrostet sind", erklärt Sharma. "Dies kann bei Neuwagen bei verhaltener Fahrweise und viel Rekuperation durchaus zur ersten HU, also nach drei Jahren, der Fall sein." Die Kfz-Experten der Auto-Schmid GmbH setzen sich dann mit dem Kunden in Verbindung. Der Kunde kann dann, wenn es technisch möglich ist, die Bremsscheiben überarbeiten oder neue Teile verbauen lassen. Die Einhaltung der Sicherheitsstandards, insbesondere beim Verschleißmaß der Bremsscheiben, hat dabei für die Auto-Schmid GmbH höchste Priorität. "Wir achten auch auf die Wirtschaftlichkeit der Reparatur", so Sharma. "Es nützt unserem Kunden nichts, wenn wir eine verrostete und bereits halb verschlissene Bremsscheibe abdrehen und dabei nur noch ein Minimum an Restdicke der Bremsscheibe übrig bleibt."

Sharma weiß, dass der Kunde dann in Kürze wieder in die Werkstatt kommt, weil die Bremsscheibe schnell ihr Verschleißmaß erreicht hat. Die Einsparung von rund 150 Euro gegenüber dem Austausch der Teile verpufft dann recht schnell. Hinzu kommt, dass der Kunde dann auch noch verärgert ist. "Wir empfehlen daher meistens, die Bremsenteile zu erneuern, da der Tausch langfristig kostengünstiger für den Kunden ist", sagt Sharma. "Außerdem sind bei unseren Marken alle Verschleißteile problemlos und kostengünstig lieferbar, sodass auch von dieser Seite her kein Handlungsbedarf hin zur Überarbeitung der Bremsenteile besteht." Darüber hinaus besteht bei der Auto-Schmid GmbH auch für Gebrauchtwagen die Möglichkeit, Kfz-Teile vom Aftermarket über den Bosch-Service zu beziehen, sodass hier auch noch Einsparungspotenzial vorhanden ist.

Das Überarbeiten bzw. Abdrehen von Bremsscheiben rechnet sich nur für den Kunden, wenn die Bremsscheibe noch genügend Verschleißmaß hat oder das Ersatzteil sehr teuer wäre. Dies ist aber, wie Kfz-Experte Sharma weiß, "nur sehr selten der Fall. Vielmehr sind die meisten verrosteten Bremsscheiben an E-Fahrzeugen bereits so weit verschlissen, dass sie ohnehin bald hätten getauscht werden müssen." Bremsscheiben werden deshalb bei Auto-Schmid nur überholt, wenn sie noch recht neuwertig sind.

Fragen an ...

Mario Kohlmann
Mario Kohlmann Geschäftsführer der We4Sales GmbH ("BremsenDoc")
© Foto: Kohlmann

asp: Herr Kohlmann, was muss beim Abdrehen von Bremsscheiben beachtet werden?

Mario Kohlmann: Wer an Bremsanlagen arbeitet, muss wissen, was er tut. Deswegen arbeiten wir nur mit Meisterbetrieben zusammen. Generell haben wir bei der Überarbeitung der Bremsscheiben bei Rost oder Seitenschlag immer das ganze Bremssystem im Blick. Da zum Abdrehen der Bremsscheiben am Fahrzeug der Bremssattel beziehungsweise sein Träger demontiert werden muss, ersetzen unsere Partnerbetriebe stets Verschleißteile wie beispielsweise die Dehnschrauben. Aber auch Bremssattel und -leitungen werden auf Dichtheit inspiziert.

asp: Wann lohnt sich ein Abdrehen?

M. Kohlmann: Ausschlaggebend für die Art der Reparatur ist die Restdicke der Bremsscheibe. Keinesfalls darf beim Abdrehen die Verschleißtoleranz unterschritten werden. So wird gewährleistet, dass nach der Überarbeitung noch ausreichend Verschleißmaß für einen genügend großen Gebrauchszeitraum übrig ist. Wird die Toleranz unterschritten, lehnen wir ein Abdrehen ab und empfehlen unserem Kunden Neuteile. Gleiches machen wir auch, wenn beispielsweise die Stege innenbelüfteter Scheiben bereits stark verrostet sind. Das Überarbeiten der Bremsscheibe am Fahrzeug beseitigt übrigens nicht nur Rostschäden, sondern behebt auch die Ursache von Vibrationsproblemen, die in der Paarung von Radnabe und Bremsscheibe liegen können.

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