Porsche-Händler dürfen Neuwagen, Ersatzteile und Zubehör an Tuning-Unternehmen verkaufen. Entsprechende Vorschriften in den Porsche-Händlerverträgen die das verbieten, sind eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. Das hat der Bundesgerichtshofs (BGH) in einer Leitsatzentscheidung beschlossen (Az. KZR 35/20) und eine Revision von Porsche gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart (Az. 2 U 88/17) zurückgewiesen.
Gegen die Klauseln geklagt hatte der Verband der Automobiltuner (VDAT). Dieser nahm konkret die Punkte 1.6 und 1.10 der Händlerverträge ins Visier:
- Neuwagen: "Verkäufe von neuen Porsche Serienfahrzeugen an nicht autorisierte Wiederverkäufer sind dem Händler nicht gestattet. […] Nicht autorisierte Wiederverkäufer sind auch Unternehmen, die Porsche Serienfahrzeuge zum Zwecke der gewerblichen Umrüstung oder Veredelung (sog. Tuning) erwerben wollen, um die getunten Fahrzeuge weiterzuverkaufen, oder Porsche Serienfahrzeuge erwerben wollen, um sie als sog. Präsentations-, Vorführ- oder Ausstellungsfahrzeuge für Tuning-Produkte zu verwenden." (Klausel 1.6.)
- Nicht gestattet ist auch der Verkauf von Porsche-Teilen und Porsche-Zubehör zum Einbau in Fahrzeuge anderer Marken und der Verkauf von Porsche-Teilen und Porsche-Zubehör an Unternehmen, die diese laut Händlervertrag wie folgt verwenden wollen: "als Bauteil zur Herstellung von Tuner-Fahrzeugen oder zum Umbau, zur Um-rüstung, zur Leistungssteigerung oder zur Veredelung von Porsche-Fahrzeu-gen oder zur Herstellung oder zur Instandsetzung oder Instandhaltung von Tuning-Komponenten, unabhängig davon, ob sie Bestandteil eines Fahrzeuges sind oder nicht." (Klausel 1.10)
Ausnahmen wurden lediglich dann gemacht, wenn sich das Tuning-Unternehmen gegenüber dem jeweiligen Porsche-Händler schriftlich unter Androhung einer Vertragsstrafe verpflichtete, die gelieferten Neuwagen oder Teile nicht zu Tuningzwecken zu verwenden. Das Muster der Verpflichtungserklärung wurde den Händlern von Porsche vorgegeben.
"Beschränktes Belieferungsverbot ist eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung"
Dazu urteilten die Richter: "Ein Vertragshändlern auferlegtes, auf die Kundengruppe der Unternehmen, die sich mit dem individuellen Umbau, der Umrüstung durch Austausch von Fahrzeugkomponenten und der Leistungssteigerung (Tuning) von Serienfahrzeugen einer bestimmten Marke (hier: Porsche) befassen, bezogenes und beschränktes Belieferungsverbot ist eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung."
Die Klauseln beschränken nach Ansicht des Gerichts den Wettbewerb der Porsche-Händler untereinander, indem diese generell davon ausgeschlossen werden, Porsche-Neufahrzeuge zu Präsentationszwecken für Tuning-Produkte zu verkaufen. Die Händler würden gehindert, beim Neuwagenabsatz an Tuning-Unternehmen untereinander in Wettbewerb zu treten. Weiterhin beschränken die Klauseln in unzulässiger Weise den Wettbewerb zwischen Porsche als Anbieter werkseigener Tuningprogramme einerseits und den Angeboten unabhängiger Tuner andererseits.
Dem Versuch von Porsche, die beanstandeten Klauseln als wesentlich für den Bestand des eigenen, selektiven Vertriebssystems zu rechtfertigen, erteilte der BGH eine Absage. Tuning-Unternehmen, die Neufahrzeuge oder Teile zur Verwendung im eigenen Betrieb erwerben, etwa als Präsentationsfahrzeug oder als Bauteil für eigene Tuningprodukte, sind keine Wiederverkäufer, so das Gericht. Der VDAT erklärte: "Mit seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof dem jahrelangen Bestreben von Porsche, den Tuningmarkt für sich zu monopolisieren, einen Riegel vorgeschoben." Halte sich Porsche nicht an das Urteil und beschränke den Verkauf von Fahrzeugen und Teilen an Tuner weiterhin, könnten laut VDAT Zwangsgelder und gegebenenfalls Bußgelder des Bundeskartellamtes fällig werden.