Service-Berater-Serie Teil 4
Das Kfz-Gewerbe ist das einizige Handwerk, in dem versucht wird, dem Kunden schon bei der telefonischen Terminvereinbarung einen detaillierten Befund über den Zustand seines Fahrzeugs zu geben. Damit sollte Schluss sein, meint asp-Autor Georg Hensch, denn Wahrsagen war gestern – Terminsicherheit ist gefragt.
Ganz ehrlich – wenn das wirklich funktionieren würde, was jeden Tag in deutschen Autohäusern und Werkstätten bei Terminvereinbarungen abläuft, dann wäre das eine Sache, die bei „Deutschland sucht das Supertalent“ in die Finalshow gehörte! Lassen Sie folgende Situation vor Ihrem geistigen Auge ablaufen und versuchen Sie sich die Frage zu beantworten, ob das unsere Form von Kundenorientierung und auslastungsorientierter Werkstattplanung ist.
Gehen wir mal davon aus, dass der am Telefon um einen Termin bittende Kunde ein Laie ist, sonst könnte er die Reparatur schließlich selbst durchführen. Und gehen wir weiter davon aus, dass er an seinem Fahrzeug eine Inspektion durchführen lassen will. Nun passiert Folgendes: Der Kunde ruft an und sagt, dass er eine Inspektion braucht. Wenn es gut läuft, dass sein Auto eine Inspektion braucht. Nun fragt man diesen Laien, welche er denn gerne hätte und setzt voraus, dass er weiß wie die Serviceintervalle sind und welche Arbeiten denn nun wann gemacht werden sollen. Man hangelt sich weiter zum Kilometerstand und schlussfolgert ganz klar, eine große Inspektion ist fällig. Nun fragt man noch, ob ihm denn sonst noch etwas aufgefallen wäre. Ja manchmal wäre da schon so ein merkwürdiges Geräusch – vorne – glaubt er. Und ja, es sei störend.
Nun kommt der Gau! Der Serviceberater glaubt zu wissen, was an dem Auto gemacht werden muss. Erfahrungssache! Geräusch vorne? Klarer Fall bei dem Modell. Koppelstange! Dauert ein Stündchen. Plus Inspektion – zwei Stunden. Sprach´s zu sich selber und trägt die Vermutung, denn mehr ist es nicht, in den Terminplaner ein. Menschen, die glaubten oder zumindest vorgaben, das zu können, saßen früher im Zirkuszelt vor einer Glaskugel und hießen Wahrsager!
Resultat beim vereinbarten Termin in der Werkstatt: Große Inspektion mit Bremse und Reifen. Ölverlust und keine Zeit mehr, das Geräusch, was dem Kunden wichtig war zu, beseitigen. Dazu muss er dann noch mal wiederkommen. Übrigens ist die Kfz-Branche die einzige, die glaubt, das zu können. Kein Gewerk macht eine Aufwandsabschätzung durch das Telefon. Keiner sonst!
Einfach mal Laien dranlassen
Wie also sollte man es machen? Schauen wir uns doch einfach mal andere Branchen an, die auch mit unklaren Symptomen zu tun haben. Ärzte zum Beispiel. Kein Arzt macht die Termine selbst. Und kein Arzt macht am Telefon oder im Wartezimmer aus Erfahrung Diagnosen. Vielmehr lässt er das medizinische Laien machen. Die kommen gar nicht erst auf die Idee, ihr Gehirn damit zu bemühen, die Frage nach dem möglichen Befund zu stellen.
Serviceassistenten oder Lehrlinge!
Das ist kein Scherz und es gibt jede Menge Beweise dafür! Mitarbeiter im Autohaus, die die Prozesse kennen, aber nichts von der Technik verstehen, eignen sich hervorragend für die Terminvereinbarung. Denn wenn ein Laie mit einem Laien spricht, dann findet Kommunikation auf Augenhöhe statt. Möchte der Kunde zum Ölwechsel kommen oder einen TÜV/AU-Termin haben, dann kann den auch ein Lehrling im ersten Ausbildungsjahr nach kurzer Anleitung vergeben. Denn solche Arbeiten sind zeitlich sauber zu bewerten und passen locker auf ein Blatt Papier, das man dem Lehrling gibt.
