Die Stadt Reutlingen muss ihren Luftreinhalteplan überarbeiten, dabei aber nicht zwingend Diesel-Fahrverbote vorsehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig am Donnerstag entschieden. Die Bundesrichter änderten damit ein vorhergehendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte Fahrverbote noch als unumgänglich angesehen, um schnellstmöglich den Grenzwert für die Stickstoffdioxid-Belastung in Reutlingen einhalten zu können. Der Wert liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH).
Die Richter des Verwaltungsgerichtshofs betonten, dass es auf die Verhältnismäßigkeit ankomme. Wenn eine Einhaltung des Grenzwerts absehbar sei, dann könnten Verkehrsverbote unverhältnismäßig sein. Reutlingen rechnet für 2020 damit, die 40 Mikrogramm zu erreichen. Die Schadstoff-Belastung sei in den vergangenen Jahren durch verschiedene Maßnahmen reduziert worden. Die Bundesrichter gaben der Stadt und dem Land Baden-Württemberg trotzdem auf, den Luftreinhalteplan zu überarbeiten, weil er Prognosefehler aufweise.
"Urteil mit Augenmaß"
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) lobte die Entscheidung des BVerwG. Dies sei ein "Urteil mit Augenmaß", sagte ein ZDK-Sprecher in Bonn. Er verwies auf eine Auswertung des Bundesumweltamts, wonach sich die Luft in deutschen Städten im vergangenen Jahr merklich verbessert habe. Demnach ist der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) nur noch an etwa 20 Prozent der Messstationen überschritten worden (wir berichteten).
Laut Verbandssprecher haben zu der positiven Entwicklung auch die vielfältigen Maßnahmen der Automobilwirtschaft beigetragen. Als Beispiele nannte er unter anderem die Software-Updates, den fortschreitenden Austausch älterer Dieselfahrzeuge durch Pkw mit modernen Motoren und die Möglichkeit der Hardware-Nachrüstung für ältere Selbstzünder. Darüber hinaus werde die wachsende Zahl elektrifizierter Fahrzeuge zu einer weiteren Verbesserung der Luftqualität beitragen. "Vor diesem Hintergrund sind den Autofahrern und vor allem den vielen Berufspendlern mögliche Fahrverbote nicht mehr zu vermitteln", erklärte der Sprecher. (dpa/rp)