Das Angebot klingt verlockend: Mindestens 20 Prozent mehr Leistung und Drehmoment bei gleichzeitiger Spritersparnis. Das versprechen die Chiptuner, die nur durch Software-Manipulationen am Steuergerät die Reserven des Motors ausnutzen. asp AUTO SERVICE PRAXIS hat mit einigen Händlern gesprochen, die Chiptuning anbieten. Keiner wollte jedoch seinen Namen in der Zeitschrift lesen. Offensichtlich birgt dieses Thema Konfliktpotenzial, da die Fahrzeughersteller die Garantieleistungen verwehren können (siehe Interview auf S. 36). Der Trend scheint momentan eher zu sogenannten Tuning-Boxen zu gehen. Ihr Vorteil: Sie lassen sich ohne Fachwissen einbauen und schnell wieder entfernen. Und sie lassen das Steuergerät unangetastet. Doch was taugen diese Tuning-Boxen im Vergleich zum klassischen Chiptuning?
Direkteinspritzung Pflicht
Wir wollten es genauer wissen und haben uns eine Tuning-Box vom Hersteller RaceChip bestellt, der seine Produkte hauptsächlich über das Internet vertreibt und zu den Großen der Branche gehört. Der Hersteller unterstützt laut eigenen Angaben mehrere Tausend verschiedene Fahrzeuge mit Diesel- und Benzinmotor. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um einen Turbomotor mit Direkteinspritzung handelt, was nahezu bei allen neuen Fahrzeugen der Fall ist.
Das Funktionsprinzip ist simpel: Der Chip gaukelt der Motorsteuerung falsche Werte bei der Einspritzmenge vor, woraufhin diese die Menge erhöht, was mit einer Leistungssteigerung einhergeht. An einem Ford Mondeo, Baujahr 2008, haben wir ausprobiert, was an den Werbeversprechen dran ist. Im Serienzustand leistet der Zwei-Liter-Turbodiesel laut Fahrzeugschein 140 PS und 320 Newtonmeter Drehmoment. Die Tuning-Box "Ultimate Connect" für rund 530 Euro verspricht ein Leistungsplus von 41 PS und 89 Newtonmeter Drehmoment. Die Box lässt sich sogar per Bluetooth-Funk mit dem Smartphone steuern und es können verschiedene Fahrstufen ausgewählt werden.
Enttäuschendes Ergebnis
Der Ultimate Connect wird mit sämtlichem Montagematerial und einer bebilderten Anleitung geliefert. Ein gesplittetes Kabel wird dabei direkt an den Common-Rail-Drucksensor des Motors und das Ursprungskabel angeschlossen. Am anderen Ende des Kabels hängt der Chip. Nun wird die RaceChip-App auf dem Smartphone installiert und anhand einer Seriennummer auf dem Chip eine Registrierung durchgeführt. Sobald die Zündung aktiv ist, kann der Chip nun per Bluetooth-Funk mit dem Smartphone kommunizieren und zeigt den aktuellen Status an. Wahlweise kann nun ein Programm ausgewählt oder der Chip auch deaktiviert werden. Alles in allem dauert die relativ einfache Installation nicht länger als 15 Minuten.
Gespannt waren wir nun auf die erste Ausfahrt: Auf der Autobahn machten wir mehrere Beschleunigungsversuche mit aktiviertem Chip. Der erhoffte Leistungsschub blieb aus. Ein Test auf dem Leistungsprüfstand brachte dann Gewissheit: Lediglich ein Plus von 1,3 PS und 35 Newtonmeter mehr Drehmoment waren das Ergebnis der Leistungskur. Wir haben die Ergebnisse RaceChip vorgelegt. Dirk Bongardt, Managing Director bei RaceChip, hat dazu Stellung bezogen: "Einzelne Motoren einer bestimmten Motorisierung können sich vom Standardwert unterscheiden, so dass unsere Leistungssteigerung nicht den gewünschten Effekt erzielt. (...) Im konkreten Fall kann es am Fahrzeugalter liegen, aber auch an anderen Randbedingungen." Tatsächlich war bei unserem Mondeo die Serienleistung etwas höher als angegeben, was den Spielraum für Tuningmaßnahmen wohl minimiert hat. Hier handelt es sich laut Bongardt aber um Einzelfälle. Dennoch hat sich gezeigt: Eine Tuning-Box funktioniert nicht immer wie versprochen.
- Ausgabe 03/2016 Seite 34 (274.6 KB, PDF)