Kurzfassung
Bremsscheiben aus Grauguss sind nach wie vor der Stand der Technik für den Massenmarkt, haben aber mit Rost und Korrosion zu kämpfen. Mit Beschichtungen versuchen die Hersteller, dem entgegenzuwirken.
Bremsscheiben von Scheibenbremsen bestehen im Regelfall aus Grauguss, einem Material, das den besten Kompromiss aus Qualität und vertretbaren Kosten darstellt.
Probleme bei E-Autos
Der Nachteil der Graugussscheiben: Werden die Bremsen nicht oft genug benutzt, so wie es beispielsweise bei Elektroautos der Fall ist, können die Scheiben rosten und korrodieren. Während sich leichter Rost nach ein paar Bremsvorgängen durch Abschleifen oft von selbst erledigt, sind korrodierte Bremsscheiben ein Fall für die Werkstatt. Darüber hinaus entsteht bei Scheibenbremsen an Belag und Scheibe Bremsabrieb, der in die Umwelt gelangt - ganz unabhängig von der Antriebsform. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, ob es nicht alternative Materialien zu Grauguss gibt, die weniger rost- und korrosionsanfällig sind und auch weniger Abrieb produzieren. Die Bremsenhersteller geben hier ganz unterschiedliche Antworten.
Carbon-Keramik als teure Alternative
Im hochpreisigen Sportwagensegment ist Performance das A und O und Scheibenbremsen tragen zudem zur passenden Optik bei. Hier gibt es zwei Konzepte, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Bremsscheiben aus einem keramischen Siliziumcarbid-Verbundwerkstoff mit Kohlenstofffasern, auch Carbon-Keramik-Bremsen genannt, bieten besonders hohe und gleichbleibend gute Reibwerte, unabhängig von Temperatur und Feuchtigkeit. Sie sind zudem sehr leicht und besitzen eine sehr lange Haltbarkeit. Im Gegensatz zu Grauguss-Bremsscheiben haben Carbon-Keramik-Bremsen auch Vorteile bei der Korrosionsbeständigkeit, denn da Ferritanteile fehlen, rosten sie nicht und sind auch beständig gegen Wintersalz oder säurehaltige Reinigungsmittel in Waschanlagen. Beim Abrieb sammeln sie ebenfalls Pluspunkte, allerdings verlagert er sich in Richtung der Bremsbeläge, die etwas weicher ausgeführt werden müssen.
Neben den Carbon-Keramik-Bremsen gibt es auch noch herkömmliche Grauguss-Bremssscheiben, die auf der Reibfläche mit einer Wolframcarbid-Beschichtung versehen werden. Durch diese Hartmetall-Beschichtung sollen sie einerseits eine sehr lange Lebensdauer haben, andererseits auch viel weniger Bremsenabrieb produzieren (siehe Kasten S. 19). Bosch-Tochter Buderus Guss spricht bei der "iDisc", die auch bei Porsche zum Einsatz kommt, von bis zu 90 Prozent weniger Abrieb. Aufgrund ihrer hohen Produktionskosten, die zwar geringer ausfallen als bei Carbon-Keramik-Bremsen, sind sie jedoch (noch) nicht für den Massenmarkt geeignet.
Korrosionsschutz im Vordergrund
Hier sind andere Beschichtungen gefragt, die aber hauptsächlich aus Korrosionsschutzgründen verwendet werden. Bei TMD Friction sind fast alle Grauguss- Bremsscheiben im Aftermarket-Programm von Textar beschichtet. Diese Beschichtung besteht aus einer dünnen Lackschicht, die dem Korrosionsschutz dient. Insbesondere soll damit im Einsatz verhindert werden, dass der Bremsentopf rostet. Gerade in Regionen mit einem hohen Anteil an Leichtmetallfelgen (auch bei Winterreifen) ist dies laut TMD Friction ein wichtiger Marktanspruch. Die Beschichtung bietet auch Vorteile beim Transport und bei der Lagerung.
Auch bei ZF TRW kommt aus Korrosionsschutzgründen eine partielle Lackbeschichtung auf Silikatbasis auf Bremsscheiben zum Einsatz, die aber die Reibfläche ausschließt. "Unsere lackierten Bremsscheiben haben den Vorteil, dass der Reibring frei von Farbe ist und dadurch die Cotec-Beschichtung der Bremsbeläge ab der ersten Bremsung optimal funktioniert. Außerdem ist die Lackierung sehr säurebeständig", erklärt Daniel Kolbe, Servicetechniker bei ZF Aftermarket für die Regionen D-A-CH und Benelux.
Brembo setzt auf unterschiedliche Beschichtungskonzepte. Schon seit längerer Zeit hat der Hersteller UV-lackierte Bremsscheiben im Angebot, die über eine permanente Schutzschicht an den Außenkanten der Scheibe und an der Nabe verfügen. Dies soll für einen guten Korrosionsschutz aller sichtbaren Teile sorgen, die nicht durch die Reibung mit den Belägen erneuert werden. Neu im Programm ist die "Greentive"-Beschichtung, die mittels der HVOF-Technologie per Hochgeschwindig keits-Flammspritzen auf den Bremsring aufgebracht wird. Das soll für einen sehr geringen Verschleiß und eine Reduzierung von Bremsstaub sorgen. Darüber hinaus zeichnet sich die Beschichtung durch ein hohes Maß an Korrosionsbeständigkeit aus.
- Ausgabe 03/2022 S.18 (211.7 KB, PDF)