Kurzfassung
Unter dem Dach des japanischen Unternehmens Hitachi Astemo finden sich nicht nur bekannte Motorradmarken wie Keihin, Showa und Nissin, sondern auch Motorteile von Hüco und Bremsenprodukte von Chassis Brakes.
asp: Herr Pellefigues, Hitachi ist den meisten ein Begriff, aber Hitachi Astemo ist auf dem Automotive Aftermarket noch recht unbekannt ...
Jean-Baptiste Pellefigues: Das stimmt, Hitachi ist eine sehr bekannte Marke, aber die meisten wissen nicht, dass wir auch ein großer Player im Automobilbereich sind. Rund 15 Prozent des Umsatzes der Hitachi Group stammen aus dem Automotive-Bereich. Hitachi Astemo entstand 2021 durch den Zusammenschluss von Hitachi Automotive Systems und den drei ehemaligen Honda-Töchtern Nissin Kogyo, Keihin und Showa. Daraufhin haben wir den Namen in Hitachi Astemo geändert. Astemo setzt sich dabei aus den Anfangsbuchstaben von "Advanced Sustainable Technologies for Mobility" zusammen.
asp: Was für Produkte bieten Sie auf dem Aftermarket an?
J.-B. Pellefigues: Wir bieten ein umfassendes Sortiment von mehr als 4.500 Produkten aus den Bereichen Elektronik, Fahrwerk, Kraftstoffförderung, Lenkung, Motormanagement und Sensorik unter dem Dach von Hitachi Astemo alleine am Standort Espelkamp an. Keihin steht für Produkte im Bereich Antriebsstrang, Showa für Dämpfungssysteme und Nissin für Bremsenprodukte, die aber hauptsächlich für den Motorradbereich interessant sind. Durch Zukäufe konnten wir das Produkt-Portfolio des Unternehmens erweitern. So haben wir beispielsweise das Unternehmen Chassis Brakes International 2019 gekauft, um unser Bremsen-Portfolio im Pkw-Bereich für Europa auszubauen. Durch die Akquisition von Hüco vor zehn Jahren können wir auch viele Teile im Motormanagement, in der Sensorik und Kraftstoffförderung anbieten. Mit Tokico haben wir zudem im Juni eine neue Marke in Europa für Stoßdämpfer gestartet, mit der wir rund 48 Millionen Fahrzeuge auf den Straßen weltweit abdecken können.
asp: Decken Sie mit Ihren Produkten hauptsächlich asiatische Fahrzeuge ab?
J.-B. Pellefigues: Japanische Fahrzeuge haben sicherlich einen großen Anteil bei uns, wir bieten aber auch viele Teile für europäische Fahrzeuge an. Manche Produkte sind sogar mit verschiedenen Markennamen erhältlich, selbst wenn es sich um dasselbe Teil handelt. Der Kunde hat dann die Wahl, ob er lieber ein Hitachi- oder Hüco-Teil verbauen möchte. Denn manche Kunden wollen salopp gesagt Hitachi für ein japanisches und Hüco für ein deutsches Fahrzeug. Hier bieten wir Flexibilität.
Christian Westerkamp: Wir decken alle europäischen Marken ab. Im Bereich Motormanagement machen wir schon rund 25 Prozent unseres Umsatzes in der EMEA-Region. Ebenfalls gut verkaufen wir Zündungsprodukte wie Zündspulen. Hier gehört Hitachi im OE-Bereich sogar zur Top 4 der Hersteller. Wir decken damit bereits 95 Prozent des europäischen Aftermarkts ab. Mit der Akquisition von Hüco vor zehn Jahren haben wir unser Produktportfolio und die Abdeckung auf dem europäischen Markt verdoppelt.
asp: Hat die zunehmende Durchdringung mit alternativen Antrieben Auswirkungen auf das Geschäft?
