Die Abgasnorm Euro 7 wurde Anfang des Jahres verabschiedet und schreibt auch Grenzwerte für den Abrieb beziehungsweise die erlaubte Menge an Partikeln vor, die von Bremsen in die Umwelt gelangen dürfen. Das gilt auch für Elektroautos, deren Emissionen künftig auch kontrolliert werden. Hier gelten die Grenzwerte für Partikel und Feinstaub mit einer Größe von weniger als zehn Mikrometer (PM10) von drei Milligramm pro Fahrzeug-Kilometer und bei allen anderen Antriebsarten von sieben Milligramm pro Fahrzeug-Kilometer.
Neu homologierte Fahrzeuge müssen nach derzeitigem Stand die Euro-7-Grenzwerte für Bremsstaub jedoch erst ab dem 29. November 2026 und alle Erstzulassungen erst ein Jahr später erfüllen. Bis die Regelungen für Produkte auf dem Aftermarket greifen, wird noch etwas Zeit vergehen.
Globale technische Regulierung: Messmethodik, Testzyklus und Prüfstandaufbau
Bereits im Januar 2023 wurde die globale technische Regulierung (GTR) in Genf offiziell verabschiedet. Sie definiert Messmethodik, Testzyklus und Prüfstandaufbau, um Bremspartikel am Schwungmassenbremsenprüfstand messen zu können. Um sicherzustellen, dass sich die Messergebnisse auf den realen Fahrbetrieb übertragen lassen, wurde bereits erfolgreich ein einheitlicher Prüfzyklus herangezogen: der WLTP-Bremszyklus. Dieser Zyklus wurde mithilfe realer Fahrzeugdaten definiert und bildet über einen längeren Zeitraum verschiedene Betriebspunkte der Bremse ab. Mit diesem WLTP-Bremszyklus sollen zukünftig die Bremsemissionen einheitlich auf Prüfständen gemessen werden.
Dabei ist es entscheidend, auf dem Prüfstand das jeweilige Fahrzeugmodell exakt abzubilden. Der Aufwand für die Prüfung ist immens: Die Investition für einen Prüfstand beläuft sich auf rund 1,5 Millionen Euro. Die Gesamtlaufzeit für ein Material beträgt etwa 27 Stunden und umfasst sechs Zyklen, in denen jeweils 303 Bremsvorgänge auf einer Fahrtstrecke von 192 Kilometern simuliert werden.
- Ausgabe 7-8/2024 Seite 036 (514.9 KB, PDF)
Verschiedene Methoden
Mit der Euro-7-Norm sind Reibmaterialrezepturen und spezielle Bremsscheibenbeschichtungen gefragt, die auf den Punkt genau auf niedrige Emissionen abgestimmt sind. TMD Friction als Spezialist für Bremstechnologie arbeitet gemeinsam mit Automobil- und Bremsenherstellern bereits seit Langem an neuen Konzepten, um für die Fahrzeuge die ideale emissionsarme Reibpaarung zu finden, mit der sich der Grenzwert der Euro-7-Norm erfüllen lässt. "Spezielle Filter oder Absaugsysteme sind unseres Erachtens nach nicht notwendig", sagt Vincenzo Di Caro, Senior Manager Vehicle Programme bei TMD Friction.
Die Nachteile solcher Systeme würden überwiegen: Sie verursachen Zusatzgewicht und erhöhen je nach Konstruktion somit die ungefederten Massen, sind kostenintensiv und müssen gewartet werden. In Bezug auf die Bremsen gibt es noch einen weiteren Nachteil, denn die Belüftung und damit die Wärmeabfuhr können je nach Konstruktion wesentlich eingeschränkt sein. Das aktuell vielversprechendste Konzept sieht TMD Friction daher in einer hartstoffbeschichteten Graugussscheibe in Kombination mit einer maßgeschneiderten Reibmaterialmischung. Ähnlich sieht es Zulieferer Bosch. Zukünftig sieht der Hersteller zwei Möglichkeiten, die Werte der Euro-7-Norm zu erfüllen: der Einsatz von Graugussscheiben mit NAO-Belägen (non-asbestos organic, sprich keramische Beläge) oder mit Hartstoffschichten versehene Bremsscheiben mit angepassten Belägen.
So lässt sich Bremsstaub vermeiden
BildergalerieStaubsauger oder Trommelbremse
Ein anderes Konzept verfolgt Filterspezialist Mann+Hummel, der ein aktives Filtersystem an der Bremse entwickelt hat, um den Bremsabrieb einzufangen. "Der aktive Bremsstaubpartikelfilter ist nach wie vor unsere bevorzugte Lösung zur Reduzierung von Bremsstaubemissionen. Das System hat einen Entwicklungsstand erreicht, bei dem es für spezifische Kundenapplikationen eingesetzt werden kann. Hierzu stehen wir in Kontakt mit den Fahrzeugherstellern und sind auch an einer Reihe von konkreten Projekten beteiligt", sagt Lukas Bock, Lead Product Engineer Advanced Engineering bei Mann+Hummel. Bock lässt jedoch durchblicken, dass das aktive Filtersystem weniger für Pkw als vielmehr für leichte und schwere Nutzfahrzeuge relevant sein wird.
Zulieferer Continental sieht hingegen die Trommelbremse als eine gute und kostengünstige Möglichkeit an, die Euro-7-Norm zu erfüllen. Laut Continental wurde das Partikel-Reduktionspotenzial noch einmal deutlich optimiert. Die gemessenen Werte von Trommelbremsen in einigen beispielhaften Baugrößen erfüllen schon heute die Anforderungen für Partikelemissionen.