Von Peter Weißenberg/SP-X
So richtig rasant wächst der Verkauf von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen immer noch nicht. Für Robert Metzger allerdings ist der Boom schon Realität: DerGeschäftsführer bei der Messe München hat für seine Messe eMove 360 gleich zwei große Hallen voll bekommen – und mit mehr als 500 Ausstellern 45 Prozent mehr als noch im Vorjahr.
Die weltgrößte Ausstellung zur Elektromobilität ist 2017 stark auf ein zentrales Problem konzentriert: das Laden der Stromer. Dabei geht es nicht nur um technische Probleme, sondern auch darum, ganz praktisch das elektrische Laden komfortabler zu machen. Denn das ist nach wie vor ein Hindernis für die Massentauglichkeit. Bei vier zentralen Fragen liefern die Aussteller hier neue Antworten.
Überall einfach laden: Wer mit einem Elektrofahrzeug auch längere Strecken, in fremden Regionen und außerhalb der Metropolen unterwegs ist, der kennt das Problem: Wo ist die nächste Ladesäule – und welche Karte brauche ich, um dort zu bezahlen? Große Zusammenschlüsse wie die des Energieversorgers Innogy mit Audi, BMW, Daimler, Ford und Porsche arbeiten zwar hart daran, ein europaweites Schnellladenetz in den kommenden zwei Jahren zu etablieren – aber das hilft dem Besucher von Altötting oder Sankt-Peter-Ording noch nicht, um seinen Wagen abseits der Autobahnen vollzuladen.
Hier wollen Start-Ups wie "share and charge" Abhilfe bieten: Gründer Dietrich Sümmermann präsentiert seine App in München: "Das ist praktisch ein Airbnb für Ladesäulen." Jedermann kann dort zu einem Preis seiner Wahl die private Ladesäule für Dritte öffnen - und über die App ist sie zu finden. "Wir machen auch die ganze Abrechnung"”, so Sümmermann. Mehr als 1.200 Ladesäulen in Deutschland sind schon dabei. Und Sümmermann hat auch bereits eine Kooperation mit dem Ladesäulen-Hersteller Wallbe gestartet. Interessenten können dort ab 800 Euro eine Säule kaufen, die bereits vorkonfiguriert ist für das automatische Erkennen und Abrechnen von Elektroautos über die Fahrzeugelektronik, wie sie in der zweiten Generation der Stromwagen Standard ist. Auch das Angebot über die App ist in dieser Säule schon voreingestellt. Wer also morgens mit dem eigenen Elektroauto zur Arbeit fährt, kann seinen Ladeplatz unter dem Carport für andere Nutzer freigeben – und damit noch Geld verdienen. Sümmermann rechnet mit Zehntausenden möglichen neuen Ladepunkten.
Superschnelles Laden: Tesla hat es vorgemacht: Ein Netz von Schnellladestationen in Europa und den USA soll auch das Langstreckenfahren mit Batterieautos attraktiver machen. Auf der Messe präsentiert auch das Innogy-Konsortium seine Lösung, die allen Marken das Nachladen in ein paar Minuten ermöglichen soll. Aber auch freie Ladesäulen-Anbieter präsentieren hier erstmals superschnelle Ladesäulen.
Alex Kaneppele von der Bozener Firma Alpitronic bietet zum Beispiel mit seinem Hypercharger schlanke Säulen an, die über gekühlte Kabel mit 300 Kilowatt de Elektrofahrzeuge im Expresstempo laden. Die Säulen sind mit rund 50.000 Euro nicht gerade ein Angebot für den Normalverbraucher. "Aber Kurierservices, Parkhaus- oder Ladenetzbetreiber können damit ihre Angebote aufwerten", so Kaneppele. Die Kilowatt-Protze sind aber nicht nur beim Thema schnelles Laden ein wichtiges Angebot. Sie können auch ein weiteres Problem lösen.
Nahverkehr laden: "In zwei, drei Jahren sind die ersten Busse für den elektrifizierten Nahverkehr im Dauerbetrieb einsatzbereit", sagt Experte Kaneppele. Das wäre gerade für die umweltbelasteten Innenstädte eine extrem gute Nachricht. Bei den zahlreichen Tests war allerdings bisher das Thema Laden der Knackpunkt. Denn die großen Fahrzeuge brauchen spätestens an den Endhaltestellen stets Nachladungen – und können wegen der nötigen Standzeiten zum Beispiel Rückstände im Fahrplan nicht aufholen. Ähnliches gilt für die Transporter oder leichten Lkw etwa von Paketdiensten.
Hier kann die Schnellladetechnik den entscheidenden Durchbruch bringen. Zusammen mit den großen Bus- und Lkw-Herstellern entwickeln etwa die Bozener Experten, aber auch Siemens oder Bombardier Lade-Stationen, bei denen sich von Oben ein Schnelllader automatisch auf das Dach des Fahrzeugs senkt – und in ein paar Minuten wieder genug Strom für die nächste Runde abgibt. Ein Kabel muss der Fahrer dazu nicht mehr einstecken. Das führt zum Schwerpunkt vier auf der Messe:
Induktives Laden: Akku voll – so einfach wie bei einer elektrischen Zahnbürste. "Kontaktlos wird das schon im kommenden Jahr kommen", sagt Peter Wambsganß, Direktor beim US-Unternehmen Witricity. Er muss es wissen, denn seine Firma stellt die Lade-Technologie her, mit der BMW und Mercedes 2018 beim Fünfer und der S-Klasse das Laden ohne Kabel ermöglichen werden. "80 Prozent aller Ladevorgänge geschehen daheim oder am Arbeitsplatz – das wird also ein erheblicher Komfort-Vorteil", so Wambsganß.
Seine Ladetechnik für das induktive Laden ist inzwischen als internationaler Standard akzeptiert. Darum werde es auch in wenigen Jahren im öffentlichen Raum kontaktlose Lade-Anbieter geben: in Parkhäusern, vor Supermärkten oder auch am Taxistand. Elektrofahrzeuge werden dann mehr mehrmals am Tag die Batterie wieder auffüllen; manchmal, ohne dass der Fahrer das so recht registriert. "Das Reichweiten-Problem ist dann Geschichte", sagt Wambsganß. Aber bis dahin werden wohl noch ein paar Elektromobilitäts-Messen vergehen.