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Beleuchtung: Scheinwerfer werden zu Beamern

20.11.2020 11:00 Uhr
LED-Technik Scheinwerfer
Vorbei sind die Zeiten der Funzel: Moderne LED-Scheinwerfer machen die Nacht zum Tag und bieten noch zahlreiche weitere Features.
© Foto: Adobe Stock/Wellnhofer Designs

Die LED-Technik in Scheinwerfern ist inzwischen in nahezu jedem Neuwagen zu finden. In Fahrzeugen der Oberklasse wie der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz oder dem Audi E-tron können Matrix-LED-Leuchten sogar Bilder auf die Straße projizieren.

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Kurzfassung

Die LED-Technik hat ihren Siegeszug im Pkw angetreten und wird stetig weiterentwickelt. Moderne Scheinwerfer mit Matrix-LED-Technik können tausende Lichtpunkte bündeln, um den Gegenverkehr auszublenden.

Heimkinofans haben sie im Wohnzimmer, Autos neuerdings im Scheinwerfer: Die Rede ist von Beamern, die das Licht auf eine bestimmte Stelle projizieren können. Während sich der Kinofreund über kontrastreiche Bilder auf einer Leinwand freut, ist bei Autos das Ziel, die Ausleuchtung bei Gegenverkehr partiell ausblenden zu können oder Verkehrsteilnehmern Warnhinweise auf die Straße zu projizieren. Klingt nach Science-Fiction? Ist aber bereits in der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz Realität. Die Luxus-Limousine nutzt einen Matrix-LED-Scheinwerfer neuester Bauart, der mithilfe von Mikrospiegeln tausende von Bildpunkten bündeln und an eine bestimmte Stelle projizieren kann. Der Autofahrer muss dann nicht mehr auf- und abblenden, sondern kann sich entspannt zurücklehnen. Mit seinen zahlreichen Kamera- und Radarsensoren ist die S-Klasse in der Lage, entgegenkommende Fahrzeuge oder auch andere Verkehrsteilnehmer automatisch zu erkennen und die Ausleuchtung entsprechend anzupassen. So lassen sich die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer vom Scheinwerfer ausblenden. Umgedreht lässt sich ein entgegenkommender Radfahrer anleuchten, damit der Autofahrer ihn gut sieht. Gleichzeitig wird das Gesicht des Radlers ausgespart, um ihn nicht zu blenden.

Die Matrix-LED-Technik ist aber auch in der Lage, den Lichtkegel auf eine bestimmte Stelle zu fokussieren. So lassen sich Schriften oder Warnhinweise, Fahrspuren oder Zebrastreifen auf die Straße projizieren, was in Zeiten von teilautonom fahrenden Autos einen Sicherheitsvorteil durch Kommunikation mit anderen bringen kann. Der Scheinwerfer kann beispielsweise in engen Baustellen die optimale Fahrspur anzeigen und so den Autofahrer bei der stabilen Fahrzeugführung zusätzlich unterstützen. Außerdem lässt sich mit der Matrix-LED-Technik eine Kurvenlicht-Funktion realisieren. Eine weitere mögliche sicherheitssteigernde Funktionalität ist zudem die Projektion von Schutzzonen für Fahrradfahrer oder Fußgänger. Verschiedene Hersteller wie Magneti Marelli, ZKW oder Hella sind im Bereich dieser Projektionsscheinwerfer unterwegs und entwickeln sie stetig weiter. Hella hat beispielsweise mit der "Solid-State-Lighting"-HD-Technologie die Lichtquelle weiter miniaturisiert, sodass nun 30.000 LED-Pixel einzeln und intelligent ansteuerbar sind.

Mehr Individualisierung

Für den Autofahrer ergeben sich durch die Projektionsleuchten auch neue Möglichkeiten der Individualisierung, was die Autohersteller ebenfalls schon als Geschäftsmodell erkannt haben. So kann das Fahrzeug beim Öffnen und Schließen beispielsweise eine bestimmte Beleuchtungssequenz abspielen oder dem Nutzer eine Begrüßung auf den Boden projizieren - der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Audi bietet das Individualisierungs-Feature sogar in der Heckleuchte des neuen Q5 an ( siehe Technik verstehen auf S. 22). Hier kommt zwar keine Projektionstechnik zum Einsatz, jedoch lassen sich mit der neuen flächenstrahlenden OLED-Technik aufgrund ihrer flachen Bauart verschiedene Lichtdesigns realisieren, die Audi auch als Nachrüstung anbietet. Beim BMW X6 ist es wiederum als Sonderausstattung möglich, den markentypischen Kühlergrill in Form einer Niere beleuchten zu lassen ("Iconic Glow"). So wird Licht neben dem Sicherheitsaspekt immer mehr zum Tuning-Feature.

