Trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit zuvor gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt hat. Dies wurde vom Landesarbeitsgericht Hamm in einem kürzlich veröffentlichten Berufungsurteil entschieden (LAG Hamm, Az.: 10 Sa 156/15).
Vor Beginn seiner Arbeitsschicht bat der Mitarbeiter um kurzfristige Gewährung von Urlaub noch für den selben Tag. Nachdem ihm dieser Wunsch verweigert wurde, verließ er den Arbeitsplatz mit den Worten: "Dann gehe ich jetzt zum Arzt." Obwohl er daraufhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegte, kündigte ihn die Arbeitgeberin fristlos, da sie von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit ausging. Daraufhin legte der Angestellte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Dortmund ein, welche als unbegründet abgewiesen wurde.
Das Landesarbeitsgericht Hamm bestätigte diese Entscheidung. Bereits die Ankündigung einer künftigen, zum Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Verlangen des Arbeitnehmers nicht entsprechen sollte, sei ohne Rücksicht auf eine später tatsächliche Krankheit geeignet, einen sogenannten wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB darzustellen.
Die Richter hielten zwar fest, dass einem Arbeitnehmer eine angedrohte Arbeitsunfähigkeit dann nicht vorzuwerfen ist, wenn der Arbeitnehmer davon ausgehen habe dürfe, am Tag des begehrten Urlaubs tatsächlich krank zu sein. Dies erfordere aber, dass der Arbeitnehmer vorträgt, welche konkreten Beschwerden er habe, was vorliegend aber nicht geschehen sei.
Darüber hinaus sei der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch kein Beweiswert zugekommen: der Arzt hat weder eine körperliche Untersuchung noch einen objektiven Befund erhoben, so die Urteilsbegründung des Senats. Der Arzt habe dadurch den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers gar nicht feststellen können, weswegen eine Täuschung über die Arbeitsunfähigkeit sehr wahrscheinlich gewesen sei. (Gregor Kerschbaumer)