Teileidentifikation
Ungenaue Fahrzeugidentifikation bei der Teilebestellung ist eines der Hauptprobleme des freien Reparaturmarkts. Die Macher des elektronischen Informationsmediums Centro-digital glauben dieses Problem jetzt in ihrer aktuellen Software-Version weitgehend gelöst zu haben.
Reparaturalltag in deutschen Werkstätten: Auf der Hebebühne steht ein Golf IV. Der Auftrag lautet: Bremse instand setzen, was in dem Fall Erneuerung von Bremsscheiben und -belägen an der Vorderachse bedeutet. Eigentlich Routine, doch beim Blick in den Teilekatalog des Großhändlers dann die Überraschung. Denn für den Golf IV in der speziellen Motorisierung sind vier verschiedene Bremsreparaturkits im Angebot. Welches das für das Modell richtige ist, lässt sich anhand der KBA-Nr. nicht exakt sagen. „In der Praxis bestellt die Werkstatt jetzt alle vier Bremsenkits, sucht sich das raus, welches für ihr Kundenfahrzeug passt, und schickt den Rest wieder zurück an den Teilehändler“, beschreibt Theo Strätgen das übliche Procedere.
Sein Arbeitgeber ist die Teilehandelskooperation Centro und sein Verantwortungsbereich umfasst sämtliche Softwareprodukte und elektronischen Kataloge, in der Hauptsache die Betreuung und Weiterentwicklung der Softwareprodukte Centro-digital und Centro-faktura. „Im Idealfall gehen die drei nicht benötigten Teile dabei unbeschädigt an den Händler zurück, was allerdings eher die Ausnahme ist“, so Strätgen.
Unnötige Prozesse und Kosten
Sind die Verpackungen der nicht verwendeten Teile beschädigt, kommen zu den Retour- und Wiedereinlagerungskosten auch noch solche für Prüfung des Bauteils und Neuverpackung hinzu. Zudem: Muss die Werkstatt die für das Fahrzeug als verbaubar angegebenen Ersatzteile bei mehreren Teilehändlern bestellen, verzögert sich unter Umständen auch der Fertigstellungstermin für das Fahrzeug, weil die passende Lieferung nicht rechtzeitig eintrifft. „Diese Kosten und unnötigen Prozesse lassen sich vermeiden, wenn die Werkstatt auf Anhieb das richtige Teil zum Auto zuordnen kann.“ Mit der Version 02/2009 des elektronischen Informationsmediums Centro-digital kann die Werkstatt genau das, ist Theo Strätgen überzeugt.
Identifikation auf Ausstattungsbasis
Um das Teileidentifikationsproblem zu lösen, hat man die Katalogdaten aus Centro-digital um Herstellerdaten mit einem entsprechenden Fahrzeugstamm ergänzt. „Dadurch kann der Anwender Fahrzeuge direkt auf Ausstattungsbasis identifizieren, das heißt auf Basis von Herstellerdaten.“ Die Vorteile dieser Fahrzeugidentifikation erläutert Theo Strätgen an einem Beispiel. „Im Golf IV, ab Baujahr 1997, mit 1,6 Liter Hubraum und 74 kW waren drei verschiedene Bremsensysteme verbaut. Ausstattungsbezogen hatten die einzelnen Varianten dieses Typs, z.B. Aktion, Generation, Colour oder die Basisversion, aber in der Regel immer nur ein Bremssystem verbaut, in das nur ein bestimmter Bremsenkit passt. Und den ordnet unser System eindeutig zu, wenn man das Fahrzeug zuvor entsprechend identifiziert hat.“
Benötigte Ersatzteile können dabei durch einfaches Anklicken in einer interaktiven Grafik ausgewählt werden. Dabei werden die einzelnen Baugruppen und -komponenten in Explosionszeichnungen dargestellt. „Fehlbestellungen sind damit faktisch ausgeschlossen, denn die Werkstatt klickt nur auf die Bauteile, die sie ersetzen muss“, so Theo Strätgen. Ausgewählte Ersatzteile werden mit der aktuellen Teilenummer des Großhändlers oder des Herstellers direkt im Warenkorb von Centro-digital abgelegt. Weitere Besonderheit hierbei ist die im System hinterlegte Teilenummernhistorie. „Das System bildet die komplette Nummernhistorie zu einem Ersatzteil ab, so dass dem Anwender immer zum Schluss die aktuelle Herstellernummer für ein Ersatzteil angezeigt wird. Nur über die komplette Nummernhistorie ist eine Querreferenzierung zu Aftermarket-Teilen möglich“, erklärt Theo Strätgen.