Aber auch im Massenmarkt ist LED bei Frontscheinwerfern inzwischen nicht mehr wegzudenken, denn die Entwicklung bleibt auch hier nicht stehen. So hat Osram neue LED-Chips angekündigt, um das ohnehin schon sehr hohe Qualitätsniveau noch weiter zu steigern - vor allem in puncto Helligkeit, Energieeffizienz und thermischer Performance. So hat das Unternehmen mit der Produktfamilie "Oslon Compact PL" eine neue LED-Generation angekündigt, bei der die Wärmeableitung aus dem Gehäuse erheblich vereinfacht wurde. Dank der dadurch möglichen höheren Bestromung soll ein Helligkeitswert von 395 Lumen bei einem Ampere mit einer Chipfläche von einem Quadratmillimeter erreicht werden. Damit sind platzsparendere Scheinwerfer, die beispielsweise für ADB-Systeme (Adaptive Driving Beam) wichtig sind, möglich.

Inzwischen tendieren die Hersteller auch immer mehr dazu, Funktionen des Scheinwerfers per Software anzupassen und nicht mehr für jede Region einen eigenen Scheinwerfer zu entwickeln. Denn wie Scheinwerfer die Fahrbahn ausleuchten dürfen, ist regional unterschiedlich geregelt. So darf beispielsweise das Abblendlicht eines Fahrzeugs in den USA beide Fahrspuren weiter in die Ferne ausleuchten, während der Fokus in der Europäischen Union stärker auf der Ausleuchtung der eigenen Fahrspur und der Minimierung der Blendung für andere Verkehrsteilnehmer liegt.

Welt-Scheinwerfer von Hella

Um die jeweils vorgegebene Lichtverteilung sicherzustellen, müssten für Fahrzeugscheinwerfer somit je nach Einsatzgebiet unterschiedliche Optiksysteme entwickelt werden. Unter Berücksichtigung von Rechts- und Linksverkehr können für ein weltweites Fahrzeugmodell somit bis zu zwölf technisch unterschiedliche Scheinwerfertypen erforderlich sein. Hella möchte das mit dem neuen Welt-Scheinwerfer lösen. Das Licht wird dabei über das Lichtmodul "SSL 100" ausschließlich softwaregesteuert angepasst. Die digitale Steuerung kann jeden Pixel einzeln aktivieren und die gesamte Lichtverteilung den jeweiligen regionalen Bestimmungen entsprechend abbilden. So leuchtet der baugleiche Scheinwerfer beispielsweise einen Verkehrskreisel im Rechts- oder Linksverkehr jeweils optimal aus und verhindert, dass der Gegenverkehr geblendet wird.

Durch den Siegeszug der LED-Technik verschwinden Halogentechnik und auch Xenon-Scheinwerfer langsam vom Markt. Denn durch die flächendeckende Verfügbarkeit der LED in großen Stückzahlen sind sie kostengünstig herzustellen und bieten im Vergleich zur herkömmlichen Beleuchtung Vorteile wie eine hohe Lichtausbeute bei gleichzeitig niedrigerem Stromverbrauch (Letzteres spart sogar Kraftstoff oder beim E-Auto Reichweite) und einer deutlich längeren Lebensdauer. Der lästige Lampentausch wie bei der Halogen- oder Xenon-Technik entfällt, darüber hinaus erhöht sich die Sicherheit. Wo so viel Licht ist, muss zwangsläufig auch Schatten sein: Nachteilig zeigt sich die schöne neue LED-Welt im Reparaturfall. Denn ist eine der Leuchtdioden kaputt oder streikt das Steuerungsmodul, wird im Regelfall der Austausch des ganzen Scheinwerfers notwendig. Denn der Austausch einzelner LED ist nicht vorgesehen. Je nach dessen Komplexität kostet der Scheinwerfer allein einen vierstelligen Betrag. Durch den Einbau in der Werkstatt summiert sich das für den Kunden zu einer höheren vierstelligen Summe, die den Restwert des Fahrzeugs übersteigen kann. Es ist daher die Frage, was es in Zukunft im Bereich der Scheinwerfer-Aufbereitung an Dienstleistungen geben wird. Denn ein Austausch lohnt sich sonst bei älteren Fahrzeugen nicht mehr.

