Ansgar Klein, Vorsitzender des Bundesverbands freier Kfz-Händler (BVfK), hat seine Kritik am neuen Gewährleistungsrecht erneuert. Der Gesetzgeber habe außer Acht gelassen habe, dass die Flut an Informationspflichten nicht nur den Händler über Gebühr belaste, sondern den Verbraucher mehr verwirre als ihn aufzuklären, sagte Klein bei einer Podiumsdiskussion anlässlich des 15. Deutschen Autorechtstags auf dem Petersberg.
"Wir sind mit bisherigen Gewährleistungsrecht jahrelang einen für beide Seiten praktikablen Weg gegangen, der nun durch nicht einhaltbare Anforderungen zunichte gemacht wird", betonte Klein. Angesichts der vielen offenen Fragen werde es noch lange dauern, "bis wir die bisherige Qualität an Transparenz, Verständlichkeit und Wirksamkeit rund um den vertraglichen Teil des Verkaufsprozesses erreicht haben werden".
ADAC-Rechtsanwalt Klaus Heimgärtner berichtete von ersten Fällen, in denen selbst bei Neuwagen die Aktualisierungspflicht ausgeschlossen worden sei. "Das Problem mit den Informationspflichten führt dazu, dass sich die Blätter stapeln, was der Verbraucher eher übelnimmt als es zu würdigen", erklärte er. Außerdem falle es dem Verbraucher schwer zu überblicken, welche Vereinbarungen und vertraglichen Besonderheiten in diesem "Wust aus Informationen" stecken und welche Bedeutung diese für den Kaufvertrag haben.
Die "Überinformation" des Verbrauchers wurde auch seitens der Veranstaltungsteilnehmer beanstandet. Prof. Florian Faust von der Bucerius Law School in Hamburg wies darauf hin, dass es nichts nütze, alle Informationen in unübersichtliche AGB zu packen. "Sie müssen es dem Kunden ermöglichen, die relevanten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und hoffentlich zu verstehen", so der Experte. Prof. Stephan Lorenz von der Universität LMU-München stellte klar, dass eine Abweichung vom objektiven Fehlerbegriff bedeute, dass man sich in einer gewissen Referenzgruppe befinde, die es zu definieren gilt. "Wir sollten uns nicht zu sehr fürchten", appellierte er an die Teilnehmer.
Genügend Zeit, um sich auf Neuregelungen einzustellen
Prof. Ansgar Staudinger von der Universität Bielefeld vertrat die Auffassung, alle Beteiligten hätten genügend Zeit gehabt, sich auf die gesetzlichen Neuregelungen einzustellen. Außerdem habe er die Hoffnung, dass "relevante Streitigkeiten zügig über Amts- und Landgerichte beim EuGH landen, um eine schnellere gerichtliche Klärung zu erreichen". Das empfand Klein als Vertreter des Kfz-Handels als höchst unbefriedigend, denn es mache deutlich, "dass es trotz größter Anstrengungen bis auf Weiteres nicht zu bewerkstelligen ist, den Geschäftsalltag im Kfz-Handel in absehbarer Zeit wieder mit klar definierten rechtlichen Rahmenbedingungen in eine praktikable und beherrschbare Situation rund um den Abschluss eines Kaufvertrages zu versetzen".
Diskutiert wurde auch die Frage, was der Gesetzgeber unter "ihre Funktionen" in Zusammenhang mit der Haftung für die Mangelhaftigkeit von Waren mit digitalen Elementen gemäß § 475b BGB versteht. Eine Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Funktionen gebiete die Gesetzeshistorie nicht, sagte Prof. Faust. Er war damit anderer Auffassung als Prof. Lorenz, der eine saubere Abgrenzung befürwortet. Am Ende der kontroversen Diskussion näherten sich die beiden grundsätzlichen Lager – "unüberwindbare Überbürokratie" und "Es ist alles machbar" – an, wenngleich noch viele Fragen offenblieben.
Der 15. Deutsche Autorechtstag fand am 21. und 22. März 2022 auf dem Petersberg bei Bonn statt. Das Branchenforum wird von ADAC, BVfK und dem Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) gemeinsam veranstaltet. Die nächste Ausgabe ist am 20. und 21. März 2023 geplant.