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Gerichtsfeste Gutachten: Wasserdicht und standfest

17.11.2021 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Fahrwerksvermessung Porsche
Für die gerichtsfeste Fahrwerksvermessung benötigt man eine absolut waagrechte Fahrbahnhebebühne und modernste Vermessungstechnik.
© Foto: Marcel Schoch

Wenn ein Schadengutachten vom Richter nicht anerkannt wird, beauftragt das Gericht einen öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen, der die streitgegenständlichen Positionen aus sachverständiger Sicht zu beurteilen hat.

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Kurzfassung

Gutachten ist nicht gleich Gutachten. Nicht jedes Unfall- oder Kfz-Gutachten hält vor Gericht stand. Welche Technik zum Einsatz kommt und wie viel Know-how der Gutachter mitbringen muss, erklärt unser Beitrag.

Wolfgang Droschzak ist seit 20 Jahren im Kfz-Bereich tätig. Seit mehr als zehn Jahren betreibt er ein Büro für Kraftfahrzeugtechnik und ist als selbstständiger Kfz-Sachverständiger im Münchner Raum sowie bei Sonderfällen auch deutschlandweit tätig. Sein Hauptgeschäft ist, neben der Marktwertbewertung von Young- und Oldtimern, die Begutachtung von Unfallschäden sowie die Betreuung des gesamten Schadensprozesses. "Die herkömmlichen Schadengutachten sind Privatgutachten. Sie werden auch Parteiengutachten genannt", sagt Droschzak. "Sie dienen meist dazu, Ansprüche gegenüber der Versicherung des Unfallgegners aus einem Schadenereignis geltend zu machen." Kommt es zum Streitfall vor Gericht, werden solche Gutachten manchmal von Richtern nicht anerkannt, da sie nicht umfassend genug in der Beweisführung sind. Ein Grund ist, dass es für den Geschädigten erstellt wurde und lediglich den entstandenen Schaden durch den Verkehrsunfall beziffert. "Ob es Vorschäden gab, die Messwerkzeuge geeicht waren, die Prüfbedingungen festgehalten wurden, wird oft nicht dokumentiert", so Droschzak. Dann geschieht es, dass der Richter eine dritte neutrale und unabhängige Meinung einholt und einen öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen beauftragt, der den Fall aus sachverständiger Sicht zu beurteilen hat.

Hohe Anforderungen

An solche vom Gericht beauftragte Gutachten werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Denn die Bewertungen gelten in einem Prozess als Basis für jegliche Ansprüche. Wolfgang Droschzak kennt diese Art Gutachten sehr genau: "Da ich Parteiengutachten bzw. Erstgutachten erstelle, müssen diese von vornherein so weit wie möglich wasserfest sein." Genügt ein solches aber nicht, und ein sogenanntes gerichtsfestes Gutachten ist notwendig, holt er sich tatkräftige Unterstützung von der im Münchner Westen ansässigen Firma Kfz Mestechnik GmbH.

Alexander Holz, Geschäftsführer der Firma, ist spezialisiert auf das Erstellen von Prüfberichten, Achs- und Rahmengutachten bei Unfall-, aber auch Kfz-Betrugsbegutachtungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Pkw, Lkw, ein Motorrad oder sogar um eine Landmaschine handelt. "Wir lassen uns seit 2015 regelmäßig nach DIN EN ISO 9001 prüfen, um unsere hohen Standards bei der Erstellung von Gutachten zu belegen", sagt Alexander Holz. "Darüber hinaus verwenden wir im Bereich Achs- und Rahmenvermessung immer die modernste Werkstattausstattung." So kommt bei Kfz-Messtechnik zur Achsvermessung das Achsmessgerät Easy 3D+ von Beissbarth zum Einsatz. Mit zwölf Kameras wird hier das Fahrwerk über magnetische Targets, die an den Rädern befestigt sind, vermessen.

