eCarTec München
Zum zweiten Mal fand im Oktober die eCarTec in München statt. Die Messe rund um Elektromobilität bot viel Neues und manch Skurriles. Und sie belegte, dass die Akzeptanz für Elektromobilität steigt.
Beim Gang durch die beiden Messehallen in München fühlte man sich bisweilen wie auf einer Erfindermesse. Lauter Daniel Düsentriebs, die an ihren teilweise an Tapeziertische ge-mahnenden Messeständen eigeneErfindungen oder die Weiterentwicklung fremder Erfindungen präsentierten. Von neuen Batterietechnologien, speziellen Kühlvorrichtingen für Elektromotoren und Akkus bis hin zu Radnabenmotoren und Elektrofahrzeugen mit zwei und vier Rädern war alles geboten. Selbst ein auf Elektroantrieb umgerüsteter Spürpanzer der Bundeswehr, Teil eines Forschungsprojekts, war auf der Messe zu sehen. Neben zahlreichen kleinen Firmen und Tüftlern nutzen in diesem Jahr allerdings auch viele namhafte Aussteller die Messe, um ihre Beiträge zur Elektromobilität der Öffentlichkeit zu präsentieren. Allen voran Automobilhersteller wie BMW, Peugeot oder Mitsubishi. BMW zeigte am Stand unter anderem einen BMW 1602 Elektro aus dem Jahr 1972.
Konzerne zeigen Flagge
Das für die olympischen Sommerspiele entwickelte Elektrofahrzeug, das als Begleitfahrzeug der Langstreckengeher und Marathonläufer eingesetzt wurde, war Beleg dafür, dass elektrisch angetriebene Fahrzeuge eigentlich kein neues Thema sind. Aber es könnte vielfältige neue Chancen bieten, wenn Elektromobilität der Massenmarkt wird, den einige Experten voraussagen. Auf noch bessere Geschäfte hoffen auf jeden Fall die Stromkonzerne E-ON, Vattenfall, RWE und EnBW, die auf der eCarTec Infrastruktur- und Ladelösungen sowie Finanzierungskonzepte vorstellten. Und auch Konzerne wie Siemens, Panasonic, Philips oder Bosch nutzten die Messe, um ihre Kompetenzen in Sachen Elektromobilität darzustellen. Die 388 Aussteller aus 25 Ländern und über 12.000 Besucher konnten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Veranstalter, die Munich Expo Veranstaltungs GmbH, ihr vor der Messe gestecktes Ziel von 20.000 Besuchern deutlich verfehlte. Das war sicher auch etwas zu ehrgeizig, denn es hätte einer Verdoppelung der Besucherzahlen aus dem Premierenjahr 2009 entsprochen. Die Aussteller zeigten sich laut Veranstalter dennoch sehr zufrieden mit den Besucherzahlen und der Qualität der Gespräche. Auch bei Händlern aus dem Bereich der Kfz-Branche war so etwas wie Goldgräberstimmung zu spüren. „Ob das Pedelec als Mobilitätsersatz oder das Elektroauto als Ersatzfahrzeug für die Stadt, das Thema Elektromobilität ist in und viele Kunden fragen danach“, so ein Autohausunternehmer gegenüber asp. Kaum gefragt waren auf der Messe Reparatur- und Servicethemen rund um Elektromobilität. Die scheinen, zumindest im Moment, noch kein Thema zu sein.