J.-B. Pellefigues: Aufgrund der Elektromobilität werden viele Komponenten des Verbrennungsmotors verschwinden, aber Komponenten an der Karosserie werden bestehen bleiben. Gerade bei Dämpfungsprodukten sehen wir in Zukunft eher eine Zunahme als eine Abnahme aufgrund des höheren Fahrzeuggewichts der E-Fahrzeuge. Bestimmte Produktkategorien profitieren von der Elektrifizierung.
C. Westerkamp: Bei reinen Elektroautos gibt es momentan noch einen sehr kleinen Marktanteil, der natürlich wächst. Bei Hybridfahrzeugen gibt es aber noch viele Teile, die auch aus dem Verbrenner bekannt sind. Gerade Hybridfahrzeuge sind sehr gut für uns, denn es gibt viel mehr Ersatzteile, die wir verkaufen können.
asp: Wo können Werkstätten ihre Teile kaufen?
C. Westerkamp: Wir sind bei den bekannten großen Teilehändlern in Deutschland und Europa vertreten und haben auch Verträge mit internationalen Trade- und Buying Groups. Unsere Produkte sind zudem in TecDoc gelistet und können über TecCom oder ganz neu Abisco geordert werden. Ziel ist es, für unsere Kunden One-Stop-Shop-Anbieter für viele Produktkategorien zu sein.
asp: Haben Sie aktuell Einschränkungen der Lieferfähigkeit durch die Covid-Pandemie und Rohstoffknappheit?
J.-B. Pellefigues: Durch die Pandemie gab es viele Probleme mit den Lieferketten. Wir haben deshalb unsere Lagerkapazitäten stark erweitert. Wir wollen damit sicherstellen, den passenden Service für unsere Kunden bieten zu können. Viele Teile werden daher dort produziert, wo die Autohersteller ihre Fabriken haben, um lange Transportwege zu umgehen.
C. Westerkamp: Wir haben 140 Fabriken weltweit, alleine 27 Fabriken in China. Wenn das Auto in den USA produziert wurde, wird das zugehörige Teil mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den USA kommen. Wenn es eine Hochdruckpumpe ist, kommt sie wahrscheinlich aus Deutschland, ein Luftmassenmesser wahrscheinlich aus Großbritannien.
asp: Energieersparnis und CO2-Reduzierung sind momentan wichtige Themen. Wie setzen Sie das um? Ist die Wiederaufbereitung ein Thema?
J.-B. Pellefigues: Wir bieten bereits wiederaufbereitete Teile an, allerdings bislang nicht in Europa, sondern in den USA und Japan. Wir versuchen jedoch auch den CO2-Ausstoß bei der Produktion von Teilen zu reduzieren.
asp: Bieten Sie auch Teile an, die ursprünglich nicht ans Band geliefert werden?
C. Westerkamp: Ja, bestimmte Teile sind nur auf dem Aftermarket verfügbar. Die werden dann entweder über Reverse Engineering entwickelt oder wir arbeiten mit anderen Original Equipment Suppliern zusammen. Viele unserer Produkte stammen daher aus OE-Quellen, um eine hohe Abdeckungsrate und Qualität zu erzielen. Wir arbeiten aber auch mit Aftermarket-Ausrüstern zusammen. Einige Teile lassen wir zudem an unserem eigenen IAM-Standort in Indien nach hohen Qualitätsstandards fertigen.
asp: Bieten Sie verschiedene Qualitätsstufen bei den Teilen an?
C. Westerkamp: Wir haben keine unterschiedlichen Teilelinien, sondern bieten im Regelfall OE-Qualität an. Unsere Aftermarket-Produkte laufen vom selben Band wie die OE-Produkte. Ein Ersatzteil soll genauso gut wie das Original sein. Manchmal sind wir sogar besser, denn auf dem Aftermarket verkaufen wir vor allem Teile, die in der Erstausrüstung ausgefallen sind. Wir können davon lernen und das Produkt verbessern.
Vielen Dank für das Gespräch!
- Ausgabe 11/2022 S.22 (159.9 KB, PDF)