Die September-Ausgabe 2024 des Autokäuferpuls der puls Marktforschung GmbH befasste sich schwerpunktmäßig mit den Themen Werkstattloyalität und Teilegeschäft. Der Blick in die Umfrageergebnisse lohnt sich, denn nicht nur die Markenwerkstätten haben ein Loyalitätsproblem. Auch die freien Werkstätten, die in früheren Jahren regelmäßig in puncto Kundenzufriedenheit besser abgeschnitten haben als die Markenbetriebe, sind in der Gunst der Kunden deutlich zurückgefallen. Puls-Geschäftsführer Stefan Reiser stellt klipp und klar fest: "Die freien Werkstätten punkten zwar noch bei Preis, Erreichbarkeit und Schnelligkeit der Reparatur, aber die Trendwende bei der Kundenzufriedenheit ist in den Gesamtergebnissen unserer Zeitreihe klar ersichtlich."
Aber auch die Markenbetriebe haben teils Probleme, ihre Kunden zu loyalisieren, zeigt die Umfrage. Dabei sind die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Aftersales durchaus günstig: Die Fahrzeuge werden immer länger gefahren und damit steigt der Servicebedarf. Nach dem Motto "Lieber das bisherige Fahrzeug nochmal reparieren lassen als in unsicheren Zeiten einen Neuwagen anschaffen" ist der auf rekordverdächtige 10,3 Jahre gealterte Fahrzeugbestand der wichtigste Wachstumstreiber für Services, Reparaturen, Teile und Zubehör.
Schwache Loyalisierung
Mit einer für das erste Halbjahr 2024 festgestellten Werkstattloyalisierung von durchschnittlich 39 Prozent bei Markenbetrieben gibt es aber durchaus Luft nach oben. Denn Dacia, Toyota, Cupra und Tesla zeigen mit Loyalisierungsquoten zwischen 56 und 60 Prozent, dass es auch noch deutlich besser geht.
Die in den letzten Jahren insgesamt rückläufige Kundenzufriedenheit mit Autowerkstätten trifft aber besonders für System- und freie Werkstätten zu. Stefan Reiser: "Es ist auffällig und war bisher nicht so zu sehen. Aber freie Werkstätten beginnen erstmals zu schwächeln. Die Werkstattloyalität und -zufriedenheit ist vor allem bei den Systemwerkstätten als auch bei freien Werkstätten rückläufig." In der Vergangenheit haben die freien Werkstätten beim Image deutlich besser abgeschnitten als Markenbetriebe.
In der detaillierten Abfrage der Kundezufriedenheit punkten Markenwerkstätten bei wichtigen Imagekriterien wie Qualität der Arbeiten, Freundlichkeit, Terminverfügbarkeit und Beratung. Freie Betriebe haben nur noch bei drei Kriterien die Nase vorne: beim Preis, bei der Erreichbarkeit und bei der Schnelligkeit der Reparatur. Bei ähnlichen Umfragen in den Jahren 2018 und 2021 war das Bild noch ein anderes: Hier haben die freien Werkstätten in fast allen Kategorien einen deutlichen Vorsprung.
"Es war bisher so nicht zu sehen, freie Werkstätten beginnen zu schwächeln." Stefan Reiser, puls Marktforschung
- Ausgabe 02/2025 Seite 044 (798.7 KB, PDF)
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Mögliche Erklärungsansätze
Woher kommt der Abfall bei der Kundengunst? Stefan Reiser hat dafür eine Erklärung: "Wir glauben, dass dies einhergeht mit der rasanten Entwicklung der Technik in den Autos bei Antrieb, Konnektivität und der ganzen Mechatronik. Das sind alles Bereiche, in denen eine freie Werkstatt bei künftigen Fahrzeug-Generationen nicht mehr ohne Weiteres wird liefern können."
Bislang galten freie Werkstätten für Fahrzeuge ab Segment 2 als die natürliche Anlaufstelle, was automatisch mit Kundenverlusten bei Markenwerkstätten verbunden war. Dass dies auch künftig so sein werde, sei alles andere als sicher.
Beim Blick auf die Zufriedenheit schneiden die Systemwerkstätten (Werkstattketten) mit Ausnahme der Kategorie Preis am schlechtesten ab. In den Werten zeigt sich eine offensichtliche Problematik: "Es gelingt nicht mehr, Kunden für Systemwerkstätten zu begeistern. In der Vergangenheit waren hier die Werte noch deutlich besser", konstatiert Marktforscher Stefan Reiser. In den Ergebnisdaten zeigt sich, dass Systemwerkstätten wie A.T.U oder Pit-Stop grundsätzliche Imageprobleme bei der Termineinhaltung, Freundlichkeit, der Teilequalität und Zuverlässigkeit der Arbeit haben, die sie auch in der Preiswahrnehmung nicht wettmachen können.
Was also ist zu tun, um Kunden wieder besser abzuholen? Stefan Reiser denkt an Investition in Aus- und Weiterbildung: "Man wird bei den Freien eine Ausbildungs-Offensive starten müssen. Das Thema Qualifizierung ist eine hohe Marktbarriere für freie Werkstätten."
Fachkräftemangel trifft alle
Spürbar wird in den puls-Umfragen der Fachkräftemangel. Reiser: "Der Fachkräftemangel betrifft die gesamte Automobilbranche, aber im Werkstattbereich ist das Defizit am stärksten." Oft fehlten Leute, die mit ihrer langjährigen Erfahrung wichtige Stützen für den Betrieb waren, und neue gut ausgebildete Mitarbeiter rückten immer schwerer nach. Aufgrund der Betriebsgröße wiegt das in der freien Werkstatt vermutlich noch schwerer, weil in der Regel insgesamt weniger Mitarbeiter vorhanden sind, die das ausgleichen können.
Ähnlich gravierend stellt sich in vielen Betrieben die Frage nach der nächsten Generation: "Es schließt sich direkt die Frage an, wie es die Freien schaffen, den Betrieb in die nächste Generation zu übergeben", so Reiser.