Kurzfassung
Stark gestiegene Rohstoffpreise und Transportkosten machen Preiserhöhungen bei den Werkstattausrüstern unumgänglich. Durch Effizienzerhöhung kann nur ein Teil der gesamten Mehrkosten aufgefangen werden.
Beim Betrachten der sich nahezu täglich nach oben drehenden Preisspirale kann einem schwindelig werden. Nicht nur die Kosten für Produkte des täglichen Bedarfs ziehen spürbar an, von den Energiekosten ganz zu schweigen, sondern auch die Industrie bekommt die steigenden Rohstoffkosten zu spüren. Betroffen sind auch viele Werkstattausrüster, vor allem, wenn viel des deutlich verteuerten Stahls verbaut wird. So mussten viele Hebebühnen-Hersteller ihre Kunden im Laufe des Jahres über Preissteigerungen informieren. So auch das Familienunternehmen ATH Heinl. Anja Heinl, die gemeinsam mit ihrer Schwester Corinna und den Eltern Hans und Evi Heinl die Geschäftsführung innehat, schildert uns die derzeitige Situation: "Uns trifft insbesondere der Stahlpreis, der bereits in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist und durch die Corona-Krise noch mal deutlich Fahrt aufgenommen hat. Aber es betrifft auch andere Komponenten wie Halbleiter und Elektronikbauteile, die knapper und teurer werden und damit insgesamt zu einer Kostensteigerung führen." Trotzdem habe man die Preissteigerungen nicht zu 100 Prozent weitergegeben, sondern versucht, vieles intern zu kompensieren. Auch im Hause Nussbaum sah man sich in diesem Jahr gezwungen, auf die Entwicklungen zu reagieren. "Besonders der extreme Anstieg des Stahlpreises hat starke Auswirkungen. Die Preisentwicklungen für Holz, Aluminium und Kupfer sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen und schlagen direkt auf den Produktpreis durch", so ein Unternehmenssprecher.
Transportkosten verzehnfacht
Neben den Rohstoffpreisen sind es vor allem die Transportkosten, die die Hersteller belasten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Rohstoffe oder Fertigprodukte transportiert werden. ATH Heinl lässt in Asien produzieren und muss die Hebebühnen in Containern nach Deutschland verschiffen. "Vor der Krise kostete ein Container rund 2.000 Dollar, heute haben wir Angebote zum zehnfachen Preis vorliegen", berichtet Anja Heinl. Bei Nussbaum läuft es andersherum, die Auswirkungen sind ähnlich. "Die gestiegenen Transportkosten sind in der Beschaffung für Nussbaum, dank der Produktion in Deutschland, weniger relevant. Allerdings exportiert Nussbaum einen großen Teil seiner Produktion weltweit, hier haben die gestiegenen Transportkosten natürlich Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit, besonders in sehr preissensitiven Märkten", heißt es aus dem Unternehmen.
Relevanter Faktor
Es zeigte sich im Laufe des Jahres jedoch auch, dass der Preis nicht immer entscheidend ist. Im Familienunternehmen ATH Heinl zahlten sich die kurzen Entscheidungswege aus: "Die Familie hat sich beraten und beschlossen: Wir schlucken die bittere Preispille und schauen, dass wir lieferfähig bleiben", schildert Anja Heinl. Die in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigerte Qualität, die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Handel und vor allem die weitgehende Lieferfähigkeit in der Krise führten sogar zu einem deutlichen Wachstum bei ATH Heinl im laufenden Jahr. "Unsere Lieferfähigkeit brachte uns hier Vorteile, keine Werkstatt kann monatelang auf ihre Ausrüstung warten", so Anja Heinl. Außerdem hat man viel in die Digitalisierung investiert, etwa in eine neue Homepage oder den digitalen Produktkatalog SmartKat. "Der war vor allem in den Lockdowns Gold wert und hat uns näher an die Kunden gebracht", berichtet Anja Heinl. Derzeit ist eine deutliche Ausweitung der Lagerkapazitäten geplant, um auch in Zukunft in allen Lagen lieferfähig zu bleiben.
Auch bei Nussbaum hat sich gezeigt, dass die Lieferfähigkeit im Markt derzeit ein sehr relevanter Faktor für die Kaufentscheidung ist, der teilweise stärker gewichtet wird als der Preis. Das Unternehmen bildet die Preissteigerungen über einen produktabhängigen Stahlpreiszuschlag ab. Trotz aller Bemühungen seitens Nussbaum kam es dennoch zu Lieferverzögerungen im Ersatzteilbereich, mit denen das Unternehmen auch für 2022 rechnet. ATH Heinl begegnete diesem Problem erfolgreich mit umfangreicher Bevorratung im Ersatzteillager. Anja Heinl abschließend: "Eines haben wohl alle in der derzeitigen Krise gelernt: Just-in-Time funktioniert nicht immer."
Nicht alleine abzufangen - ASA-Präsident Frank Beaujean im Gespräch
asp: Wie stellt sich derzeit die Situation bei den Werkstattausrüstern in Hinblick auf steigende Rohstoff- und Transportpreise dar?
F. Beaujean: Den ASA-Mitgliedern geht es hier nicht anders als dem Rest der Industrie in ganz Europa. Bei den Vorprodukten stellen derzeit nicht nur die Halbleiter ein Problem dar. Problematisch ist auch die Versorgung mit Rohstählen.Dies führt einerseits zu Produktionsengpässen und -ausfällen. Insbesondere der Chipmangel führt zudem zu empfindlichen Einschnitten bei den Entwicklungsvorhaben unserer Mitgliedsunternehmen. Die Prototypisierung von neuen Leiterplatten verzögert sich teilweise um bis zu 30 Wochen! Die bekannten Logistikprobleme treffen grundsätzlich die gesamte Lieferantenkette.
asp: Wie geht die Branche damit um? Werden die gestiegenen Kosten generell weitergegeben?
F. Beaujean: Die Hersteller fokussieren ihre Produktionsplanung derzeit auf ihre Premiumkunden und Premiumprodukte. Es wird händeringend versucht, alternative Transportwege zu erschließen. Leider ist der Kostenanstieg derart groß, dass dieser an die Kunden weitergegeben werden muss, das ist unvermeidbar und von den Herstellern nicht alleine aufzufangen.
asp: Welche Lösungen werden diskutiert? Wird zum Beispiel über Einkaufsgemeinschaften nachgedacht?
F. Beaujean: Einkaufsgemeinschaften sind sicher ein Mittel der Wahl, diese bilden sich jedoch regional oder bilateral. Unsere Mitgliedsunternehmen versuchen derzeit auch, alternative Lieferanten zu entwickeln. Eine Tatsache, die in der nationalen Medienwirklichkeit derzeit noch nicht prominent dargestellt wird: Einerseits werden aktuell Rohmaterialen verknappt, andererseits wird die Nachfrage in Europa mit Fertigprodukten aus Fernost bedient. Auf diese Weise werden aktuell massiv Marktanteile zuungunsten heimischer Anbieter verschoben.
- Ausgabe 12/2021 S.36 (154.4 KB, PDF)