Zwei Mal kommen, um nicht zweimal zu kommen
Redet der Kunde von etwas, was nicht auf dem Zettel steht, dann fällt es dem Nichttechniker leicht folgenden kurzen, aber wichtigen Satz aufzusagen: „Nun, das was Sie beschreiben, lässt sich am Telefon gar nicht abschätzen. Aber – damit Sie nicht zweimal zur Reparatur kommen müssen, muss sich das unser Meister anschauen. Haben Sie die Möglichkeit, zu einer Diagnose vorbeizukommen?“
Das kann nur ein Nichttechniker sagen. Denn da spürt der Kunde, dass der es ernst meint. Bei einem Serviceberater würde der Kunde diesen sofort fragen, warum er das denn nicht am Telefon schon sagen könne. Hätte er ja schließlich die letzten 30 Jahre auch gemacht. Dann fühlt sich der Serviceberater in der Ehre gekränkt und neigt wieder zum Wahrsagen. Ganz schlecht! Schaut man nach, wieviel bei den einzelnen Aufträgen geplant und wieviel abgerechnet wurde, zeigt sich folgendes Bild. Wird mehr draus, gibt´s Stress mit dem Kunden. Wird weniger draus, hat die Werkstatt weniger Geld in der Kasse. Es fehlt also an Planungssicherheit.
Wissen, was kommt
Wenn die unklaren Fälle aber durch so genannte Vorabchecks zunächst befundet werden, dann lassen sich viele Dinge entspannt regeln:
Die benötigte Werkstattzeit ist ziemlich genau bekannt und die Werkstattauslastung steigt durch die erzielte Planungsgüte.
Durch eine gezielte Diagnose kann auch noch weitere Leistung verkauft werden ohne auf die aktuell volle Werkstatt zu schauen.
Dem Kunden kann genau gesagt werden, auf was er sich einstellen muss.
Teile sind vorab zu besorgen und es braucht keine zwölf Belieferungen am Tag von drei Großhändlern als Folge reinen Reagierens.
Mit dem Kunden wird ein Termin abgestimmt, der diesem in den Kram passt.
Dem Kunden kann mitgeteilt werden, wie lange er auf sein Auto verzichten muss.
Dingfest machen
Es gibt bei der ganzen Geschichte nur einen Haken, der beachtenswert ist. Bereits beim Vorabcheck muss der Auftrag geschrieben, die Unterschrift unter diesen vom Kunden geleistet und der fixe Termin – nicht zu lange hin – vereinbart werden!
Fährt der Kunde lediglich mit der Information vom Hof, besteht die Gefahr, dass er mit dem Preis hausieren geht.
Fangen bringt nichts
Viele Werkstätten verfolgen nun eher das Ziel, den Kunden nicht mehr wegzulassen, damit genau das nicht passiert und er quasi im Affekt entscheidet. Das kann natürlich funktionieren. Aber das erinnert dann doch an Methoden, die einigen großen Ketten in der Branche vorgeworfen werden. Wenn dem Kunden erklärt wird, dass genau dies nicht gewollt, aber natürlich Planungs- und Bestellsicherheit notwendig ist, dann gibt man ihm einen sogenannten Vertrauensvorschuss.
Das wirkt sicherlich nicht bei jedem. Aber Kunden, die nach der Reparatur die sogenannte Kaufreue verspüren, sind nicht dafür prädestiniert, Stammkunden zu werden. Terminvereinbarung ist also nichts für Serviceberater. Mit Beraten und Verkaufen haben diese bereits genug zu tun! Oder? Georg Hensch
▶ Nur die Kfz-Branche traut sich zu, den Umfang komplexer Reparaturen vorab telefonisch zu diagnostizieren
- Ausgabe 2/2012 Seite 56 (236.8 KB, PDF)