Der Bundesverband Fahrzeugaufbereitung (BFA) feierte im September 2017 sein 20-jähriges Bestehen. Seit seiner Gründung hat er sich die Wahrnehmung und Förderung der Interessen seiner Mitglieder zur Aufgabe gemacht und bietet dazu die Qualifizierung zum zertifizierten Fahrzeugaufbereiter an. Das langfristige Ziel ist jedoch die Anerkennung als Ausbildungsberuf, denn es steckt weit mehr dahinter, als nur Autos aufzuhübschen. Markus Herrmann, seit 2012 Präsident des BFA, begründet dies: "In den vergangenen Jahren hat sich fahrzeugspezifisch vieles verändert. Hier braucht es echte Profis mit handwerklichem Geschick und Know-how. Fahrzeugaufbereiter müssen sich mit den verbauten Materialien, der Lacktechnik und der Chemie bestens auskennen."
Seit Jahren arbeitet der BFA bei der Qualifizierung der Fachkräfte mit der Handwerkskammer Hannover (HWK) zusammen. Christoph Stein, Weiterbildungsberater im Förderungs- und Bildungszentrum (FBZ) der HWK, nennt einige Beispiele, warum unter anderem eine qualifizierte Ausbildung wichtig ist: "Wir vermitteln in unseren Lehrgängen nicht nur Methoden zur Aufbereitung, sondern auch Hintergrundwissen. Welche ungelernte Kraft weiß heute schon, wie ein Sitz mit integriertem Airbag oder ein Armaturenbrett voller Elektronik und Digitaltechnik zu reinigen ist, ganz zu schweigen vom fachgerechten Umgang mit teil- oder vollelektrifizierten Fahrzeugen, ohne dass es zu Folgeschäden kommt?" Ein wichtiger Bestandteil der HWK-Lehrgänge ist deshalb auch das Thema Kundenkommunikation. "Man muss dem Kunden einerseits den Aufwand einer professionellen Aufbereitung vermitteln können, ihn aber auch auf eventuelle Risiken hinweisen, um rechtlich abgesichert zu sein", so Stein weiter. Beliebtes Beispiel hier ist die Entfolierung, wo es selbst bei fachgerechter Vorgehensweise zur Ablösung der Klarlackschicht kommen kann.
Über 370 Lehrgangsstunden
Der BFA bietet in Zusammenarbeit mit der HWK die Ausbildung zum/zur "Zertifizierten Fahrzeugaufbereiter/-in BFA/HWK" an. Diese behandelt in 80 Stunden die Beurteilung und Aufbereitung von Fahrzeugen, geeignete Geräte, systematisches Vorgehen, innovative Techniken sowie die Berücksichtigung technischer, wirtschaftlicher und umweltgerechter Gesichtspunkte. Dieser Abschluss kann auf die Weiterbildung zur "Fachkraft für innovative Fahrzeugaufbereitung (HWK)" angerechnet werden, die in Inhalt und Tiefe noch deutlich weitergeht. In vier Modulen mit insgesamt über 370 Lehrgangsstunden werden technische, wirtschaftliche, Marketing- und Umweltaspekte zur Aufbereitung, Ausbeultechnik, Smart-Repair inklusive Glas sowie Spot-Repair im Detail vermittelt. Die Kursgebühren hierfür werden zumindest für Betriebe aus Niedersachsen mit bis zu 80 Prozent gefördert.
Die Schulungen für die Fachkraft werden exklusiv an der HWK angeboten, während die Zertifizierung bundesweit durchgeführt werden kann. Hierbei ist die Theorie online zu erlernen, die Praxis findet im jeweiligen Betrieb statt. Die abschließende Prüfung wird bei diversen Industriepartnern im Bundesgebiet durchgeführt, etwa bei Koch-Chemie in Unna oder Makra in Göppingen.
