Leichtbau
Für die Karosserien des A7 Sportback und des A6 hat Audi den Space-Frame zum Multimaterial-Space-Framemit Aluminium-, Stahl- und Kohlefaser-verstärkten Kunststoff-Elementen weiterentwickelt.
Das Potenzial für Gewichtseinsparungen bei der Schalenbauweise ist weitgehend ausgereizt; Audi wird sie nach und nach zugunsten des neuen Multimaterial-Space-Frame verlassen und sein Know-how beim Werkstoff Stahl auf neuartige Weise einsetzen“, so die offizielle Verlautbarung aus Ingolstadt. Das heißt konkret: Beginnend mit den Karosserien von A7 Sportback und A6, bei denen das bereits in einigen Bereichen der Fall ist, bestehen künftige Audi-Karosserien zwar aus Stahl verschiedener Festigkeitsklassen, jedoch sind sie nach dem Space-Frame-Prinzip aufgebaut. Mit dabei sind Karosserieteile aus Aluminium und Koh-lefaser-verstärktem Kunststoff (CFK). Im Folgenden vier Beispiele für Unterschiede und Ähnlichkeiten von Space-Frame und Multimaterial-Space-Frame bei Audi.
Bei den hinteren Längsträgern des A6 handelt es sich um Stahlprofile mit eingeschweißten Schotten, während diese Bau-teile beim A8 als innen verrippte Aluminium-Gussteile ausgeführt sind.
Schweller: Alu bei A8, Stahl bei A6
Obwohl die Seitenschweller von Audi A6 und A8 auf ähnliche Weise in die je- weiligen Karosseriestrukturen eingefügt werden, bestehen die im Rollverfahren gefertigten Schweller des A6 aus Stahl, die Schweller des A8 hingegen sind so genannte Aluminium-Strangpressprofile.
Die Verbindung zwischen A-Säule, Seitenschweller und Stirnwandquerträger stellt beim A6 jeweils ein so genannter gebauter Knoten aus mehreren hochfesten Stahlteilen her. Beim A8 erfüllen jeweils zwei Teile aus Aluminium-Druckguss im Wesentlichen die gleiche Funktion.
Das vierte und letzte Beispiel für Un- terschiede und Ähnlichkeiten von Space-Frame und Multimaterial-Space-Frame zeigt eine Ähnlichkeit: In beiden Fällen, Audi A8 und A6, bestehen die vorderen Federbeinaufnahmen aus Aluminium-Gussteilen – „besonders präzise gefertigt“, wie der Hersteller betont. „Die Lenker des Fahrwerks werden direkt mit ihnen ver-schraubt, die früher üblichen Lagerböcke entfallen“, so die weitere Information.
Wer Bauteile aus Stahl, Aluminium und CFK verbindet, riskiert Kontaktkorrosion. Somit erfordert die Bauweise als Multi-material-Space-Frame zudem neue Ver-bindungstechniken, wobei man die eine der beiden neuen Techniken bereits vom TT kennt: so genannte selbst furchende Schrauben. Mit ihnen werden im Fall von A7 Sportback und A6 Karosserieteile aus Aluminium und CFK, beispielsweise im Bereich der Längsträger, verbunden. Er- gänzender Originalton von Audi: „Eine Klebstoffschicht bannt die Gefahr der Kontaktkorrosion, die von den Kohlenstoff-verstärkten Materialien ausgeht, zu- gleich dichtet sie die Verbindung ab.“
Stahl und Aluminium werden durch so genanntes Reibelementschweißen gefügt: Eine Art Stahlniet durchdringt unter ho- hem Druck und zudem schnell rotierend zuerst das Aluminium-, dann das Stahlblech, wobei eine reibgeschweißte Verbindung entsteht. Weitere Fügeverfahren kündigt der Hersteller nur an: „Vielver-sprechende Entwicklungen gibt es auch in der Niettechnik und beim Aluminium-Widerstandspunktschweißen.“
ALZ und FVK in Neckarsulm
Den nach dem Multimaterial-Space-Frame-Verfahren gebauten Karosserien spricht der Hersteller drei Stärken zu: „Problemlose Reparatur-Eigenschaften (über die asp gesondert berichten wird; Anm. d. Red.), eine extrem sichere Fahrgastzelle in Stil eines Schutzkäfigs und ein wegweisend geringes Gewicht.“ In diesem ersten Schritt soll die Gewichtsreduzierung schon rund zehn Prozent betragen haben. Wörtlich: „Bereits beim A6 ist der Aufbau bei gewachsener Breite um 30 Kilogramm leichter geworden.“
Entwickelt wurde der Multimaterial-Space-Frame im 1994 am Standort Neckarsulm gegründeten Aluminium-Zentrum. Zwischenzeitlich in Aluminium- und Leichtbauzentrum umbenannt, trägt es heute die Bezeichnung Audi-Leichtbauzentrum (ALZ) und beschäftigt rund 180 Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr wurde mit FVK ein spezieller Unterbereich geschaffen. Das Kürzel steht für Faser-verstärkte Kunststoffe. Peter Diehl
- Ausgabe 9/2011 Seite 10 (389.6 KB, PDF)