Kurzfassung
Synthetische Kraftstoffe können eine Alternative zur Elektromobilität sein, wenn sie aus grünem Strom hergestellt werden. Es herrscht jedoch keine Einigkeit in der Politik und auch nicht bei den Autoherstellern, ob das sinnvoll ist.
Dass in der Diskussion um E-Fuels reichlich Zündstoff steckt, hat die Aussage des Bundesverkehrsministers Volker Wissing gezeigt, der sich in einem Zeitungsinterview für E-Mobilität und gegen die synthetischen Kraftstoffe im Pkw-Bereich ausgesprochen hatte. Nach einem Sturm der Entrüstung ruderte der Minister zurück.
Großer Bestand an Verbrennern
Generell ist die Meinung in der Politik hier nicht einheitlich: Während SPD und Grüne sich ganz klar zur Elektromobilität bekennen, sind von der FDP, CDU und CSU eher Stimmen für Technologieoffenheit zu hören. Auch bei den Autoherstellern ist bislang nicht alles entschieden. Während VW und Volvo den Ausstieg aus dem Verbrenner verkündet haben, sträuben sich Porsche und BMW dagegen.
Ihre Argumentation: Auf Deutschlands Straßen sind mittlerweile 47 Millionen Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren unterwegs, die auch in den nächsten Jahren weiterhin Kraftstoffe tanken müssen. Und laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wird das Durchschnittsalter der Autos immer höher. Selbst wenn die Bundesregierung ihr Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis Ende 2030 erreicht, bleiben rein rechnerisch immer noch über 30 Millionen Verbrenner übrig, für die es eine Lösung braucht. Das hat letztens BMW-Chef Oliver Zipse nochmals bekräftigt. Der bayerische Hersteller setzt weiterhin auf den Verbrenner und möchte sogar noch eine neue Motorengeneration entwickeln. Denn es mache keinen Sinn, Kunden in ein Elektroauto zwingen zu wollen, so BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber in einem jüngst veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift Auto Motor und Sport.
Die Lösung für den sauberen Verbrenner könnten Kraftstoffe aus dem Labor sein, die mithilfe von grünem Strom aus Wasserstoff und anderen Gasen hergestellt werden. Selbst als Beimischungen zum bestehenden Kraftstoff könnten damit CO2-Einsparungen erzielt werden. "Wenn man die Bestandsflotte perspektivisch nachhaltig betreiben will, dann sind E-Fuels ein elementarer Bestandteil", sagt auch Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner. Porsche hat zusammen mit Siemens eine Demonstrationsanlage im Süden Chiles gebaut, die aus Windenenergie 130.000 Liter Benzin und 450.000 Liter Methanol pro Jahr herstellen soll. Eine Steigerung ist möglich, sodass die Anlage in fünf Jahren eine halbe Million Autos mit Benzin versorgen könnte.
Viel Energie benötigt
Für die Herstellung von E-Fuels wird jedoch viel Strom benötigt, der in den Augen der Kritiker besser für die E-Mobilität verwendet werden sollte. Das Bundesumweltministerium (BMU) hat beispielsweise ausgerechnet, dass der Strombedarf, der benötigt wird, um 100 Kilometer mit dem Pkw zurückzulegen, bei der Elektromobilität mit rund 18 kW/h am niedrigsten ist. Während ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle schon die dreifache Menge verlangt, sind es bei E-Fuels mehr als die sechsfache Menge. Aus Gründen der Effizienz spricht also vieles für den Elektroantrieb, da hier der Großteil der Energie direkt in Vortrieb umgewandelt werden kann.
Laut Porsche-Manager Markus Speith ist Effizienz jedoch nicht alles. Es spricht einiges dafür, in Gegenden wie im Süden Chiles, wo es gute Voraussetzungen für Windstrom gibt, die Energie vor Ort in Kraftstoff umwandeln zu lassen und dann mit Tankern dorthin zu bringen, wo man sie braucht. Eine Studie unter Beteiligung der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) kommt jedoch zu dem Schluss, dass höhere Kapital- und Transportkosten die Vorteile der Produktion in solchen Ländern schmälern oder sogar zunichtemachen könnten. Es wird sich zeigen, ob E-Fuels ihren Weg in den Pkw schaffen oder vor allem Bereiche wie den Flugverkehr oder den Schwerlastverkehr erobern, die schwer zu elektrifizieren sind.
- Ausgabe 02/2022 S.16 (4.5 MB, PDF)