Kurzfassung
Auch vor Corona wurde an dem Thema "dauerhafte Desinfektion von Oberflächen" geforscht. Mit einem hochwirksamen Lack kann der Innenraum von Fahrzeugen wirksam gegen Viren und Bakterien geschützt werden.
Viren mutieren - diesen Dauerkurs erleben wir seit über einem Jahr auf nervenaufreibende Art und Weise. Auch nach einer Impfung bleiben die Gefahren, die von Keimen, Viren oder Bakterien ausgehen, real. Deshalb helfen geschützte Räume auch in Zukunft weiter - und dazu zählt ein Mietwagen.
In Zeiten eingeschränkter Mobilität sitzt man zwar seltener hinter einem Leih-Volant, aber wenn doch, dann begrüßt einen in der Regel ein Hinweisschild, das bestätigt, dass der Innenraum hygienisch gereinigt wurde. Das schafft Vertrauen, bedeutet aber Aufwand und Kosten - und ist vor allem nach jeder Fahrt eine neue Aufgabe für den Vermieter. Bei Starcar ist dies nun etwas anders.
Sitzt man hier im Auto - wie wir am Standort in der Berliner Schillstraße -, begrüßt einen das Papierschild am Spiegel, was verschiedene Maßnahmen aufzählt, die der Vermieter unternommen hat. Einer der Punkte auf dem Spiegelanhänger ist etwas Unikates, es betrifft das Reinigen des Cockpits. Hier wartet der Vermieter aus Hamburg mit einer echten Neuheit auf.
Schutz für ein Jahr
"Wir bringen einen Oberflächenschutz auf, der alle Kontaktflächen nach nur einmaliger Anwendung permanent vor Schmierinfektionen durch Bakterien und Viren schützt", erklärt Björn Herr, Gebietsleiter Berlin bei Starcar. Neben dem Schutz für die Kunden, also den Autoleihern, dient es auch dem Wohlergehen der Mitarbeiter, wie Herr bekräftigt: "Zum einen gehen Mietwagen durch viele Hände, zum anderen können Firmenkunden ein Fahrzeug auch mal in der Langzeitmiete ein halbes Jahr am Stück nutzen. Beides fühlt sich sicherer an mit unserem Langzeit-Oberflächenschutz. Damit sind wir der erste Mobilitätsanbieter in Deutschland, der dies ermöglicht."
Die Fahrzeuge, welche zurückkommen, werden wie gewohnt innengereinigt, das zusätzliche Desinfizieren ist nun aber nicht mehr notwendig. Der spezielle Schutz wirkt ungefähr ein Jahr. Da die Starcar-Fuhrparkmitglieder deutlich früher ausgeflottet werden, wird der Lack nach rund sechs Monaten wieder entfernt, wenn der jeweilige Händler das möchte. "Dazu haben wir ein spezielles Mittel vom Hersteller bekommen. Ungewollte Veränderungen an der Oberfläche sind ausgeschlossen", berichtet der Starcar-Manager.
So weit die Kurzversion des neuen Services. Doch was steckt hinter dem Mittel, das über ein Tuch im Fahrzeuginneren auf Kontaktflächen verrieben wird, schnell aushärtet und so lange die Schmierinfektionen bannen soll?
Mittel gegen Krankenhauskeime
Hier weiß Andreas Schaetzke mehr. Der Geschäftsführer brachte mit Nation-E Innovation die Lösung auf den Markt. Neben den aktuellen Sars-Cov2-Viren betrifft dieser Schutz jede Art von behüllten Viren und Bakterien. Das allein klingt gewaltig. Das Schutzmittel wird mit einem Putztuch, das dem zum Reinigen der Brillen ähnelt, aufgetragen. Pro Tuch kann ungefähr ein Quadratmeter im Fahrzeug versiegelt werden.
An dieser kleinen Sensation forschte das Team von Andreas Schaetzke schon eine ganze Weile: "Seit 2017 forschen wir im Rahmen eines Projektes mit der EU und der Bundesregierung an Mitteln gegen multiresistente Keime in Krankenhäusern. Mitte 2019 waren wir damit fertig und starteten den Registrierungsprozess. Dann kam Corona." Also richtete man die Forschungsenergie auf einen weiteren unerwünschten Mitreisenden. "Von Februar bis April 2020 arbeiteten unsere Chemiker mit Hochdruck an der Optimierung der Formel und im Mai war die erste Generation fertig." Im Ergebnis werden mit dem Mittel sogenannte behüllte Viren wie die Erreger von Covid-19, Influenza, Masern oder Hepatitis sowie drei Kategorien von gefährlichen Bakterien unschädlich gemacht. Das bestätigen auch ein halbes Dutzend Zertifikate.
Wirkung auf drei Ebenen
Die nur 15 Mikromillimeter dicke Lackschicht des Schutzmittels wirkt in drei Ebenen. Es versiegelt zunächst die Oberfläche. Die entstandene spezifische Oberflächenspannung, weist Bakterien und behüllte Viren ab. Zudem bekämpft ein enthaltenes Biozid die Krankheitserreger. Biozide finden sich unter anderem in Shampoos und zerstören die Virenhülle - im Prinzip das Gleiche, was die Seifenlauge beim Händewaschen macht.
Lack für den Counter
Der Schutz reicht hier aber über lange Zeit - und das trotz hoher Beanspruchung, wie die ersten Tests in der Luftfahrt zeigten. Auf einem ausklappbaren Tisch, den jeder Flugzeugpassagier vor sich hat, wurde der Lack aufgetragen. Im Anschluss wurde 700-mal das Abrasionsverfahren, sprich der Abrieb und die chemische Reinigung des "Tray", im Versuch nachgestellt. Nach der Tortur wurde der Tisch zerschnitten und ins Labor geschickt. Nach dieser typischen Alterung und Belastung, welche im Realfall gut zwei Jahre dauert, lag die Wirksamkeit des Mittels laut Schaetzke immer noch bei 99,98 Prozent in Bezug auf die Abwehr von Corona-Viren.
Für das Putztuch im Auto dient ein Lösungsmittel als Träger. Deshalb muss die Schicht vom Fachmann aufgetragen werden und das Aushärten dauert gut eine Woche. Auch kann dieser Schutz nicht wieder entfernt werden. Starcar nutzt diese Lackversion unter anderem auf dem Stations-Counter, um gut zwei Jahre den gleichen Effekt zu erzielen wie mit dem Fahrzeuginnen-Lack. In beiden Fällen wird der eigentlich unsichtbare Schutzfilm dank eines Markers unter UV-Licht sichtbar.
Dass man sich mit dem permanenten wasserlöslichen Lack das Desinfizieren der zurückgebrachten Mietfahrzeuge sparen kann, leuchtet ein. Für Schaetzke gibt es aber noch einen weiteren Grund: "Die Desinfektion unserer Hände oder das Reinigen von Oberflächen mit Alkoholen können wir mit einem Wimpernschlag unserer Augen vergleichen. Das bedeutet, dass wir für diesen Zeitraum die Oberflächen von Viren und Bakterien befreien, aber nach wenigen Sekunden der Alkohol verflogen ist und alle Bestandteile aus der Luft sich sofort wieder auf die Oberflächen legen. Die Sicherheit der Desinfektion ist damit verloren." Wer reinigt, muss dies dauerhaft tun, oder er vertraut einer dauerhaften Lösung.
- Ausgabe 07/08/2021 S.48 (221.9 KB, PDF)