Kurzfassung
Auch E-Fahrzeuge brauchen Schmierung und Kühlung. Das Angebot an E-Fluids nimmt zu, das Geschäft für Werkstätten wird aber, von Kühlflüssigkeiten abgesehen, auf absehbare Zeit überschaubar bleiben.
Der zuletzt stark wachsende Anteil an E-Fahrzeugen am Gesamtmarkt lässt in den Werkstätten auch die Befürchtungen bezüglich wegfallender Servicearbeiten wachsen. Vor allem das lukrative Ölgeschäft mit den Verbrennern scheint in Gefahr. Sicher ist, dass reine E-Fahrzeuge kein Motoröl brauchen. Noch unklar ist auch, ob sich E-Fuels durchsetzen und die Präsenz von Verbrennern verlängern. Viele Schmierstoffproduzenten haben bereits ein Portfolio an speziellen Schmier- und Kühlmitteln für Elektrofahrzeuge entwickelt, auch wenn der Bedarf im Aftermarket noch kaum vorhanden ist.
Freigaben im Fokus
Liqui Moly vermeldet beispielsweise, dass Produkte für reine E-Fahrzeuge zwar das Sortiment ergänzen, aktuell aber noch keine Mengenträger sind. Und auch Petronas, bei denen die Forschung und Entwicklung im Bereich E-Fluids bereits 30 Prozent Anteil im Konzern hat, rechnet noch nicht mit großem Absatz: "Die Nachfrage im Aftermarket ist naturgemäß noch auf niedrigem Niveau. Wir bauen aber vor und haben bereits einen kleinen technologischen Vorsprung, weil wir alle Bereiche der E-Fluids abdecken und bereits eine erste Freigabe vom FCA-Konzern haben", teilt uns Dr. Karlfried Fuchs, Technical Support Advisor bei Petronas Lubricants Deutschland, mit. So konzentriert sich die Branche derzeit überwiegend darauf, Freigaben von den Automobilherstellern zu bekommen und ans Band liefern zu dürfen. "Generell tun sich die Fahrzeughersteller im Moment noch schwer mit Freigaben, kaum einer will sich derzeit auf einen Anbieter festlegen", so Fuchs weiter.
Doch was sind eigentlich E-Fluids, wo werden sie benötigt und warum? Unter den Begriff "E-Fluids" fallen prinzipiell drei Produktgruppen: Getriebeöle, Kühlmittel und Fette. Die gab es bislang auch schon für Verbrenner, doch die Anforderungen sind im E-Fahrzeug ganz andere. Getriebeöle für E-Fahrzeuge sind beispielsweise deutlich dünner als herkömmliche. Karlfried Fuchs erklärt: "Beim E-Fahrzeug setzt die volle Kraft sofort ein, auch wenn die Leistungsabgabe über einen Konverter gesteuert wird. Das Öl muss also sehr schnell einen stabilen Schmierfilm aufbauen, der hohem Druck standhält. Gleichzeitig soll es sich durch geringe Reibungsverluste positiv auf die Reichweite auswirken. Beides geht nur mit dünnflüssigen Ölen wie unserem Iona Integra in der Viskosität 75 W 70." Um der Belastung auch bei starken, sportlichen E-Fahrzeugen standzuhalten, werden dem Schmierstoff sogenannte EP-Additive ("Extrem Pressure") beigefügt. Die Getriebeöle sind prinzipiell als Lifetime-Füllung ausgelegt: "Es gibt aber keinerlei Erfahrungswerte, wie lange die Additive wirksam sind, sodass wir im Moment von 200.000 Kilometern ausgehen", ergänzt Fuchs. Ein Geschäft für die Werkstatt winkt also nur bei Reparaturen oder wenn in bestimmten Anwendungsfällen das Öl frühzeitig gewechselt werden muss.
Ähnlich verhält es sich mit den Schmierfetten, die an gelagerten Bauteilen im Elektrofahrzeug zum Einsatz kommen. Auch sie sind durch die Kraftentfaltung der E-Mobile hohen Belastungen ausgesetzt, müssen aufgrund hoher Drehzahlen sehr temparaturstabil sein und gleichzeitig beste Gleiteigenschaften haben, um die Reichweite nicht negativ zu beeinflussen. "Die Fette sind deshalb teilweise molybdän- oder teflonhaltig. Die Schmierfette sind seitens der Hersteller ebenfalls als Lifetime-Füllung vorgesehen, aber auch hier gibt es noch keine Erfahrungswerte zur Haltbarkeit", erklärt Karlfried Fuchs.
Kühlen und Heizen
Die Kühlflüssigkeit in E-Autos ist nicht mit der Kühlflüssigkeit im Verbrenner vergleichbar. Castrol bezeichnet sein Castrol-On-EV-Fluid beispielsweise als "Wärmemanagement-Flüssigkeit", was den Einsatzbereich treffender beschreibt. Die Flüssigkeit dient der Direktkühlung der Batterie, was der Lebensdauer, Leistungsabgabe und Ladegeschwindigkeit zuträglich ist. Dazu werden die Batterien entweder komplett von der Flüssigkeit ummantelt oder sie durchdringt die Batterie in speziellen Kanälen. Dazu muss das Kühlmittel nichtleitend (dielektrisch) sein und die Batterie im optimalen Temperaturbereich zwischen 35 und 80 Grad Celsius halten. Auch hier sorgen neben der Basisflüssigkeit, in der Regel auf Polyglykol-Basis, vor allem spezielle Additive für die Einhaltung des Temperaturfensters.
Während im Sommer die Kühlung der Batterie im Vordergrund steht, muss diese im Winter geheizt werden. Aus der Kühlflüssigkeit wird dann eine Heizflüssigkeit, was durch chemische Prozesse in den Additiven erreicht wird. Weil die Eigenschaften der Additive im Zeitraum von etwa zwei Jahren verschleißen und nachlassen, ist ein regelmäßiger Wechsel angesagt. Vor allem Fahrzeuge mit großen Batterien im Unterboden benötigen rund 35 bis 50 Liter der Kühlflüssigkeit. Aufgrund der aufwendigen Entwicklungsarbeit und der Formulierung mit speziellen Additiven liegt der Preis rund drei- bis fünfmal so hoch wie bei herkömmlichen Kühlmitteln. Damit lässt sich ein rückläufiges Schmierstoffgeschäft teilweise auffangen.