Diese und weitere namhafte Unternehmen wie Sonax oder die CleanAkademie bieten ihrerseits eigene Ein- oder Zwei-Tagesseminare an, in denen in erster Linie Grundwissen rund um die Lack- und Innenraumaufbereitung vermittelt wird. Die könnten die ideale Basis für die BFA-Zertifizierung sein, wo Vorkenntnisse der Aufbereitung erwartet werden. Die Ausbildung zur Fachkraft bei der HWK verlangt hingegen eine abgeschlossene Berufsausbildung oder den Nachweis vergleichbarer Fertigkeiten und Kenntnisse, die eine Zulassung zur Prüfung rechtfertigen (zum Beispiel mehrjährige Berufserfahrung). Die Lehrgänge sind sowohl für Mitarbeiter in Autohäusern und Werkstätten, im Gebrauchtwagenhandel oder in Fuhrparks sowie in K&L-Betrieben und reinen Aufbereitungsbetrieben zu empfehlen, aber auch für Auto-affine Quereinsteiger (siehe Kasten) mit entsprechenden Vorkenntnissen geeignet. Lehrgangstermine findet man auf www.bfa-net.de und auf www.hwk-hannover.de/smartrepair oder den Internetseiten der Industriepartner.
Mit Herzblut und Fachwissen
Nach der Ausbildung zur "Fachkraft für innovative Fahrzeugaufbereitung" profitiert Anja Stohr und ihr Unternehmen von der zusätzlichen Qualifikation.Sie hat viel Gefühl für feine Oberflächen und einen pragmatischen Sinn für Sauberkeit. Seit 2014 verfügt Anja Stohr aus Annaberg-Buchholz zudem über jede Menge Fachwissen, denn da hat die 36-Jährige ihr Know-how in Sachen Fahrzeugaufbereitung an der Handwerkskammer Hannover (HWK) erweitert und besuchte den Lehrgang zur "Fachkraft für innovative Fahrzeugaufbereitung", den die Handwerkskammer Hannover (HWK) in Kooperation mit dem Bundesverband Fahrzeugaufbereitung (BFA) anbietet. Die 2014 ausgestellte Urkunde prangt seitdem an präsenter Stelle auf ihrer Startseite. "Sie verdeutlicht den Qualitätsanspruch, den ich an meine Arbeit stelle", betont Anja Stohr. Und das Siegel wirkt auch bei den Kunden. "Ich habe schon häufig in Gesprächen mit meinen Kunden erfahren, dass meine Qualifikation den Ausschlag dafür gegeben hat, dass sie zu mir statt zu einem Mitbewerber gegangen sind." Ihre Begeisterung für Fahrzeuge half ihr ebenso wie die ursprüngliche Ausbildung zur Malerin und Lackiererin sowie eine weitere zur Verkäuferin. Doch ihren Traumberuf hat sie nicht aus den Augen verloren. Und so wagte die 36-Jährige 2008 den Sprung in die Selbstständigkeit als Fahrzeugaufbereiterin.Kommunikation ist wichtigDie beiden ursprünglichen Ausbildungen haben Anja Stohr den Einstieg in die Fahrzeugaufbereitung erleichtert, denn akkurates Arbeiten ist auch für gute Maler und Lackierer selbstverständlich. Ihre Erfahrungen im Verkauf kommen ihr zudem im Umgang mit ihrer Kundschaft zugute. "Die Beratung des Kunden ist gerade in der Fahrzeugaufbereitung sehr wichtig", weiß Anja Stohr. Denn viele Fahrzeugbesitzer wissen nicht, welch breites Spektrum die Fahrzeugaufbereitung bietet und welche der angebotenen Dienstleistungen für ihren Zweck und ihr Auto am sinnvollsten ist. Ihr bereits vorhandenes technisches Wissen hat sie 2013 durch die Weiterbildung bei der HWK ergänzt. "Besonders die Themen Umwelt- und Arbeitsschutz hatte ich vorher eher etwas nachlässig betrachtet", sagt Anja Stohr, der diese Themen jetzt präsenter sind. Der gute Service spricht sich herum. So kann Anja Stohr auf Werbung derzeit verzichten. Ihr Kundenkreis reicht bis in das rund 30 Kilometer entfernte Chemnitz. "Man muss den Job lieben. Wenn ich eine gute Arbeit leisten will, muss ich mit Herzblut dabei sein, sonst macht es keinen Spaß."
- Ausgabe 10/2017 Seite 40 (235.7 KB, PDF)