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Euromaster-Interview: Ran an die Steckdosen

23.09.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
David Gabrysch
David Gabrysch ist Geschäftsführer Euromaster Deutschland und Österreich.
© Foto: Dietmar Winkler

Die Reifen- und Werkstattkette Euromaster übernimmt für den E-Auto-Hersteller Elaris als exklusiver Partner den Service und vermittelt auch Neufahrzeuge. David Gabrysch, Geschäftsführer Euromaster Deutschland und Österreich, erklärt, was dahintersteckt.

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Kurzfassung

Fahrzeuganbieter, die nicht über ein eigenes Servicenetz verfügen, sind auf Kooperationspartner angewiesen. Bei Euromaster kann man die E-Autos nicht nur reparieren, sondern auch gleich kaufen - ein spannendes Modell.

asp: Warum ist Euromaster in den Vertrieb und Service von E-Fahrzeugen eingestiegen?

David Gabrysch: Wir merken schon seit Jahren, dass sich das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert. Bereits vor genau zehn Jahren wurden die ersten Geschäftsmodelle für das Carsharing entwickelt. Jetzt stehen wir vor der Transformation der Antriebstechnologie. Gerade Deutschland und Österreich sind offen für diese Veränderungen, auch wenn wir bei den Zulassungszahlen noch nicht so weit sind wie in Skandinavien, wo jetzt schon mehr Elektrofahrzeuge neu zugelassen werden als Verbrenner. Wir sehen auch: Bei den jungen Leuten nimmt der Stellenwert des eigenen Autos ab. Sicherheit und Nachhaltigkeit der Mobilität stehen hier im Vordergrund. Dieses Bedürfnis bedienen wir mit unseren E-Fahrzeugen.

asp: Geht durch die E-Mobilität auf der Serviceseite Umsatz verloren?

D. Gabrysch: Wir möchten als Euromaster Teil der Veränderung sein und uns nicht dagegenstemmen. Als Reifen- und Service-Dienstleister sind wir nicht allzu abhängig vom Ölwechsel. Für uns ändert sich gar nicht so viel durch die neue Antriebstechnik. Der Ölwechsel macht bei uns nur einen geringen Teil der Umsätze aus. Wir fokussieren uns auf Reifen, Bremsen, Glas, Inspektion und Klimaanlagen-Wartung. Das ändert sich ja nicht bei einem Elektroauto. In manchen Bereichen ist der Verschleiß sogar höher. Man muss aber auch sagen: Noch hat das Servicegeschäft mit den Elektroautos in den Filialen nur einen geringen Anteil gemessen am gesamten Umsatz.

asp: Sind die Mitarbeiter schon vorbereitet?

D. Gabrysch: Bei uns hat jeder Meister eine HV-Schulung absolviert, mindestens Stufe zwei. In unserer Euromaster-Akademie rollen wir jetzt die HV-Schulung für Stufe drei aus. Wir sind damit bald die erste nicht markengebundene Werkstattkette, die an allen Standorten einen Meister mit einer Hochvoltschulung der Stufe drei vorweisen kann. Die Akademie haben wir bereits 2019 wieder in Betrieb genommen, um unseren Werkstattmeistern jeweils das aktuellste Know-how zu vermitteln. Damit heben wir uns vom Wettbewerb ab.

asp: Was kann denn am Elektroauto alles gemacht werden?

D. Gabrysch: Der Hersteller Elaris gibt 100.000 Kilometer Garantie auf die Batterie beim BEO. Wir könnten mit HV-Stufe drei sogar Batterien wechseln oder Zellen austauschen. Bei der Bestimmung des State of Health der Akkus sind wir in enger Abstimmung mit den Prüforganisationen und werden das dann auch anbieten können. Hier kommt es darauf an, ein schnelles Produkt anzubieten, das nach wenigen Minuten eine Aussage über den Zustand der Batterie erlaubt.

asp: Wie kam es zu der Kooperation?

D. Gabrysch: Es gab auch schon vor Elaris einige Firmen, die uns angesprochen haben. Allerdings haben uns bisher wenige Anbieter überzeugt. Als ich mit Elaris-Gründer Lars Stevenson ins Gespräch gekommen bin, war das von Anfang an ein gutes Gefühl. Die Fahrzeuge sind für den europäischen Markt konzipiert und erfüllen sehr hohe Qualitätsansprüche. Im Grunde sehe ich Elaris als ein deutsches Unternehmen an, das in China Autos produzieren lässt. Sichtbar ist das am Gesamteindruck der Fahrzeuge, die im Design doch sehr auf den europäischen Geschmack zugeschnitten sind. Ich bin daher überzeugt, dass es in Deutschland viele Interessenten für die Fahrzeuge geben wird.

asp: ... deshalb übernehmen Sie auch gleich den Vertrieb der Autos?

D. Gabrysch: Es gibt zwei Vertriebskanäle für Elaris: Große Flottenkunden gehen zu Euromaster oder zu Elaris. Für alle anderen gibt es Euromaster als Netzwerk für den Vertrieb und Service. In den Euromaster-Filialen können Kunden auch Probefahrten vereinbaren. Den Termin kann man wahlweise auch über die Elaris-Online-Plattform ausmachen. Derzeit sind 100 Euromaster-Standorte im Elaris-System eingebunden.

asp: Welche Kriterien müssen diese Standorte erfüllen?

