Der allergrößte Teil der Batterien für Deutschlands E-Autos kommt weiterhin aus Asien. Eigentlich sollte sich das ändern, doch der Aufbau eigener Fertigungskapazitäten stockt. Zuletzt hatten gleich mehrere Zellhersteller ihre optimistischen Pläne kassieren müssen. Sie leiden unter schwacher E-Autoproduktion und drohenden Handelsproblemen mit China.
Dabei hatte es vor drei Jahren noch sehr gut ausgesehen für die potenzielle Zukunftsbranche. Politik und Autohersteller hatte nach langem Hadern das Potenzial einer europäischen Produktion erkannt, sich von der reinen Zukauf-Strategie verabschiedet. Denn weltweit kam 2022 knapp jedes dritte E-Auto aus einem Werk in Europa, doch nur jede zehnte Batteriezelle wurde hier gefertigt.
Ein offensichtliches Missverhältnis. Und dabei war das E-Auto gerade erst dabei, aus der Nische zu fahren. Die Nachfrage nach Batterien werde durch den Hochlauf der E-Mobilität in Europa bis 2030 jedes Jahr um 35 Prozent steigen, prognostizierten Experten.
Deutschland und Europa: Schlechte Nachrichten aus der Batteriebauer-Branche
Noch ist davon wenig zu merken. Zuletzt gab es in Deutschland und Europa eher schlechte Nachrichten aus der Batteriebauer-Branche. So strich der chinesische Hersteller SVolt im Frühsommer sein eigentlich geplantes Werk im brandenburgischen Lauchhammer. Kurze Zeit später kündigte ACC, ein Batterie-Joint-Venture von Mercedes, Total und Stellantis, an, das Tempo beim Werksbau in Kaiserslautern mindestens zu drosseln. Und zuletzt traf es auch das schwedische Unternehmen Northvolt, das einen Milliardenvertrag von BMW verloren hat.
"Die Hintergründe für die aktuelle Situation der Batteriehersteller sind durchaus unterschiedlich, haben aber eine gemeinsame Ursache: Die anfängliche Euphorie, was Stückzahlen und Wachstum angeht. Die trübt sich stark ein", erläutert Timo Kronen, Partner bei der Unternehmensberatung "Berylls by AlixPartners".
In Ländern wie Frankreich und Belgien gibt es zwar immer noch starkes Wachstum bei den Neuzulassungszahlen, doch im selbst ernannten Leitmarkt Deutschland hängt die E-Mobilität spätestens seit dem überhasteten Ausstieg der Politik aus der Kaufförderung komplett durch. Zuletzt riss die deutsche Unlust den kompletten europäischen E-Automarkt mit, der in den ersten fünf Monaten nur noch um 2 Prozent zulegte. Vom zweistelligen Wachstum der letzten Jahre ist man weit entfernt.
Mehr Tempo ist nicht in Sicht: "Wir sehen nicht, dass der wichtige deutsche Markt in den kommenden ein bis zwei Jahren wieder wächst, wenn die staatliche Förderung ausbleibt. Für den Privatkäufer gibt es aktuell keinen Anreiz, ein E-Auto anstelle eines Verbrenners zu kaufen, leider auch keinen finanziellen", so Ralf Walker, der sich bei Berylls by AlixPartners unter anderem mit den Auto-Volumenherstellern beschäftigt. Gerade in diesem Bereich fehlt es weiterhin an bezahlbaren und alltagstauglichen E-Autos.
Die schwache Nachfrage nach elektrischen Pkw schlägt komplett auf die Batteriehersteller durch. Ohne sichere Abnehmer für ihre Produkte können sie keine Kapazitäten errichten. "Der Aufbau einer Zellfabrik ist enorm aufwendig und teuer. Ohne konkrete Aussichten auf eine volle Auslastung des Werks, fehlt die wirtschaftliche Perspektive", so Walker. Schon ein kleines Werk kostet 5 bis 7,5 Milliarden Euro.
Flexibler Zukauf von Stromspeicher
Auch darum hat man in Europa lange gezögert mit dem Aufbau einer eigenen Batterie- oder Zellfertigung. Statt viel Geld in eigene Werke zu investieren, wollte man die Stromspeicher lieber flexibel zukaufen, gerne auch aus China. Eine Strategie, die mit dem wachsenden Erfolg aus verschiedenen Gründen an Grenzen stieß. Neben ganz praktischen Überlegungen – Batterien sollten am besten in der Nähe der Autos gefertigt werden – spielten auch geopolitische Überlegungen eine Rolle. Die Lieferkettenprobleme im Zuge von Corona und Ukraine-Krieg haben noch zusätzlich deutlich gemacht, wie verletzlich die Teileversorgung sein kann.
Zahlreiche Unternehmen haben in der Folge große Akku-Werke auf dem Kontinent angekündigt: Sollten alle Pläne realisiert werden, läge die Jahresproduktion 2030 bei 1.309 Gigawattstunden, wie damals Wissenschaftler der RWTH Aachen berechnet haben. Viel ist aber noch nicht passiert: Ende 2023 waren es erst knapp 186 GWh in der kompletten EU.
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Auch wenn es nur langsam läuft, die grundsätzliche Strategie des Aufbaus einer europäischen Batteriefertigung ist aus Sicht von Timo Kronen weiterhin die richtige: "Meiner Einschätzung nach werden sich die automobilen Lieferketten eher regionalisieren. Das funktioniert, aber nicht kurzfristig, es braucht Zeit." Stand heute sehe es jedoch eher so aus, dass die meisten Batterie-Lieferketten nicht komplett ohne chinesischen Anteil auskommen werden, schränkt er ein. "Es wird enorm schwer, einen Weg aus dieser Abhängigkeit zu finden." Problem sind vor allem die Grundrohstoffe und die Elektrodenmaterialien, die aktuell zu großen Teilen aus China kommen. Ein Wechsel der Bezugsquellen und die Etablierung einer funktionierenden Logistik dauern mehrere Jahre, der Bau neuer Minen noch deutlich länger.
Dass das Loslösen von China nötig sein wird, findet auch Ralf Walker. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen. „Die Batteriezellindustrie wird in fünf Jahren eine andere sein als wir es vor einem Jahr gedacht hätten. Da spielen die möglichen Zölle eine Rolle, aber auch diverse andere Handelskriegs-ähnliche Situationen zwischen China und den USA, die sich gerade abzeichnen. Wie genau sich die Situation entwickelt, hängt unter anderem stark vom Ausgang der US-Wahl im Herbst ab. In der Folge kann es in einigen Märkten zu einer völligen Abkehr von der E-Mobilität kommen, es kann sich aber auch alles in Wohlgefallen auflösen.“
Unsicherheiten sind jedoch Gift für Investitionen. Vor allem, wenn es um extrem teure Batteriewerke geht. Für die E-Mobilisierung des Straßenverkehrs könnte das zum Problem werden.