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Klare Sicht: Kamera-Kalibrierung

24.06.2024 08:15 Uhr | Lesezeit: 2 min
Kamera-Kalibrierung
Heute ist der Windschutzscheibenwechsel eine Arbeit für Spezialisten, vor allem, wenn danach Kameras neu kalibriert werden müssen
© Foto: Marcel Schoch

Nach einem Windschutzscheibenwechsel müssen Kameras und Sensoren neu kalibriert bzw. justiert werden. Warum das so ist und worauf zu achten ist, erklärt Martin Klein, Auto-Glas-Spezialist aus Landsberg/Lech.

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Kurzfassung
Heute ist der Windschutzscheibenwechsel eine Arbeit für Spezialisten, vor allem, wenn danach Kameras neu kalibriert werden müssen. Wir zeigen, welche Fallstricke es gibt und wie man diese vermeidet.

Ortstermin bei der Firma AES-Autoglas GmbH, besser bekannt als Partnerbetrieb von Junited Autoglas (www.junited-autoglas.de), in Landsberg am Lech. Der Technische Betriebsleiter und Mitgeschäftsführer des Kfz-Meisterbetriebs, Martin Klein, bereitet gerade den Wechsel einer Windschutzscheibe vor. Was noch vor 20 Jahren eine einfache Sache war, hat sich mittlerweile zu einer hochkomplexen Reparatur entwickelt. "Ursache hierfür sind die zahlreichen Sensoren und Kamerasysteme, die meist mittig im Stirnbereich der Windschutzscheibe verbaut sind", erklärt Klein.

"Werden hier beim Einbau der neuen Scheibe Fehler gemacht, kann das bis zum Totalausfall der Fahrerassistenzsysteme (FAS) führen." Noch immer glauben aber viele Betreiber von Kfz-Werkstätten, dass man die Kameras und Sensoren nach einem Windschutzscheibenwechsel nicht neu kali­brieren muss. Ein fataler Irrtum. Martin Klein berichtet, dass hier der Irrglaube herrscht, dass die neue Windschutzscheibe, wie die ab Werk montierte, wieder am genau ­demselben Platz sitzt. Das ist aber nicht der Fall. "Ich hatte bereits Fälle, da war die Original-Scheibe leicht verdreht mit bis zu drei Millimeter Versatz zur Mitte in den Scheibenrahmen ab Werk eingeklebt worden", so Klein.

"Das ist zunächst kein Problem, da die Kameras und Sensorik entsprechend ab Werk kalibriert beziehungsweise justiert wurden. Beim Scheibenwechsel wird jedoch die Ersatz­scheibe genau mittig gesetzt. In Folge stimmte die Werkskalibrierung nicht mehr und Fernlichtassistent, Spur- und Verkehrszeichenerkennung arbeiten nicht mehr richtig und liefern unplausible Werte." Nur eine Neukalibrierung der Kamera nach Scheibenwechsel löst das Problem.

Im System bleiben

Doch auch beim verwendeten Klebesystem muss der Kfz-Glaser aufpassen. "Damit die Windschutzscheibe dauerhaft verklebt ist, nicht im Rahmen arbeiten kann, kein Wasser eindringt und zur Steifigkeit der Karosserie beiträgt, muss man beim Verkleben im Klebesystem bleiben", so Klein. Der erfahrene Kfz-Profi meint damit, dass nur Produkte eines Herstellers, die aufeinander abgestimmt sind, verwendet werden dürfen. So darf beispielsweise kein Primer von Sika mit den Produkten von Henkel zusammen angewendet werden. Dies gilt auch für die Reiniger, mit denen die Scheibe vor dem Einbau bzw. der Rahmen gereinigt wird. So enthalten viele Glasreiniger heutzutage Nanopartikel, die einen Lotuseffekt gegen Verschmutzung bewirken.

"Die Nanopartikel bleiben nach der Reinigung auf dem Glas zurück und können die Klebefestigkeit beeinträchtigen", so Klein. "Die Windschutzscheibe kann dann im Scheibenrahmen sich in den Wochen nach dem Einbau verschieben, was wiederum Auswirkungen auf die Kalibrierung hat." Auch kann es zu Undichtheiten und in Folge auch zu Rost am Scheibenrahmen kommen.