Eine Ausnahme bildeten hier die Prüforganisationen TÜV SÜD und TÜV Rheinland, die jeweils mit eigenen Ständen auf der eCarTec vertreten waren. Beide Unternehmen zeigten ihre Dienstleistungsangebote für die Sicherheit bei Entwicklung und Betrieb von Komponenten für Elektrofahrzeuge. Das Spektrum reicht dabei von Homologation, Batteriesicherheit, HU und der Entwicklung von Ladestationen bis zur Schulung im Umgang mit der Hochvolttechnologie. Der TÜV SÜD stellte außerdem ein Zertifikat für Elektrofahrräder („Pedelecs“) vor. Das Prüfsiegel zur Batteriesicherheit soll für mehr Transparenz und Orientierung bei der Kaufentscheidung sorgen. Dazu David Bordeaux von TÜV SÜD Automotive: „Mit unserem Zertifikat bescheinigen wir, dass der Antriebsstrang des Elektrofahrrads überdurchschnittlich sicher ist. Gerade vor dem Hintergrund vieler Billigangebote im Markt schaffen wir damit Sicherheit und Vertrauen.“ Auf der Messe gab das Unternehmen außerdem den Neubau eines Batterieprüflabors in Garching bekannt. Dabei investiert der TÜV SÜD zusammen mit seinem Partner Lion Smart mehrere Millionen Euro. Parallel zum Neubau werden bestehende Prüflabore in Auburn Hills/USA und Singapur nach dem Standard des Münchner Labors erweitert. Unter dem Dach der neu gegründeten TÜV SÜD Battery Testing GmbH sollen dann nach weltweit einheitlichen Sicherheitsstandards Batterie-Tests durchgeführt werden.
Deutsche Autofahrer noch skeptisch
„Mit dem Neubau des Labors in München und den Einrichtungen in Auburn Hills und Singapur wird TÜV SÜD der erste unabhängige Prüfdienstleister sein, der über ein international flächendeckendes Netz an Batterie-Prüflaboren für E-Fahrzeuge verfügt“, sagte Horst Schneider, Vorstand Mobilität der TÜV SÜD AG. Mitte 2011 soll das Batterie-Labor in Garching betriebsbereit sein. Geprüft werden sollen dort die chemische und elektrische Sicherheit neuartiger Batterien von Elektro-Fahrzeugen. Zudem sind Crash-Tests für Hochvolt-Aggregate und so genannte Abuse-Tests vorgesehen, bei denen ergründet wird, welche Risiken bei Fehlbedienung oder missbräuchlicher Nutzung drohen.
Dass deutsche Autofahrer bei aller Begeisterung für die Technik noch skeptisch sind und auf das passende Mobilitätsangebot warten, war Ergebnis einer Studie, die der TÜV Rheinland in München präsentierte. Danach kommt für 54 Prozent der Befragten der Kauf eines E-Mobils in den nächsten fünf Jahren in Frage. Befragt nach der Markenpräferenz nennen knapp 25 Prozent Volkswagen, gefolgt von Toyota (15 Prozent), BMW, Mercedes und Opel (je 8,1 Prozent). „Die Entwicklung von Elektromobilität wird von den Deutschen positiv gesehen. Aber viele warten noch auf den Elektro-Golf“, fasste Thomas Aubel, Executive Vice President Mobility von TÜV Rheinland, die Ergebnisse zusammen.
Als positive Aspekte von Elektromobilität sehen in der repräsentativen Befragung, an der sich ca. 1.000 Personen beteiligten, über 36 Prozent allgemein den Umweltschutz, 26 Prozent die Unabhängigkeit vom Öl sowie 22 Prozent geringe Betriebskosten. Als Einschränkung bei der täglichen Nutzung von Elektroautos sehen derzeit 36 Prozent eine lange Ladedauer der Batterien, 29 Prozent die begrenzte Reichweite sowie 17 Prozent eine limitierte Höchstgeschwindigkeit von maximal 120 km/h.
„Die geringere Reichweite von Elektroautos ist vor allem ein subjektives Problem. Wer ein Auto besitzt, will jederzeit losfahren können, soweit er will. Das verstehen wir unter individueller Mobilität, auch wenn wir die Möglichkeit in der Regel gar nicht nutzen“, kommentierte Aubel die Ergebnisse. Hier sei ein Umdenken bei Autofahrern, aber auch bei Herstellern geboten. Denkbar seien beispielsweise begleitende Mobilitätspakete, die es Käufern von Elektroautos ermöglichen, bei längeren Reisen auf konventionelle Fahrzeuge umzusteigen. Auch Konzepte mit Batteriewechselstationen, die das Problem langer Ladezeiten der Akkus umgehen, seien ein praktikabler Ansatz. Die Studienergebnisse sind im Detail unter der adresse http://www.tuv.com/de/news_ecartec_studie_2010.html?lan=1 abrufbar. Die eCarTec 2011 findet vom 18. bis 20. Oktober in München statt. fs,ng
- Ausgabe 11/2010 Seite 54 (339.3 KB, PDF)