Alles nachvollziehbar

Damit die Messwerte hinterher nachvollziehbar sind, müssen sämtliche Rahmenbedingungen protokolliert werden. "Besonders die Hebebühne reagiert auf äußere Einflüsse empfindlich", sagt Holz, der als studierter Physiker weiß, dass auch kleinste Veränderungen der Messbedingungen das Messergebnis maßgeblich mit beeinflussen können. "Zur Vermessung von Fahrwerken muss nämlich das Fahrzeug absolut waagrecht stehen. Unsere Mess-Hebebühne muss deshalb extrem verwindungssteif sein - auch unter sehr hohen Lasten." Alexander Holz hat sich daher für eine Unterflur-Fahrbahn-Scherenbühne entschieden. Der Aufbau der Bühne garantiert, dass sich die Fahrbahnen so gut wie nicht unter Last verbiegen können. Damit auch größere Fahrzeuge sich problemlos anheben lassen, hat sich Holz für eine Class-7-Hebebühne mit fünf Tonnen Hubkraft von Ravaglioli entschieden. Um absolute Synchronität der beiden Fahrbahnen zu gewährleisten, wurden an beiden Scheren von Holz zusätzlich Sensoren angebracht, die die Höhe exakt messen. Auch diese Werte gehen in das Messprotokoll einer jeden Messung mit ein. Die Messsensorik erlaubt es auch, die Hebebühne zu justieren. "Wir können die beiden Fahrbahnen annähernd 100 Prozent waagrecht justieren und mittels Muster-Waage kalibrieren", sagt der erfahrene Kfz-Vermessungstechniker. "Diese Daten fließen ebenfalls in unsere Gutachten ein."

Detektivisches Know-how

Doch nicht nur das Messwerkzeug und die Wiederholbarkeit der Messungen sind ausschlaggebend für gerichtsfeste Begutachtungen, auch das Know-how und die Erfahrung der Gutachter ist hierfür essenziell. "Zusammen mit Alexander Holz überprüfe ich bei Unfallvermessungen, ob bereits ein Vorschaden am Fahrwerk vorgelegen hat", sagt Droschzak. "Verdächtig sind hier Schäden am Fahrwerk, die nicht ursächlich mit dem angezeigten Unfallhergang zusammenzuführen sind." So passt beispielsweise eine in der Spur verstellte Hinterachse nicht mit einem seitlichen Anstoß im Frontbereich zusammen.

Doch auch die unlautere Kaschierung von Unfallspuren am Fahrwerk überprüfen die beiden erfahrenen Gutachter. Dies ist oft bei Gebrauchtfahrzeugen Grund für Streitfälle. "Hierbei überprüfen wir alle Einstellmöglichkeiten am Fahrwerk", so Droschzak. "Wenn eine Fahrwerkseinstellung erst kürzlich vorgenommen wurde, so erkennt man diese oft sehr leicht an blanken, gereinigten oder geschmierten Gewinden." Doch auch wenn Einstellspuren kaschiert wurden, können durch den Abgleich der Vermessungspunkte an der Karosserie mit denen des Fahrwerks nicht fachgerecht instandgesetzte Vorschäden erkannt werden. "Das geht zum Teil so weit, dass Spur- oder Sturz-Einstellkomponenten bis auf Maximum heraus- oder hereingedreht sind", erklärt Droschzak. "Auch verbogene Fahrwerksteile wie Spurstangen sind ein deutlicher Hinweis auf einen Unfallvorschaden."

Um Streitigkeiten schneller zu bereinigen, empfiehlt Droschzak seinen Kunden, von vornherein einen Sachverständigen zu wählen, dessen Gutachten bereits vom Ansatz her weitestgehend anerkannt sind. Erst im zweiten Schritt, wenn es im Laufe des Prozesses notwendig ist, sollte man gerichtsfeste Gutachten anfertigen lassen.

Das gerichtsfeste Gutachten

Was kostet ein "gerichtsfestes" Gutachten?
Die Kosten hängen vom Aufwand ab. Die durchschnittlichen Kosten liegen in einer Größenordnung zwischen 2.000 und 4.500 Euro.

Wer trägt die Kosten für ein "gerichtsfestes" Gutachten?
Die Versicherer sind laut Gesetzgebung grundsätzlich nur verpflichtet, die Parteiengutachten eines vom Geschädigten frei zu wählenden Gutachters zu bezahlen. Hier greift die grundsätzliche Pflicht der Schadenminimierung in den Prozessen.

Was unterscheidet ein Gerichtsgutachten vom Parteiengutachten?
Gerichtsgutachten sind oft sehr aufwendig und damit sehr teuer, da grundsätzlich beide Ansprüche, das sind die des Geschädigten sowie die des Schädigers, erwidert, ausführlich überprüft und in manchen Fällen durch Gegenüberstellung beider Fahrzeuge nachvollzogen werden müssen. Erst dann kann der Gerichtsgutachter beide Parteiengutachten beurteilen und sich zu fehlerhaften oder unangemessenen Positionen der Schadenersatzforderung äußern.

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