Beides hat zudem erhebliche Auswirkungen auf die Reparaturgewährleistung bzw. -garantie. Wenn er eine FAS-Fehlermeldung erhält, macht der Kunde den Kfz-Reparaturbetrieb verantwortlich und nicht den Kfz-Glaser, der meist als Subunternehmer gar nicht in Erscheinung tritt. "Eine durchgehende Dokumentation ist daher sehr wichtig", sagt Klein, der hier auch empfiehlt, die Batch-Nummern der verwendeten Produkte festzuhalten.

Ein häufiger Fehler, der schlimmstenfalls zum Ausfall des Regen-/Licht-Sensors und anderer Systeme (z.B. Beleuchtung, Head-up-Display) führen kann, sind defekte Scheibenheizungen für die Kamera bzw. Lichtsensoren. "Im Rahmen unserer zweitägigen Schulungen empfehle ich jedem Kfz-Glaser vor Montage der Neu-Scheibe den Widerstand der Scheibenheizung zu messen", so Klein, der seit 2014 mit Berufskollege Andreas Müller auch ein eigenes Autoglas-Schulungszentrum bei Neu-Ulm leitet. Das ASC (Autoglas Schulungs Center) ist ein eigenständiges Unternehmen, das für alle Teilnehmer der Branche offensteht.

Prüfen, ob die Heizung intakt ist

Klein: "Ist der elektrische Widerstand der Heizwendel zu hoch, funktioniert die Heizung nur unzureichend bis gar nicht. Licht- und Regensensor melden dann aufgrund der beschlagenen Scheibe verkehrte Werte an die einzelnen Steuergeräte." Da hier zudem die Werte des Temperatursensors unplausibel sind, kommt es recht schnell zu Fehlermeldungen bis hin zum Abschalten diverser Komfort- und Sicherheitsfunktionen.

Leider sind defekte Heizwendeln keine Seltenheit bei Neu-Scheiben, weshalb Klein prinzipiell empfiehlt, diese immer vor Scheibeneinbau zu testen. Die Widerstandwerte sind dabei den Werkstatthandbüchern zu entnehmen. Sind diese nicht zu eruieren, kann auch ein Abgleich mit der (funk­tionsfähigen) Scheibenheizung der Altscheibe als Richtwert erfolgen. Fataler Weise bekommt der Fahrer bei Vorliegen dieses Defekts oftmals keine Fehlermeldung auf sein Display. Muss er dann mit seinem Fahrzeug zur HU, wird dem Prüfer jedoch der Fehler über den HU-Adapter gemeldet. "In aller Regel heißt das, bei der HU durchgefallen", so Klein. "Und das wegen eines banalen Defekts."

Ein ähnlicher Defekt, der auch zum Ausfall der Scheibenheizung für die Kamera beziehungsweise Sensorik nach einem Scheibenwechsel führen kann, ist eine Pin-Fehlbelegung im Stecker. So kommt es vor, dass in dem standardmäßig verbauten Dreifachstecker schon ab Werk die Masse- und Plusleitung verkehrt im Stecker belegt sind. "Wird das im Werk durch Umpinnen des Gegenstücks schnell korrigiert, muss beim Scheibenwechsel die Belegung überprüft werden", sagt Klein. "Sonst fließt kein Strom." Klein hat sich hierfür eigens einen Teststecker gebaut, mit dem er den Durchgang messen kann, wenn die Pins richtig im Stecker belegt sind. Fließt kein Strom, muss er den Stecker umpinnen.

Und noch einen wichtigen Hinweis hat Martin Klein: Wer eine neue Windschutzscheibe montiert, sollte sich auch das Bracket (Kunststoffrahmen mit den Halterungen) genau ansehen. Es ist häufig nicht immer ganz genau mittig auf die Scheibe geklebt. Auch kann es leicht verdreht sein oder durch zu viel Klebstoff schräg zur Sollebene stehen. "Dies allein sind schon Gründe genug, weshalb nach einem Scheibenwechsel alle Kamera-Systeme neu kalibriert werden müssen", weiß Klein. Auch empfiehlt er, die Klammern und die Haltesysteme vor und nach dem Umbau der Kameras genau auf Funktion zu prüfen. Hier kommt es immer wieder vor, dass die kleinen Haken und Einschubschienen gebrochen sind. Die Kamera wackelt dann im Betrieb und verschiebt sich gegebenenfalls. Letztlich kommt es dann hier auch zu einer Fehlermeldung, da die Eingangs-Kalibrierung hier längst hinfällig geworden ist.

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