Serie Teil 5
Was erwartet der Kunde bei Reparatur- und Servicearbeiten? Zahlt er für die Zeit, die die Monteure aufwenden oder erwartet er die Komplettleistung Reparatur. Schnellreparaturketten setzen erfolgreich auf das Modell Paketpreise – und das ist durchaus zur Nachahmung empfohlen, meint unser Autor.
Stundenhotel oder Dienstleister, das ist hier die Frage.Wenn man sich auf der Zunge zergehen lässt, was die meisten Werkstätten eigentlich machen, dann kommt das einem Stundenhotel sehr nahe. Ich buche als Kunde eine Stunde Monteur und die kostet dann eben 50 oder 60 Euro. Damit passieren zwei Dinge: Erstens limitieren die Monteure die Auslastung. Und zum Zweiten limitiert dieses Vorgehen den Leistungsgrad, denn die Werkstätten berechnen regelmäßig die tatsächlich benötigte Zeit – also maximal 100 Prozent. Und das dann auch über alle Werkstattdisziplinen hinweg. Egal ob schwierige oder leichte Arbeiten. Gut, manche Werkstätten begegnen diesem Effekt zur Zeit mit gestaffelten Stundenverrechnungssätzen. Aber immer noch ist dann die Verrechenbarkeit limitiert.
Lieber langsam, aber teuer?
Und wenn die Werkstatt nun noch einen schnellen Schrauber hat, dann ist das eher geschäftsschädigend, da er, je schneller er arbeitet, die Leistung für den Kunden noch günstiger macht. Gleichzeitig braucht die Werkstatt immer mehr Arbeit, um die Monteure auszulasten. Im Gegenzug heißt das: Die Monteure, die sich Zeit lassen bringen der Firma pro Leistung das meiste Geld. Das allerdings ist auch nur bedingt möglich, denn wenn es zu lange dauert, muss auch der Rechnungsbetrag angeglichen werden. Damit schmälert die Werkstatt den Leistungsgrad.
Und nicht zuletzt sind da noch die Arbeiten, die ohnehin jenseits einer ausreichenden Verrechnung stattfinden. Das sind die Reifenwechsel und -montagen. Da sind die „Lampenwechsel-Aktionen“, bei denen es kein Verständnis der Kunden für eine 30-Euro-Rechnung gibt, auch wenn der Wechsel je nach Modell eine halbe Stunde dauert. Viele Argumente also, die gegen eine Verrechnung im Stundenverrechnungssatz sprechen.
Wenn man sich fragt, was der Kunde wirklich will, dann ist das doch im Kern eine Leistung und keine Stunde Monteur-leistung! Das ist wie beim Taxifahren: Wenn der Taxifahrer einen Festpreis nennt (was hier und da sogar vorkommt), dann ist man ganz entspannt. Fährt er auf Taxameter, klebt der eigene Blick auf dem durchrauschenden Betrag.
Dagegen will der Kunde doch eine Leistung haben. Der Kunde, an dessen Fahrzeug eine Achsmanschette defekt ist, will keine Stunde Monteurleistung, son-dern eine intakte Achsmanschette. All diese Arbeiten, die klar umrissen sind, sind dafür prädestiniert in einem Paket angeboten zu werden.
Hier lohnt es sich, einen Blick auf die Strategien der Reparaturketten zu werfen, die Fast-Fitter kommen ins Spiel. Beispiel A.T.U. Auch als Beobachter mit fundierten Fachkenntnissen fragt man sich, wie die Filialen es schaffen, in Windeseile und quasi auf Knopfdruck ein Paketangebot zu nahezu jeder Reparatur rauszulassen.
Im Kern ist das recht einfach. Indem sie für nahezu alles Paketpreise bilden können. Beispiel Inspektion: Es beginnt mit der Schlüsselnummer im Fahrzeugschein. Dann geht’s weiter mit der Auswahl große, kleine, Vielfahrerinspektion, Aus-wahl des Öls (Fassware, Markenware, Premiumöl), Pollenfilter, Additive, Enter – drucken – fertig – Bitteschön! Und dann folgt sofort das Angebot der Umsetzung oder des Termins. Und nett sind die in der Hauptsache auch noch! Da fällt es als Kunde schon eher schwer „Nein“ zu sagen.
Ein Preis – alles drin!
Das schwierigste an Paketpreisen ist die Aktualität von Ersatzteilen und Ersatz-teilpreisen. Gerade im Markenbereich erschwert das ständige Ersetzen von Ersatzteilnummern und Preisen das Pflegen von Paketpreisen. Hier wird mittlerweile die Paketpreisgestaltung vielfach zentral vom Hersteller gemacht und auch die Reparaturketten erzeugen die Paketpreise zentral. Vorteil dieser Vorgehensweise der Fastfitter ist, dass diese Direktbezieher sind und so natürlich auch mit Ersatzteilpreisen und Stundenlöhnen in der Kalkulation variieren können.
Funktioniert das in der Werkstatt?
Zunächst einmal empfiehlt es sich, eine Zusammenfassung über die meisten Arbeiten zu machen. Welche Fahrzeuge, welche Typen, welche Arbeiten führt man am häufigsten durch. Nehmen wir zum Beispiel die Inspektionen: Im Internet hat sich der Preis von 39 Euro für die kleine Inspektion und von 69 Euro für die große Inspektion durchgesetzt. Ohne Teile! Das ist für das Internet auch so in Ordnung, damit die Kunden auf Basis dieses günstigen Preises zu uns kommen. Nun ist es Sache des Werkstattunternehmers, sauber zu definieren, welche Ersatzteile bei Inspektionen üblicherweise dazu kommen (Öl, Klein- und Hilfsmittel, Filtermaterialien etc.) und diese zu den 39 oder 69 Euro hinzuzukalkulieren. Und zwar so, dass es mit dem Stundenverrechnungssatz wieder hinhaut. Und das ist dann schon der Paketpreis!
Bei komplexeren Arbeiten, bei denen das nicht ganz so einfach ist, muss man zumindest anhand von Richtpreisen in der Lage sein, dem Kunden schnell einen Preis nennen zu können. Auch Kalkulationsprogramme haben mittlerweile bei vielen Arbeiten die erforderlichen Ersatzteile- und Teilepreise schon integriert. Die gilt es zu nutzen.
Die Gunst der Situation nutzen
Wie auch immer – ein Kunde, der bei uns am Tresen steht, hat sich nicht hierhin verirrt! Er möchte eine Leistung haben. Und natürlich möchte er vorab auch einen Preis für diese Leistung. Wenn er diesen schnell und nachvollziehbar erhält, dann neigt er dazu, zu entscheiden, die Arbeit sofort machen zu lassen. Im Grunde kann man dieses Gefühl doch selbst bei sich feststellen. Wer kauft schon etwas, ohne vorher zu wissen, wohin die Reise preislich geht. Nur Kunden, die nicht anders können oder Kunden, denen Geld egal ist. Leider gibt es von denen so extrem wenige!
Mit Paketpreisen Kaufentscheidungen ermöglichen. Darum geht es. Probieren Sie es aus. Georg Hensch
▶ Welche Leistung zahlt der Kunde? Kunden wollen eine Reparaturlösung kaufen, keine Monteurstunde
▶ Paketpreise kann jede Werkstatt für häufig wiederkehrende Reparaturen aus der eigenen Software erzeugen
- Ausgabe 2/2011 Seite 66 (262.2 KB, PDF)