Die Reparatur von Unfallschäden wird immer teurer: Da Autohersteller ein Quasi-Monopol auf sichtbare Teile wie Kotflügel, Scheinwerfer, Rückleuchten oder Kofferraumklappen haben, können sie nach Belieben die Preise erhöhen. Die Preise mancher Teile wie Kofferraumklappen haben sich in den letzten zehn Jahren sogar verdoppelt, wie aus einer Untersuchung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) hervorgeht. Diese "Designschutz-Teile" sind nicht nur den Verbrauchern, sondern auch den Versicherungen ein Dorn im Auge, wenn sie Unfallschäden regulieren. Die Allianz-Versicherung hat bereits Mitte letzten Jahres beschlossen, bei Unfallreparaturen vermehrt auf gebrauchte Ersatzteile zu setzen, so wie es bereits in anderen Ländern wie beispielsweise den Niederlanden praktiziert wird.
Viele offene Fragen
Was auf den ersten Blick besonders nachhaltig aussieht und kostengünstige Reparaturen ermöglichen könnte, stößt nicht überall auf Zustimmung. Der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) und die Eurogarant AutoService AG haben sich schon seit längerer Zeit über die Reparatur mit gebrauchten Ersatzteilen geäußert, und das nicht immer positiv. Denn es bleiben viele offene Fragen. Im Januar veröffentlichten beide Branchenplayer nun erstmals eine Stellungnahme zum Thema und listeten in einem 8-Punkte-Papier die "Mindestanforderungen für einen Dialog mit der Versicherungswirtschaft" auf.
Eine Kritik lautet beispielsweise, dass Einschränkungen und Probleme beim Einsatz von Gebrauchtteilen den Karosseriebetrieben nicht aufgezeigt werden und Vertreter der Werkstätten zur Lösungsfindung nicht mit einbezogen werden. Kosten können laut ZKF für Versicherer auch nur dann eingespart werden, wenn Ersatzteile dabei in großer Zahl zum Einsatz kommen. Das werde von Einkaufsplattformen ausgenutzt, die im Auftrag der Versicherung oder des Schadenlenkers versuchen die Auswahl des Lieferanten, der Ersatzteilquelle oder der Qualität der Werkstatt abzunehmen und die jeweilige Bestellung automatisch durch die Versicherung oder den Schadenlenker auszulösen. Ziel ist es dabei, die Marge des Reparaturbetriebs am Ersatzteil zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis zu erhalten, um eigene Kostenvorteile zu generieren. Verbrauchern und Reparaturbetrieben könnten zudem durch die ungeregelte Umgangsweise mit gebrauchten oder alternativen Ersatzteilen Probleme bereitet werden. Gemeinsam mit der Eurogarant AutoService AG stellte der ZKF Mindestanforderungen mit acht offenen Fragen für gebrauchte Ersatzteile, um wirtschaftlichen Schäden für die Betriebe des Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerks und den Verbraucher zu begrenzen (siehe Kasten auf der rechten Seite).
"Keine andere Branche ist im Vergleich so nachhaltig wie die Kfz-Reparaturbranche." Peter Börner, ZKF
Höherer Aufwand, weniger Marge
Auch der Verein Werkstatt-Werte-Union e.V. (WWU), ein Zusammenschluss von Karosserie- und Lackierfachbetrieben, schließt sich der Argumentation des ZKF an. Fragen tauchen laut Werte-Union vor allem im Praxisalltag auf, wenn es um die Bearbeitung gebrauchter Ersatzteile geht. Hierbei entstehe ein wesentlich höherer Arbeitsaufwand an den Ersatzteilen gegenüber Neuteilen, gerade wenn die Tauschteile aus einem ehemaligen Unfallwagen stammen.
Ebenso entstehe auch ein Mehraufwand bei den Lackierarbeiten durch verklebte Dichtgummis oder stark verschmutzte Innenflächen. Eventuell sei auch mit nicht vorhersehbaren Demontagearbeiten noch verbauter Nebenteile wie Griffen, Schachtleisten oder eingeklebten Fahrzeugscheiben zu rechnen. Gebrauchte Steuergeräte oder Scheinwerfer erhöhen Aufwand und Arbeitseinsatz für die Betriebe, zudem wiesen gebrauchte Ersatzteile auch oft leichte bis größere Beschädigungen bei der Anlieferung auf. Für die WWU stellt sich zudem die Frage nach der Mängelhaftung. Aus ihrer Sicht wird sich der Arbeitsaufwand durch Gebrauchtteile deutlich erhöhen, gleichzeitig würden Margen und Erlöse in den Betrieben sinken.
Die Allianz hat in einem ersten Statement zur Kritik des ZKF Stellung bezogen. "Unser Ziel ist es, eine mit allen Beteiligten einvernehmliche Reparaturkalkulation zu vereinbaren", sagte Dominik Hertel, langjähriger Schadenexperte der Allianz Versicherungs-AG.
- Ausgabe 02/2025 Seite 018 (688.1 KB, PDF)
