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Elektromobilität: Wie fit ist meine Batterie noch?

14.03.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Die Kapazität der Traktionsbatterie lässt bei E-Autos über die Jahre kontinuierlich nach.
© Foto: Adobe Stock/Blue Planet Studio

Die Traktionsbatterie eines Elektroautos ist das teuerste Bauteil. Wie es um ihren Gesundheitszustand bestellt ist, ließ sich bislang nicht genau bestimmen. Doch mittlerweile kommt Bewegung in das Thema.

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Kurzfassung

Die Bewertung des Gesundheitszustands der Traktionsbatterie von Elektroautos wird für die Kunden immer wichtiger. Neben den OEM gibt es auch Drittanbieter, die einen Test durchführen und ein Zertifikat ausstellen.

Der Gesundheitszustand des Akkus, der sogenannte "State of Health" (SoH), lässt sich in modernen Handys oder Computern problemlos anzeigen. Somit weiß der Nutzer genau, wann es Zeit wird, den Energiespeicher zu tauschen. Was in der IT schon Standard ist, steckt bei Elektroautos noch in den Kinderschuhen. Das ist umso verwunderlicher, da die Traktionsbatterie der Stromer das teuerste Bauteil ist. Je nach Modell können für den Austausch der Batterie bis zu 25.000 Euro fällig werden. Es ist daher wichtig, den Akku zu pflegen. Denn im Gegensatz zu einem Verbrenner ist bei einem E-Auto weniger die Kilometerleistung für die Restkapazität der Batterie entscheidend, sondern wie oft sie schnellgeladen wurde, ob die Batterie bei besonders hohen oder tiefen Umgebungs-Temperaturen genutzt wurde oder wie oft das Auto im vollgeladenen Zustand längere Zeit gestanden ist - um nur einige schädliche Faktoren zu nennen.

Daten vom Diagnosetester

Wie gut die Batterie noch in Schuss ist, ist im Regelfall aber nicht ersichtlich, was gerade beim Gebrauchtwagenkauf ein Hemmschuh sein könnte, sich für ein E-Auto zu entscheiden. Wir haben bei den OEM nachgefragt, ob es für den Kunden möglich ist, mehr über den Gesundheitszustand der Batterie zu erfahren.

VW und BMW reagierten auf unsere Anfrage nicht, bei Porsche, Audi und Mercedes-Benz war man jedoch bereit, Informationen zu liefern. So berichtet Porsche, eine Analyse mittels Diagnosetester in Werkstätten auf Anfrage des Kunden durchzuführen, wenn er über den Gesundheitszustand der Batterie Bescheid wissen will. Die Daten können zukünftig von allen Porsche Zentren ausgelesen und an den Kunden übermittelt werden. Der Sportwagenhersteller tüftelt zudem derzeit an einer App-Lösung, mit der ein Kunde eigenständig den Gesundheitszustand seiner Batterie in Erfahrung bringen kann. Die App-Lösung wird für künftige Baureihen zur Verfügung stehen, der Start ist mit dem neuen batterielelektrischen Macan geplant.

Auch für alle batterieelektrischen Audi-Modelle gibt es ein Messverfahren, bei dem mittels ODIS-Diagnosetester der verfügbare Batterie-Energieinhalt beziehungsweise der State of Health ausgelesen wird. Jeder Audi-Händler kann auf dieser Basis den Status und ein Zertifikat über den Batteriezustand für die Fahrzeuge ausgeben. Der Batteriestatus wird durch eine Schnellmessung ermittelt und gibt an, ob sich die Batterie innerhalb der Gewährleistungs-Bedingungen befindet. Für das Batteriezertifikat, das den SoH prozentual angibt, wird laut Audi ein längeres Messverfahren benötigt. Bei Mercedes- Benz kann der Kunde ebenfalls in eine autorisierte Werkstatt fahren und sich den State of Health der Batterie über die Diagnose auslesen und dokumentieren lassen. Der Berechnungs-Algorithmus ist in der Fahrzeugdiagnose hinterlegt.

Algorithmen in der Cloud

Für die Berechnung des Gesundheitszustands kommen bei den OEM im Regelfall Daten zum Einsatz, die im Batterie-Management-System (BMS) des Autos hinterlegt sind. Daraus lässt sich der SoH bestimmen, der dann über ein Diagnose-Tool ausgelesen wird. Wolfgang Berger, CEO der Aviloo GmbH in Wiener Neudorf, sieht diese Angaben kritisch (siehe Interview unten). Seiner Ansicht nach sind die Daten des BMS nicht genau genug, um den Gesundheitszustand der Batterie bestimmen zu können. Das Unternehmen hat deshalb ein Testgerät, die Aviloo Box, entwickelt, das über die OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs angeschlossen wird. Während der Autofahrer die Batterie bis zu einer Restkapazität von zehn Prozent leer fährt, werden permanent Daten per Mobilfunk an die Aviloo-Cloud gesendet und dort von Algorithmen ausgewertet. Der Hersteller verspricht damit eine Genauigkeit von plus/minus drei Prozent bei der SoH-Messung.

