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Steuerrecht: Noch ein Schluck aus der Pulle

06.04.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Unter anderem werden die Fristen für die Abgabe der Steuererklärung noch einmal verlängert.
© Foto: filmfoto/istock

Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 will der Bund die Belastungen für Unternehmen abfedern. Der Referentenentwurf für das rückwirkend zum 1. Januar geltende Gesetz wurde jetzt veröffentlicht. Die Kanzlei RAW Partner gibt einen Überblick.

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Das Bundesministerium der Finanzen hat Anfang März den Referentenentwurf für das Steuerentlastungsgesetz 2022 veröffentlicht. Dieses soll rückwirkend ab dem 1.1.2022 gelten und Entlastungen für die Steuerpflichtigen aufgrund der Preiserhöhungen im Energiebereich mit sich bringen.

Höhere Entfernungspauschale

Für den 1.1.2024 war eine Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer auf 38 Cent vorgesehen. Diese Erhöhung wird jetzt auf den 1.1.2022 vorgezogen und soll bis einschließlich 2026 gelten.

Höherer Arbeitnehmer-Pauschbetrag

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll rückwirkend zum Jahresbeginn von derzeit 1.000 Euro auf 1.200 Euro erhöht werden.

Höherer Grundfreibetrag

Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer soll rückwirkend zum 1.1.2022 von derzeit 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben werden.

Rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs 2022

Durch Anhebung des Grundfreibetrages und des Arbeitnehmer-Pauschbetrages rückwirkend zum 1.1.2022 ergibt sich ein Anpassungsbedarf für den bisher im Jahr 2022 vorgenommenen Lohnsteuerabzug. Dieser ist durch den Arbeitgeber zu korrigieren.

Viertes Corona-Steuerhilfegesetz

Das Bundeskabinett hat am 16.2.2022 den Regierungsentwurf für ein Viertes Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen. Die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat liegt noch nicht vor, es wird aber mit einer Zustimmung gerechnet. Das sind die wichtigsten Eckpunkte:

Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

Durch das Corona-Steuerhilfegesetz wurde die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld eingeführt. Die Befristung wird um sechs Monate verlängert, somit gilt die Steuerfreiheit der Zuschüsse bis zum 30.6.2022.

Degressive Abschreibung

Die degressive Abschreibung war eigentlich für auf in den Jahren 2020 und 2021 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens begrenzt. Anstelle der linearen Abschreibung konnte die degressive Abschreibung in Höhe von bis zu dem Zweieinhalbfachen der linearen Abschreibung, maximal 25 Prozent, in Anspruch genommen werden. Besteht die Möglichkeit, eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG wahrzunehmen, ist dies neben der degressiven Abschreibung möglich. Die degressive Abschreibung kann jetzt auch für im Jahr 2022 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens verwendet werden.

Erweitere Verlustverrechnung

Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende des Jahres 2023 verlängert. Für die Jahre 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Millionen Euro beziehungsweise auf 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre. Erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten wieder die alten Betragsgrenzen in Höhe von 1 Million Euro beziehungsweise 2 Millionen Euro für zusammenveranlagte Ehegatten.

Der Rücktrag erfolgt in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Sollte ein Ausgleich der negativen Einkünfte in diesem Veranlagungszeitraum nicht oder nur teilweise möglich sein, erfolgt der Rücktrag insoweit in den zweiten, dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Die Erweiterungen des Verlustrücktrags gemäß § 10d Absatz 1 EStG gelten auch für die Körperschaftsteuer.

Investitionsfristen bei Reinvestitionen nach § 6b EStG

Die steuerliche Frist für Reinvestitionen nach § 6b EStG wird um ein weiteres Jahr verlängert. Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 28.3.2020 und vor dem 1.1.2023 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.1.2024 endenden Wirtschaftsjahres.

Investitionsfristen bei Investitionsabzugsbeträgen

Die steuerlichen Fristen für Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die im Jahr 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.

Investitionsabzugsbeträge sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden. Andernfalls sind sie rückgängig zu machen. Infolge der Corona-Pandemie wurde die Frist für in den Jahren 2017 und 2018 abgezogene Beträge um ein bzw. zwei Jahre auf vier bzw. fünf Jahre verlängert. Infolgedessen können begünstigte Investitionen auch noch im Jahr 2022 getätigt werden. Die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige oder bereits verlängerte Investitionsfristen im Jahr 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr auf vier, fünf oder sechs Jahre verlängert.

Verlängerung der Steuererklärungsfristen

Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang. Folgende Fristen sind geplant.

Beratene Fälle

- VZ 2020: bis 31.8.2022 (grundsätzlich 28.2.2022, bisher verlängert auf 31.5.2022)

- VZ 2021: bis 30.6.2023 (grundsätzlich 28.2.2023)

- VZ 2022: bis 30.4.2024 (grundsätzlich 28.2.2024)

- VZ 2023: bis 28.2.2025 nicht beratene Fälle

- VZ 2020: bis 31.10.2021 (grundsätzlich 31.07.2021)

- VZ 2021: bis 30.9.2022 (grundsätzlich 31.7.2022)

- VZ 2022: bis 31.8.2023 (grundsätzlich 31.7.2023)

- VZ 2023: bis 31.7.2024

Homeoffice-Pauschale

Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird bis zum 31.12.2022 verlängert. Liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor oder wird auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer verzichtet, kann der Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung gelegene Betätigungsstätte aufsucht, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von fünf Euro abziehen, höchstens 600 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr. Die Homeoffice-Pauschale wird in die Werbungskostenpauschale eingerechnet und nicht zusätzlich gewährt. Nicht von der Homeoffice-Pauschale abgegolten sind allerdings Aufwendungen für Arbeitsmittel.

Maximilian Appelt
Maximilian Appelt, Rechtsanwalt Steuerberater, www.raw-partner.de
© Foto: RAW

Kommentar

Neben der humanitären Katastrophe in der Ukraine sind durch den furchtbaren Krieg auch die Energie- und Lebensmittelpreise enorm gestiegen. Daher versucht die Finanzverwaltung die Steuerpflichtigen durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 etwas zu entlasten. Zwei Jahre Corona-Pandemie und jetzt die Eskalation in der Ukraine lassen tiefe wirtschaftliche Spuren zurück, die noch eine lange Zeit Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen und die Finanz- und Wirtschaftspolitik in Deutschland haben werden.
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt Steuerberater
www.raw-partner.de

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