Einzelne Module tauschen

Hersteller wie Magneti Marelli haben für den Aftermarket ein großes Programm an Beleuchtungsprodukten parat, darunter Neuheiten aus dem Seriengeschäft wie Laserlicht oder Heckleuchten mit OLED-Technologie. Für die Karosseriereparatur lassen sich aber nicht nur komplette Rückleuchten, sondern auch einzelne Module zur Instandsetzung, je nach Fahrzeugtyp mit Glühlampen oder energiesparenden LED bestückt, kaufen. Magneti Marelli betont, dass Werkstätten alle benötigten Teile für eine Reparatur aus einer Hand erhalten, beispielsweise auch die passenden Steuergeräte und Stellmotoren. Ein Trend, der stark zunimmt, da dynamische und adaptive Leuchteinheiten stetig an Marktanteil gewinnen. Laut Magneti Marelli neigen die Kfz-Betriebe dazu, die gesamte Leuchteinheit zu ersetzen, da ihnen nicht bewusst ist, dass manche Komponenten auch einzeln ausgetauscht werden können.

Das können Matrix-LED-Scheinwerfer

Blendfreies Fernlicht: Der Scheinwerfer kann dem Verlauf der Straße folgen und gleichzeitig entgegenkommende Fahrzeuge ausblenden. Spur- und Orientierungslicht: Der Scheinwerfer kann auf die Fahrbahn eine Gasse oder Markierung projizieren, um beispielsweise andere zu warnen. Animiertes Ein- und Aussteigelicht: Beim Ein- und Aussteigen kann der Scheinwerfer dem Fahrer Schriften oder Animationen zur Begrüßung und zum Abschied auf die Straße projizieren.

Sensoren im Scheinwerfer

Vor rund einem Jahr hat der österreichische Lichtsystem-Spezialist ZKW das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Dragonfly" vorgestellt. Dabei wurden optische Sensoren in den Scheinwerfer eines Testfahrzeugs integriert, um damit automatisierte Fahrfunktionen zu ermöglichen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Sicherheit im Straßenverkehr weiter zu erhöhen. Neben hochauflösenden Kameras hat ZKW auch Lidarsensoren (Light Detection and Ranging) in die Hauptscheinwerfer des Project-Dragonfly-Testfahrzeugs integriert. Damit kann das Sichtfeld auch bei Nacht deutlich erweitert werden. Die Scheinwerfer befinden sich an strategisch idealen Positionen, um mittels Sensorsystemen eine 360-Grad-Sicht, ähnlich wie die einer Libelle, rund um das Fahrzeug zu ermöglichen. Das Dragonfly-System kann dank künstlicher Intelligenz andere Verkehrsteilnehmer und Verkehrszeichen erkennen, Entfernungen sowie Geschwindigkeiten berechnen und daraus Steuerbefehle für das Fahrzeug erzeugen. 30 bis 50 Sensoren sind für autonomes Fahren von Level drei bis fünf laut ZKW notwendig.

Verschiedene LED-Typen im Vergleich

- Super Flux: auch "Spider-" oder "Piranha-LED" genannt. Besitzen bis zu vier Halbleiterkristalle (Chips) und werden oft für Flächen genutzt.
- SM-LED: oberflächenmontierbare LED, die vielfältige Bauformen erlauben und oft in Blink-, Brems- und Tagfahrleuchten eingesetzt werden.
- High-Power-LED: Diese LED sind besonders leistungs- und widerstandsfähig, dafür ist die Wärmeableitung wegen der Bauform anspruchsvoll.
- COB-LED: Das COB steht für "Chip on Board" und meint LED, die mit Drähten mit der Platine verbunden werden und oft eng bepackt als LED-Module zum Einsatz kommen.
- OLED: Organische Leuchtdioden basieren auf Kohlenstoff und sind zwischen zwei hauchdünnen Glasscheiben eingeschlossen. Bei Bestromung geben sie das Licht nicht punktuell, sondern in der Fläche ab. Durch ihre geringe Baugröße ermöglichen sie neue Gestaltungsmöglichkeiten.

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