Einen softwarebasierten Ansatz verfolgt auch das Software-Unternehmen Twaice, das aus den Daten der Batterie einen "Digitalen Zwilling" erzeugen will, um Vorhersagen über den Batterie-Gesundheitszustand und auch die voraussichtliche Lebensdauer treffen zu können. "Wir verfolgen unterschiedliche Ansätze, um den Gesundheitszustand der Batterie zu bestimmen, beispielsweise auch beim Laden über die Wallbox", sagt Matthias Simolka, Technical Solution Engineer bei Twaice. Bislang gibt es jedoch kein konkretes Produkt.

Geht es nach dem TÜV SÜD, soll es langfristig nicht nur eine SoH-Bewertung, sondern auch einen Batteriepass, also eine Art Lebenslauf für die Batterie, von E-Autos geben. "Im Batteriepass sollten auch Sicherheitsbewertungen im Rahmen der Hauptuntersuchung oder etwa Ergebnisse der Schadenermittlung nach Unfällen vermerkt werden", sagt Pascal Mast, Director New Technologies and Sustainable Services bei TÜV SÜD.

Interview mit ...

Wolfgang Berger
Wolfgang Berger, CEO der Aviloo GmbH in Wiener Neudorf:
© Foto: Aviloo

asp: Herr Berger, Aviloo bietet ein herstellerübergreifendes Batteriezertifikat für die Traktionsbatterie von Elektroautos an. Wie funktioniert die Diagnose?

Wolfgang Berger: Wir setzen mit der Aviloo Box auf unsere eigene Hardware, die über die OBD-Schnittstelle an das Fahrzeug angeschlossen wird und die Batteriedaten in hoher Qualität ausliest. Die Aviloo Box sendet dann die Batteriedaten in Echtzeit per Mobilfunk an unsere Battery-Data-Cloud-Plattform - das funktioniert weltweit. Aus den Millionen von Datensätzen wird mithilfe der von uns entwickelten Algorithmen der Gesundheitszustand der Batterie, der sogenannte State of Health, für jeden einzelnen Fahrzeugtyp errechnet.

asp: Was für Daten werden zur Diagnose herangezogen?

W. Berger: Es werden Daten wie Batteriespannung, die Spannungen der Zellen, der Module, der Batteriestrom und auch die Temperaturen gemessen. Auch der Ladezustand und fahrzeugspezifische Daten wie Fahrgestellnummer und Kilometerstand werden ausgelesen. Wir machen einen Spot-Test, also eine Momentaufnahme, in welchem Zustand sich die Batterie befindet.

asp: Lässt sich der Gesundheitswert der Batterie nicht mit einem einfachen Diagnosetester auslesen?

W. Berger: Prinzipiell ist das möglich, jedoch ist der Gesundheitswert aus dem Steuergerät oftmals falsch und niemand weiß, wie er berechnet wurde. Und er ist ganz bestimmt nicht objektiv und unabhängig. Die Messung des Gesundheitszustands der Batterie ist nämlich kein genormter Vorgang. Das kann jeder Autohersteller umsetzen, wie er möchte. Hier sind wir im Vorteil, da wir herstellerunabhängig berechnen können. So sind 85 Prozent Gesundheitszustand der Batterie bei jedem Fahrzeugmodell immer gleich berechnet. Wir sind auch der einzige Anbieter auf dem Markt, der ein Prüfverfahren anbieten kann, das zertifiziert ist.

asp: Wo kann man den Aviloo-Batterietest in Deutschland kaufen?

W. Berger: In Deutschland kann man den Test in den Geschäftsstellen einer Prüforganisation professionell durchführen lassen oder die Aviloo Box direkt über die Website bei uns bestellen und versandkostenfrei erhalten. Der Kunde macht den Test, bekommt sein Batteriezertifikat binnen 48 Stunden per Mail und schickt uns die Aviloo Box kostenfrei wieder zurück oder gibt sie an dem Standort zurück, an dem er sie bekommen hat.

asp: Ist der Test auch für Gewerbekunden erhältlich?

W. Berger: Wir haben auch ein Angebot für gewerbliche Kunden wie Fahrzeughändler oder Werkstätten. Bei diesem Modell stellen wir dem Fahrzeughändler oder der Werkstatt gegen eine monatliche Grundgebühr von 79 Euro (zzgl. MwSt.) eine Aviloo Box permanent zur Verfügung. Der Händler bekommt dann Zugang zur Aviloo Battery Data Cloud und kann die Batteriediagnose für seine Fahrzeuge selbst starten. Die Tests werden dann im Pay-per-Use-Verfahren abgerechnet. Jeder Test kostet dann 75 Euro (zzgl. MwSt.).

asp: Was für Vorteile hat der Händler durch das Batteriezertifikat?

W. Berger: Der Gebrauchtwagenhändler kann seine Fahrzeuge mit Aviloo zertifiziert überprüfen, diese mit Batteriezertifikat online stellen und dadurch einen besseren Wiederverkaufswert erzielen. Es wird in Zukunft auch immer mehr so sein, dass der Endkunde das verlangt.

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