D. Gabrysch: Die meisten Filialen finden sich in den Ballungsräumen, denn dort haben sie auch die höchsten Zulassungszahlen bei E-Mobilen. Wir verlangen eine Hochvoltschulung Stufe zwei oder Stufe drei. Zudem erwarten wir, dass ein Juice-Kabel mit Anschlussmöglichkeit an den Drehstrom der Werkstatt verwendet werden kann, um die Fahrzeuge vor oder nach dem Service zu laden. Hinsichtlich der Ladeinfrastruktur sollten zwei Wallboxen mit insgesamt vier Anschlüssen - idealerweise mit 22 kW - vorhanden sein.

asp: Kann diese Infrastruktur überall problemlos bereitgestellt werden?

D. Gabrysch: Die Kapazitäten aufseiten der Stromversorger sind in der Regel begrenzt. Ab 50 kW Leistung für Ladesäulen wird es schwierig, diese Erfahrung haben wir oftmals gemacht. Für eine geplante Ladeinfrastruktur insgesamt mit zwei Ladesäulen mit je 50 kW Leistung haben wir in zehn Großstädten eine Absage erhalten, das war einfach mit den vorhandenen Leitungen nicht möglich. Leider wird der Ausbau der Infrastruktur vonseiten der Städte und Kommunen nicht in dem Maße vorangetrieben, wie es sein müsste.

asp: Kann der PIO auch an der normalen Steckdose geladen werden kann?

D. Gabrysch: Den PIO kann man tatsächlich mit der ganz normalen Steckdose laden, das ist ein erheblicher Vorteil für viele Nutzer. Wenn man das Auto abends an die Steckdose anschließt, ist der Akku am nächsten Morgen wieder voll. Mit einer Reichweite von 200 Kilometern ist der PIO nicht nur ein attraktiver Zweitwagen für die Stadt, sondern auch das ideale Auto für Pflegedienste. Mit dem PIO unterlaufen wir die Infrastruktur-Problematik, daher ist das Modell derzeit sehr stark nachgefragt.

asp: Sind Sie denn lieferfähig?

D. Gabrysch: Wir sind grundsätzlich lieferfähig. Die Lieferzeiten ab Bestellung liegen bei maximal 16 Wochen. Produktionskapazitäten sind in China vorhanden und es ist von Vorteil, dass wir die Ausstattung der Fahrzeuge weitgehend fixiert haben. Wir liefern immer die Vollausstattung, der Kunde wählt nur noch die Farbe. Das erleichtert nicht nur Produktion und Logistik, sondern auch den Verkaufsprozess in den Filialen. Das beantwortet auch die Frage, wie man es schafft, in einer Werkstatt Autos zu verkaufen. Man kann! Wir schulen unsere Mitarbeiter für den Verkauf, pro Filiale sind mindestens zwei Mitarbeiter im Verkauf, meist der Filialleiter selbst und ein weiterer Mitarbeiter.

asp: Ist die Elaris-Kooperation eine Blaupause für andere Fahrzeughersteller?

D. Gabrysch: Ja, wir stellen unser Service-Netzwerk ja bereits auch anderen Herstellern von Elektroautos zur Verfügung, beispielsweise Genesis oder Tesla - dort aber nicht als exklusiver Partner und nicht im Vertrieb. Beim Vertrieb haben wir uns jetzt zunächst auf Elaris konzentriert. Wir sind bisher gar nicht aktiv auf die Suche nach Herstellern gegangen, wir werden aber regelmäßig angesprochen. Wir schauen uns die Unternehmen sehr genau an. In einer solchen Kooperation spielt Vertrauen eine große Rolle.

Interview: Dietmar Winkler


Das Service- und Vertriebsmodell für Elaris

Die Reifen- und Werkstattkette Euromaster ist seit Herbst 2021 im Rahmen einer Kooperation exklusiver Servicepartner für das E-Auto-Start-up Elaris. Die Michelin-Tochter Euromaster bietet Kunden des deutschen Start-ups nicht nur das komplette Werkstatt- und Reifenserviceportfolio inklusive Garantieabwicklung an, sondern auch die Kaufvermittlung der Elektroautos. An derzeit 100 Standorten bietet Euromaster Elaris-Kunden Wartung und Reparaturen an, das Servicenetz wächst monatlich. Im Programm sind momentan der kleine Elektroflitzer "PIO" mit einem 27-kW/h-Akku und das große SUV "BEO" mit 500 Kilometer Reichweite (WLTP) und einem 72 kW/h-Akku. Euromaster hat nach eigenen Angaben rund 2.300 Standorte in 17 Ländern und bietet Reifen- und Werkstattservices im Pkw- und Nutzfahrzeugbereich an. In Deutschland verfügt das Unternehmen insgesamt über rund 360 eigene Filialen und Franchise-Betriebe.



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