Mit Centro-digital in Verbindung mit den Herstellerdaten stehen der Werkstatt jetzt außerdem Informationen über Ersatzteile zur Verfügung, die nur über den Fahrzeughersteller zu beziehen sind. „Mit dem Programm können nicht nur häufig ausschließlich über den Hersteller zu beziehende Ersatzteile ausgewählt und den Kunden so präzise Angebote unterbreitet werden. Zum Teil können die Herstellerteile bereits über den Bosch-Vertragsgroßhändler bezogen werden“, erläutert Strätgen. Die Integration und Umsetzung der Herstellerdaten in Centro-digital wurde nach Vorgaben der Centro vom EDV-Dienstleister vidicom vorgenommen.
Teileverfügbarkeit präzisiert
Zusätzlich zu der Integration der Herstellerdaten enthält Centro-digital ab der Version 2/2009 weitere nützliche Funktionen. Dazu zählt die Nutzung eines WebService, mit dem die Werkstatt eine hohe Transparenz und jederzeit aktuelle Informationen über die Verfügbarkeit und Preisstellung zu bestellender Ersatzteile erhält. Damit kann der Anwender direkt über eine Sammelanfrage mit einem Knopfdruck die Verfügbarkeit aller für Reparaturen selektierten Teile beim Bosch Großhändler abfragen: wann es (mit welcher Tour) geliefert wird, welche Alternativteile unter Umständen zur Verfügung stehen etc. „Das ermöglicht eine Präzision bei der Auftragsplanung und -bearbeitung, die so bislang nicht möglich war“, beschreibt Theo Strätgen die Vorteile.
Serviceaktionen und Rückrufe
Zudem bietet das System fahrzeugspezifische Informationen zu so genannten Serviceaktionen der Automobilhersteller auf Basis der Audacon-Datenbank SOS. „Auch offizielle Rückrufe der Automobilindustrie sind im System integriert (Aktuelle Info) und werden bei Bedarf täglich aktualisiert“, so Strätgen. Mit dieser Funktion können über Nacht wichtige Informationen, z. B. bei Veränderung von Zahnriemenwechselintervallen, an die Werkstatt kommuniziert werden. Letzte Neuerung, ebenfalls auf Basis von Audacon-Daten, ist die Funktion Interaktive Schaltpläne. Dabei kann der Monteur am Computer fahrzeugspezifische Schaltpläne aufrufen und beispielsweise bestimmte Leitungen individuell einfärben, um Verlegung und Anschlüsse im Fahrzeug besser nachvollziehen zu können. „Selbstverständlich können die Pläne insgesamt, aber auch Detailvergrößerungen zur Arbeit am Fahrzeug ausgedruckt werden“, ergänzt Theo Strätgen.
Die Fahrzeugabdeckung des Systems Centro-digital gibt der EDV-Verantwortliche mit 96 bis 98 Prozent an. „Zu einem Ferrari können wir leider nichts bieten, ansonsten ist das System aber recht vollständig.“
Aktuell nutzen laut Centro über 6.000 Betriebe in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Vollversion des Systems. Wer mehr über Centro-digital erfahren möchte, findet umfangreiche Informationen unter www.centro-digital.de oder direkt beim zuständigen Bosch-Vertragsgroßhändler. Frank Schlieben
- Ausgabe 8/2009 Seite 54 (512.0 KB, PDF)