In einer bahnbrechenden Grundsatz-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26. Januar 2016 klargestellt, dass im Pkw-Bereich ein Zulassungsanspruch einer Werkstatt zu einem Werkstattnetz bestehen kann. Nachdem der Bundesgerichtshof in den sogenannten MAN-Entscheidungen vom 30. März 2011 für den LKW-Bereich festgestellt hatte, dass ein Zulassungsanspruch grundsätzlich nicht bestehe, relativiert der Bundesgerichtshof dies nunmehr für den Pkw-Bereich.
Gerade bei hochpreisigen Pkw könnten insoweit im Verhältnis zum Lkw-Bereich unterschiedliche Erwartungen der Kunden bestehen. Aufgrund dieser Erwartungen ist es durchaus möglich, dass der jeweilige Hersteller eine marktbeherrschende Stellung habe. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Prof. Tim O. Vogels, der das Verfahren sowie auch weitere, noch anhängige Verfahren, betreut hat, habe der Bundesgerichtshof mit erfreulicher Klarheit die seitens der Automobilindustrie als Grundsatzentscheidung bezeichneten MAN-Entscheidungen daher relativiert.
Insbesondere habe der Bundesgerichtshof sehr deutlich gemacht, dass die MAN-Entscheidungen auf den damaligen Feststellungen der Vorgerichte beruhten. Anders als bei den MAN-Entscheidungen sei nunmehr jedoch darauf hingewiesen worden, dass die Fahrzeugeigentümer in Bezug auf die Wartung ihrer Fahrzeuge besondere Ansprüche und Erwartungen hätten, die eine markenspezifische Ermittlung des Marktes zuließen. Vogels weist weiter darauf hin, dass es nunmehr Aufgabe des OLG Frankfurt sein wird, diese Erwartungen zu ermitteln und zu bewerten.
"Lebensversicherung" für die Werkstätten
Während die Frage der marktbeherrschenden Stellung sowohl für die Zulassung eines neuen Bewerbers als auch für die Zulassung einer bereits in der Vergangenheit im Netz befindlichen Werkstatt entscheidend ist, hat der Bundesgerichtshof zudem darauf hingewiesen, dass auch die Kündigung einer Werkstatt nicht ohne das Vorliegen sachlicher Gründe möglich ist. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass insoweit eine unternehmensbedingte Abhängigkeit gegeben sein kann, die es dem Hersteller unmöglich macht, sich auf das ihm grundsätzlich zustehende Kündigungsrecht zu berufen.
Insoweit weist Vogels darauf hin, dass gerade letzterer Punkt von entscheidender Bedeutung für das Netz von Vertragshändlern ist. Verfügt die Werkstattüber besonderes markenspezifisches Know-how und liegen keine sachlichen Gründe für eine Kündigung gerade der betreffenden Werkstatt vor, kann der Hersteller den Werkstattvertrag nicht kündigen. Gerade vor dem Hintergrund der in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen der Händler stelle die Entscheidung des BGH nach Ansicht von Vogels daher eine "Lebensversicherung" für die Werkstätten dar. Da die Jaguar- und Land Rover-Verträge zum 31. Mai 2016 auslaufen, kommt der Entscheidung zudem eine besondere Brisanz zu. (asp)